Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Hilfe zur Pflege. stationäre Pflege. Tod des Leistungsberechtigten. Einrichtungsträger als Sonderrechtsnachfolger. Vermögenseinsatz. fiktiver Verbrauch. Verweigerung des Vermögenseinsatzes durch den Ehegatten. erweiterte Sozialhilfe. Vorliegen einer entsprechenden Leistungsbewilligung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Einrichtungsträger als Sonderrechtsnachfolger nach § 19 Abs 6 SGB XII muss sich den Verkehrswert vorhandenen Vermögens des Berechtigten nach dessen Tod entgegenhalten lassen; ein fiktiver Verbrauch ist nicht vorgesehen.

2. Weigert sich die Ehefrau des Berechtigten, ihr Vermögen für die Kosten der Heimunterbringung einzusetzen, kommt eine erweiterte Sozialhilfe nach § 19 Abs 5 SGB 12 in Betracht. Ein Anspruchsübergang auf den Sonderrechtsnachfolger findet jedoch nur statt, wenn der Sozialhilfeträger im Rahmen seines Ermessens bereits vor dem Tod des Berechtigten eine Bewilligungsentscheidung getroffen hat.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 23. Oktober 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Übernahme von Kosten, die für die stationäre Unterbringung des Dezember 2009 verstorbenen .Th.A. in der Zeit vom 20. März 2009 bis zu dessen Tod entstanden sind.

Der 1952 geborene, im W.. in M. (Landkreis O.) wohnhaft gewesene Th.A. hatte zuletzt als Gastwirt im Ortsteil P. der Stadt E. das Gasthaus “L.„ betrieben. Th.A. war seit 29. Januar 1982 mit der am 4. Juli 1959 geborenen M.A. verheiratet gewesen, die in der Gaststätte mithelfend ohne eigenen Arbeitsverdienst tätig war. Die in M. bewohnte Wohnung (Wohnfläche insgesamt 73,25 m²) hatten beide Eheleute im Jahr 2005 angemietet (Gesamtmiete 450,00 Euro). In der Nacht vom 4. auf den 5. November 2008 erlitt Th.A. vermutlich bei einem Treppensturz in der Gaststätte ein schweres Schädel-Hirn-Trauma mit Hirnblutungen, eine Schädelbasisfraktur sowie mehrere weitere Frakturen. Im Wachkomazustand wurde er bis zum 19. März 2009 in der B-Klinik E. GmbH, einer Klinik für Neurologische Rehabilitation, stationär behandelt. Ab dem 20. März 2009 war Th.A. im A.-B.-Haus in H. im K., einem vom Kläger betriebenen zugelassenen Pflegeheim, vollstationär aufgenommen. Die A. Krankenversicherung AG (A.), bei der Th.A. seit Dezember 2006 privat kranken- und pflegeversichert war, ordnete ihn rückwirkend zum 5. November 2008 der Pflegestufe III zu (Schreiben vom 4. Mai 2009). Die A. beteiligte sich an den Kosten der stationären Pflege mit monatlich 1.470,00 Euro. M.A. war ab 7. November 2008 zur Betreuerin des Th.A. (Aufgabenkreise: “Vermögenssorge, Gesundheitssorge sowie die mit diesem Aufgabenkreis zusammenhängenden Entscheidungen über den Aufenthalt„) bestellt worden; ab dem 7. Mai 2005 war zum Betreuer für Th.A. M. H. (i.F. Betreuer) bestellt (Aufgabenkreis: “alle Angelegenheiten„).

Seine beiden kapitalbildenden Lebensversicherungen bei der A. Lebensversicherung AG (A.) und der H. Lebensversicherung AG (H) hatte Th.A. bereits im Juli 2008 gekündigt, wobei die Rückkaufswerte in Höhe von 6.484,82 Euro (A.) am 11. August 2008 und 33.187,20 Euro (H) am 29. August 2008 auf dem Girokonto bei der Sparkasse F. (Sparkasse F.) gutgeschrieben worden waren. Dieses Konto wies auch danach laufend einen Negativ-Saldo auf (z.B. am 23. März 2009 19.567,55 Euro Soll). Das auf Th.A. angemeldete Gewerbe (“Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft„) wurde von M.A. bereits zum 23. Dezember 2008 bei der Stadt E. abgemeldet. Mit Bezug auf das Grundstück auf der Gemarkung P. (eingetragen im Grundbuch von E. P Nr. 181, Gebäude- und Freifläche, 18,35 ar) war Th.A. als Alleineigentümer im Grundbuch eingetragen. Auf dem Grundstück, dessen Verkehrswert im Juni 1977 in einem Verkehrswertgutachten auf 990.000,00 DM geschätzt worden war, lasteten zum Unfallzeitpunkt Grundpfandrechte in Höhe von insgesamt 188.615,59 Euro, darunter eine Sicherungshypothek sowie Grundschulden zugunsten der Volksbank W. e.G. (später Volksbank B. e.G. [Volksbank]) in Höhe von insgesamt 173.276,83 Euro; nach Eintragung einer Sicherungshypothek zugunsten des Finanzamts E. im Mai 2009 (5.038,37 Euro) wuchsen die im Grundbuch gesicherten Belastungen nochmals an. Die Volksbank, die bereits im März 2009 angesichts der betriebswirtschaftlichen Situation die Gewährung weiterer Darlehen abgelehnt hatte, kündigte mit Schreiben vom 8. Juni 2009 die mit Th.A. zur Ablösung bestehender Darlehen sowie eines Betriebsmittelkredits am 3. Oktober 2008 geschlossene Darlehensvereinbarung über 130.000,00 Euro einschließlich der Kreditsicherungsverträge und forderte Th.A. über seinen Betreuer zur Zahlung des bis dahin aufgelaufenen Schuldsaldos (130.111,79 Euro) bis zum 15. Juni 2009 auf. Die in der Folgezeit vom Betreuer am 6. Juli 2009 beantragte Eröffnung des Regelinsolvenzverfahrens wurde ohne weitere Erhebungen mit rechtskräftig gewordenem Beschluss des Amtsgerichts - Insolvenzgericht - (AG) O. ...

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