nicht rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Hebamme. Versicherungspflicht. Befreiung
Leitsatz (redaktionell)
Die Regelung des § 231 Abs. 6 SGB VI verstößt nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz.
Normenkette
SGB VI § 2 S. 1 Nr. 3, § 231 Abs. 6; GG Art. 3 Abs. 1
Verfahrensgang
SG Heilbronn (Entscheidung vom 17.07.2002; Aktenzeichen S 4 RA 210/02) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 17. Juli 2002 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Die 1971 geborene Klägerin war ab Januar 1989 mit Unterbrechungen bis Juni 1994 versicherungspflichtig beschäftigt; gemäß dem Versicherungsverlauf sind bis dahin 54 Kalendermonate mit Beiträgen belegt. Seit 1. Juli 1994 ist sie als freiberufliche Hebamme selbständig tätig. Durch bestandskräftigen Bescheid vom 20. November 1995 - einen bereits am 23. März 1995 ergangenen Bescheid aufhebend - stellte die Beklagte die Versicherungspflicht nach § 2 Nr. 1 bis 3 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) fest. Die Klägerin sei - nach den damals geltenden Bestimmungen - berechtigt, bis zum Ablauf von drei Kalenderjahren nach dem Jahr der Aufnahme der Selbständigkeit den halben Regelbeitrag zu zahlen. Dieser belief sich ab Juli 1994 auf DM 376,32, ab Januar 1995 auf DM 377,58. Der gesamte Zahlungsbetrag für die Zeit von Juli 1994 bis November 1995 wurde im Dezember 1995 abgebucht. In der Folgezeit erhob die Klägerin gegen die Beitragserhebung keine Einwendungen; ab Januar 1998 wurde der volle Regelbeitrag (anfänglich DM 881,02) fällig.
Mit am 20. September 2001 bei der Beklagten eingegangenem Formular beantragte die Klägerin Befreiung von der Versicherungspflicht für Selbständige. Sie legte die Bestätigung der Lebensversicherung AG vom 17. September 2001 vor, wonach dort bei einem aktuellen Monatsbeitrag von DM 147,80 eine Rentenversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung bestand, die am 1. März 1994 begonnen hatte und bei Erleben des 52. Lebensjahres oder bei Berufsunfähigkeit fällig sein sollte. Während der Zeit der früheren nichtselbständigen Beschäftigung hatten Versicherungsverhältnisse bei der Zusatzversorgungskasse der Stadt St. und zuletzt (Beschäftigung beim Krankenhaus B. vom 15. Oktober bis 31. Dezember 1993) des Kommunalen Versorgungsverbandes Baden-Württemberg bestanden. Durch Bescheid vom 9. Oktober 2001 lehnte die Beklagte den Befreiungsantrag ab. Die Befreiung nach der jetzt geltenden Vorschrift des § 231 Abs. 6 SGB VI sei nur möglich, wenn (unter anderem) glaubhaft gemacht sei, dass am 31. Dezember 1998 von der Versicherungspflicht keine Kenntnis bestanden habe. Letzteres sei wegen des Bescheids vom November 1995 ausgeschlossen. Mit ihrem Widerspruch brachte die Klägerin vor, bis 1985 sei es den selbständig tätigen Hebammen möglich gewesen, sich von der Versicherungspflicht befreien zu lassen. Sie habe die Ausbildung erst 1990 aufgenommen. Die Versicherungspflicht seit 1994 habe sie nur akzeptiert, da sie vom Berufsverband darauf hingewiesen worden sei. Wer sich bewusst nicht gemeldet habe, werde jetzt begünstigt. Die Beklagte legte zur Begründung des zurückweisenden Widerspruchsbescheides vom 3. Januar 2002 dar, die Befreiungsregelung sei geschaffen worden, weil durch das Gesetz zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte vom 19. Dezember 1998 (BGBl. I S. 3843), fortentwickelt durch das Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit vom 20. Dezember 1999 (BGBl. 2000 I S. 2) zahlreiche Selbständige erstmals von der Rentenversicherungspflicht erfahren hätten, nachdem sie aus Unkenntnis hiervon bereits eine private Altersvorsorge getroffen hätten. Zu diesem Personenkreis zähle die Klägerin nach den gesetzlichen Bestimmungen nicht.
Mit der am 28. Januar 2002 zum Sozialgericht Heilbronn erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, es sei unbegreiflich, weshalb die Befreiung an die Glaubhaftmachung der Unkenntnis vom Bestehen der Versicherungspflicht geknüpft werden solle. Dieses Tatbestandsmerkmal sei für eine Abgrenzung unbrauchbar. Der Gesetzgeber habe hierbei offensichtlich "ein schlechtes Gewissen" gehabt und in den Materialien darauf hingewiesen, an die Glaubhaftmachung sollten keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden. Damit fühle sie - die Klägerin - sich benachteiligt, da sie sich ordnungsgemäß gemeldet habe. Der von der Befreiungsmöglichkeit erfasste Personenkreis werde demgegenüber zu Unrecht belohnt. Dies verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Durch Gerichtsbescheid vom 17. Juli 2002 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die in der Befreiungsvorschrift getroffene Abgrenzung seien nicht zu erkennen.
Hiergegen hat die Klägerin am 29. Juli 2002 beim Landessozialge...