Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. unzulässige Klageerweiterung/Klageänderung im Berufungsverfahren. erstinstanzliche Unzuständigkeit des LSG. Gegenstand des Verfahrens gem § 96 SGG: ergangener Bescheid während des erstinstanzlichen Verfahrens. Klageänderung. Klageerweiterung. Einwilligung der Beklagtenseite. Sachdienlichkeit. Sozialgerichtliches Berufungsverfahren. Gegenstand des Verfahrens. Erstinstanzliche Zuständigkeit des Landessozialgerichts. Anerkennung weiterer Unfallfolgen. Feststellungsklage. Verpflichtungsklage. Verletztenrente. Rente als vorläufige Entschädigung. Rente auf unbestimmte Zeit. Schätzung der MdE. Funktionseinschränkung der Hand
Leitsatz (amtlich)
1. Eine erstmals in Berufungsverfahren beantragte Verurteilung des beklagten Unfallversicherungsträgers zur Anerkennung weiterer Unfallfolgen stellt - wie eine entsprechende, erstmals im Berufungsverfahren erhobene Feststellungsklage - eine Klageerweiterung und damit eine Klageänderung i.S. § 99 Abs. 1 SGG dar; sie ist nicht sachdienlich und daher als unzulässig abzuweisen, weil das Landessozialgericht für eine solche Klage nicht erstinstanzlich zuständig ist.
2. Der während des Rechtsstreits ergehende Bescheid über die Gewährung einer Rente auf unbestimmte Zeit wird gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des gegen den Bescheid über die Gewährung einer Rente als vorläufige Entschädigung mit dem Ziel höherer Rente gerichteten Klageverfahrens.
Leitsatz (redaktionell)
Bei dem Begehren, weitere Unfallfolgen anzuerkennen, handelt es sich um einen selbstständigen prozessualen Anspruch, der mit der Verpflichtungsklage geltend zu machen ist.
Normenkette
SGG §§ 96, 99 Abs. 1-2, § 29 Abs. 1-2, § 151 Abs. 1, §§ 153, 143-144, 109, 193; SGB VII § 56 Abs. 1 S. 1, Abs. 3, § 73 Abs. 3
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 31.07.2008 wird zurückgewiesen.
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist vor allem streitig, ob dem Kläger höhere Verletztenrente zusteht.
Der Kläger erlitt im Rahmen seiner selbstständigen Tätigkeit als Schreinermeister am 13.09.2004 einen Arbeitsunfall, als ihm beim Hantieren mit einer schweren Haustür diese mit der Kante auf die linke Hand fiel. Hierbei erlitt der Kläger eine Luxation der Carpometacarpalgelenke III bis V, die noch am Unfalltag in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. (BG-Klinik) operativ behandelt wurde (Reposition und Kirschnerdrahtfixation). Im Rahmen der stationären Behandlung bis 12.11.2004 wurde am 29.09.2004 eine Vollhauttransplantation am linken Handrücken vom gleichseitigen Unterarm durchgeführt, am 14.10.2004 der Kirschnerdraht entfernt und sodann mit intensiver Ergotherapie und Physiotherapie begonnen. Nachdem die anschließend ambulant durchgeführte Physio- und Ergotherapie keine weitere Verbesserung der Beweglichkeit erbrachte, erfolgte vom 28.11. bis 17.12.2004 in der BG-Klinik ein Heilverfahren mit intensiver physio- und ergotherapeutischer Mobilisierungstherapie, die vom 09. bis 21.01.2005 wiederholt wurde. Im Entlassungsbericht vom 02.02.2005 ging Prof. Dr. Sch. von einem Verharrungszustand aus und sah den Kläger in seinem Beruf als Schreiner nicht arbeitsfähig; leichtere Tätigkeiten könne er durchführen.
Als Folge des Unfalls gab der Kläger seinen Betrieb auf. Seit 01.05.2005 bezieht er von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Nach zahlreichen berufsfördernden Maßnahmen übt der Kläger zwischenzeitlich eine versicherungspflichtige Beschäftigung aus.
Zur Feststellung der Unfallfolgen erstattete Prof. Dr. Sch., BG-Klinik, das Erste Rentengutachten aufgrund Untersuchung des Klägers vom 08.03.2005. Als wesentliche Unfallfolgen beschrieb er eine deutlich schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Langfinger der linken Hand in Beugung und Streckung sowie eine deutliche Bewegungseinschränkung des linken Handgelenks. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) schätzte er auf 25 vom Hundert (v.H.). Der Chirurg Dr. B., bei dem der Kläger sich am 26.04.2005 unter Vorlage dieses Gutachtens vorstellte, führte in seinem am Folgetag erstellten Nachschaubericht aus, diese Beurteilung nicht nachvollziehen zu können, da ein nahezu kompletter Funktionsausfall der linken Hand vorliege und der Kläger diese nicht einmal mehr als Beihand zum Halten von Gegenständen benutzen könne. Die MdE liege deshalb bei 50 v.H.
Zur Feststellung der neurologischen Unfallfolgen untersuchte der Neurologe und Psychiater Dr. M. den Kläger am 18.07.2005. In seinem Befundbericht beschrieb er im Handbereich eine Beeinträchtigung des Nervus medianus sowie des sensiblen Anteils des Nervus ulnaris links nach offener Carpometacarpalluxation der linken Mittelhand mit anschließendem CRPS. Er ging davon aus, dass es im Rahmen des CRPS zu der partiellen Schädigung des Nervus medianus und ulnaris im Handbereich gekommen ist....