Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsprüfung. Auskunftspflicht des Arbeitgebers. Rechtmäßigkeit der Anordnung der Vorlage von Unterlagen durch zuständige Verwaltungsbehörde nicht abhängig von einer sich tatsächlich ergebenden Beitragsnachforderung. Zwangsgeldandrohung
Leitsatz (amtlich)
Zur Durchsetzung der Mitwirkungspflicht bzw. der Pflicht des Arbeitgebers zur Prüfhilfe im Rahmen der Betriebsprüfung darf die zuständige Verwaltungsbehörde Verwaltungsakte erlassen und darin (ua) die Vorlage von Unterlagen anfordern. Die Rechtmäßigkeit der Vorlageanordnung hängt nicht davon ab, ob sich nach Abschluss der Betriebsprüfung tatsächlich eine Beitragsnachforderung ergibt.
Orientierungssatz
Die im Einzelfall durch Verwaltungsakt konkretisierte Pflicht des Arbeitgebers zur Prüfhilfe gemäß § 28p Abs 5 S 1 SGB 4 kann mit Mitteln des Verwaltungszwangs durchgesetzt werden (vgl LSG Stuttgart vom 20.9.2012 - L 11 R 2785/12 ER-B).
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 29.07.2020 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert für das Klage- und Berufungsverfahren wird auf 5.500,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen die mit der Androhung eines Zwangsgelds verbundene Aufforderung der Beklagten, Unterlagen für eine beabsichtigte Betriebsprüfung für die Zeit vom 01.01.2014 bis 31.12.2017 vorzulegen.
Der Kläger betreibt eine Speditionsfirma in H.
Bereits für den Prüfzeitraum vom 01.01.2010 bis 31.12.2013 führte die Beklagte eine Betriebsprüfung nach § 28p Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) durch und forderte vom Kläger die Nachzahlung von Beiträgen (einschl. Säumniszuschlägen) in Höhe von 46.343,42 € (Bescheid vom 13.10.2015). Der Bescheid ist nach Rücknahme der Berufung im Verfahren beim erkennenden Senat des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg mit Aktenzeichen L 5 BA 1198/19 bestandskräftig.
Mit Schreiben vom 10.09.2018 kündigte die Beklagte eine erneute Betriebsprüfung an. Hierauf entgegnete der Kläger, eine erneute Betriebsprüfung sei nicht sinnvoll, da bezüglich der vorangegangenen Prüfung derzeit noch ein Klageverfahren anhängig sei. Die Beklagte teilte daraufhin mit, dass unabhängig von dem Sachstand der Vorprüfung und aufgrund der Verjährung noch dieses Jahr eine Betriebsprüfung durchzuführen sei. Mit Schreiben vom 10.10.2018 setzte die Beklagte daraufhin den Prüftermin auf den 12.11.2018 fest. An diesem Tag traf die Beklagte den Kläger jedoch nicht persönlich an. In einem telefonischen Kontakt erklärte er, dass er erst nach Abschluss des Gerichtsverfahrens eine weitere Betriebsprüfung zulasse. Mit weiterem Schreiben vom 12.11.2018 forderte die Beklagte den Kläger zur Vorlage der für die Betriebsprüfung erforderlichen Unterlagen bis zum 23.11.2019 auf. Der Kläger kam auch dieser Aufforderung nicht nach.
Mit Bescheid vom 28.11.2019 legte die Beklagte als Termin für die Betriebsprüfung den 13.12.2018 fest und gab dem Kläger auf, bis zu diesem Datum seine Geschäftsbücher und -unterlagen für den Prüfzeitraum vom 01.01.2014 bis 31.12.2017 vorzulegen. Ferner drohte sie für den Fall, dass der Kläger den Anordnungen nicht nachkomme, ein Zwangsgeld i.H.v. 500,00 € an. Darüber hinaus ordnete sie die sofortige Vollziehung der Verfügung im öffentlichen Interesse an. Zur Begründung führte sie aus, zur Beurteilung der Frage, ob Sozialversicherungsbeiträge durch den Kläger ordnungsgemäß abgeführt worden seien, sei die Durchführung der Betriebsprüfung mit der Prüfung der vorzulegenden Unterlagen unerlässlich. Im Interesse der Versichertengemeinschaft aber auch im Interesse der Beschäftigten des Klägers müsse geklärt werden, ob Beiträge ordnungsgemäß abgeführt worden seien. Diese Aufklärung dürfe nicht weiter verzögert werden, um einen etwaigen Schaden für die Versichertengemeinschaft und die Beschäftigten so gering wie möglich zu halten.
Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09.07.2019 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 12.08.2019 beim Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage erhoben mit dem Antrag, den Bescheid der Beklagten aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage herzustellen. Zur Begründung hat er vorgetragen, hinsichtlich einer vorherigen Betriebsprüfung seien noch diverse Feststellungen der Beklagten im Streit. Eine weitere Betriebsprüfung sei weder dringend geboten noch seien sonstige Gründe erkennbar, die eine sofortige weitere Prüfung zwingend notwendig machten. Andere Betriebe würden bei Weitem nicht mit der Häufigkeit mit Betriebsprüfungen belegt. Es erscheine der Eindruck, dass er von der Beklagten besonders reglementiert und drangsaliert werden solle. Die Anordnung einer neuen Betriebsprüfung verstoße offensichtlich gegen das allgemeine Schikaneverbot. Soweit es im Ermessen der Beklagten liege, wo und wann sie Überprüfungen bei Betrieben seiner Branche vornehme, sei im vorliegenden Fall doch von einer fehlerhaften Ermessensa...