Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Vermögensberücksichtigung. Bausparvertrag. Verwertbarkeit von Vermögen. Aufhebung der Leistungsbewilligung. keine Beschränkung des Rückforderungsbetrags der Höhe nach

 

Leitsatz (amtlich)

1. Einer Bewilligung von Arbeitslosengeld II steht zu verwertendes Vermögen solange entgegen, bis es verbraucht ist.

2. Bei Aufhebung der Leistungsbewilligung wegen fehlender Hilfebedürftigkeit aufgrund von Vermögen ist die gesamte überzahlte Leistung zu erstatten.

3. Eine Beschränkung des Rückforderungsbetrags der Höhe nach auf den Wert des zu verwertenden Vermögens erfolgt nicht.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. Juli 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rücknahme von Bewilligungsentscheidungen über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) und eine damit verbundene Erstattungsforderung der Beklagten in Höhe von 11.207,59 €.

Der 1981 geborene Kläger bewohnte in den Jahren 2006 bis 2009 allein eine seinem Vater gehörende Wohnung in M. Am 14. September 2006 beantragte er die Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II und gab hierbei im Antragsformular an, geschieden zu sein und außer einem Girokonto über keine Vermögenswerte zu verfügen. Im Folgeantrag vom 15. März 2007 gab er keine Änderungen in seinen Vermögensverhältnissen an. Die Beklagte gewährte ihm mit Bescheiden vom 6. Oktober 2006, 21. März 2007, 2. Juni 2007 und 16. Juli 2007 (Aufhebung ab 1. August 2007 mit Bescheid vom 19. Juli 2007) Leistungen für die Zeit vom 14. September 2006 bis 30. Juni 2007 in Höhe von 345 € monatlich und für Juli 2007 in Höhe von 395,40 €. Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung wurden getrennt vom kommunalen Träger erbracht. Nach einer kurzfristigen Beschäftigung als Metallhilfsarbeiter beantragte der Kläger am 25. Oktober 2007 erneut Grundsicherungsleistungen und gab hierbei wiederum außer dem Girokonto keine Vermögenswerte an. Mit Bescheiden vom 3. Januar 2008 bewilligte die Beklagte vorläufig Leistungen in Höhe von 347 € monatlich für Oktober 2007 und für die Zeit vom 1. Dezember 2008 bis 31. März 2008. Im Fortzahlungsantrag vom 4. März 2008 gab der Kläger keine Änderung in seinen Vermögensverhältnissen an. Die Beklagte bewilligte mit Bescheiden vom 6. März 2008 und 17. Mai 2008 und Leistungen für 1. April bis 30. Juni 2008 in Höhe von 347 € monatlich und für 1. Juli bis 31. August 2008 in Höhe von 351 € monatlich (Aufhebung ab 1. September mit Bescheid vom 13. August 2008). Nach einer Ortsabwesenheit beantragte der Kläger am 15. September 2008 erneut Leistungen unter der Angabe, dass sich seine Vermögensverhältnisse nicht geändert hätten.

Durch einen Datenabgleich erfuhr die Beklagte im Oktober 2008, dass der Kläger im Jahr 2007 aus einer Geldanlage bei der L.kasse Baden-Württemberg (....) einen Kapitalertrag von 91 € erzielt hatte und forderte daraufhin vom Kläger die lückenlose Belegung seines Einkommens und Vermögens. Der Kläger erklärte, die Geldanlage bei der .... gehöre seinem Vater und stellte am 21. Oktober 2008 einen wiederholten Leistungsantrag.

Mit Bescheid vom 24. Oktober 2008 bewilligte die Beklagte vorläufig Leistungen für die Zeit vom 15. September 2008 bis 31. März 2009 in Höhe von 351 € monatlich und forderte Nachweise über die Inhaberschaft der Vermögensanlage. Der Kläger legte eine schriftliche Bestätigung seines Vaters C.D. vor, wonach dieser das Geld bei der .... auf den Namen seines Sohnes gespart habe. Beigefügt war ein Kontoauszug über ein Girokonto des C.D., woraus eine Lastschrift über die monatliche Sparrate für den Bausparvertrag ersichtlich war. Das Bausparguthaben betrug am 1. Januar 2007 7.223,59 € und am 1. Januar 2008 7.366,84 €.

Mit Bescheid vom 23. Januar 2009 hob die Beklagte die Bewilligungsentscheidungen vom 6. Oktober 2006, 16. Juli 2007, 3. Januar 2008, 6. März 2008, 17. Mai 2008 und 24. Oktober 2008 ab 14. September 2006 ganz auf und forderte überzahlte Leistungen von 8.182,56 €, Beiträge zur Krankenversicherung von 2.669,09 € und Beiträge zur Pflegeversicherung von 355,94 €, insgesamt 11.207,59 € vom Kläger zurück.

Auf den Widerspruch des Klägers hörte die Beklagte ihn unter Hinweis auf die Rechtslage mit Schreiben vom 5. Februar 2009 an. Der Kläger äußerte, er habe von der Geldanlage nichts gewusst, da der Vertrag bereits 1997 von seinen Eltern ohne sein Wissen abgeschlossen worden sei. Die Kontoauszüge befänden sich auch heute noch in der Verwahrung seiner Eltern. Der Vertrag sei vom Vater bespart worden, um die Wohnungsbauprämie für den Kläger zu sichern. Als er nach der Ausbildung aus gesundheitlichen Gründen keinen Arbeitsplatz gefunden habe, habe der Vater das Geld als Mietersatz einbehalten, um abzusichern, dass er sich bei einer erfolgreichen Bewerbung ein Auto leisten könne. Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2009 wies...

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