Entscheidungsstichwort (Thema)
Verweisbarkeit eines Facharbeiters auf Tätigkeiten eines Registrators bei geltend gemachtem Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit
Orientierungssatz
1. Ein gelernter Maler und Lackierer ist bei geltend gemachter Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB 6 als Facharbeiter zumutbar auf die Tätigkeit als Registrator verweisbar.
2. Arbeitsplätze für Registratoren sind auf dem Arbeitsmarkt in nennenswerter Zahl vorhanden.
3. Tätigkeiten als Registraturkraft in größeren Unternehmen und im öffentlichen Dienst sind als körperlich leichte Tätigkeiten zu qualifizieren.
4. Für die Tätigkeit eines Registrators ist eine Arbeitszeit von drei Monaten erforderlich.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 28.02.2018 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Der 1960 geborene Kläger hat von 1978 bis 1981 den Beruf des Malers und Lackierers erlernt. Bis März 2014 war er in diesem Beruf tätig. Im Anschluss bezog er Arbeitslosengeld I bzw. Krankengeld, unterbrochen durch eine Tätigkeit als Hausmeister von Mai 2015 bis Oktober 2015. Seit 01.01.2015 bezieht er Grundsicherung für Arbeitssuchende (Arbeitslosengeld II). Es ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 festgestellt.
Am 12.05.2016 beantragte er bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Beklagte wertete medizinische Unterlagen der Bundesagentur für Arbeit aus und beauftragte den Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Sozialmedizin S. mit der Erstattung eines Gutachtens. Bei der Untersuchung des Klägers am 27.09.2016 stellte er folgende Gesundheitsstörungen fest: wiederkehrende depressive Störung, gegenwärtig leichte Episode, belastungsabhängig auftretende Kniegelenksschmerzen nach Implantation einer Schlittenprothese wegen Kniegelenksarthrose, chronischen Tinnitus bds. mit Schwerhörigkeit, belastungsabhängig auftretende tiefsitzende Rückenschmerzen bei erheblichem Verschleiß insbesondere der LWS, Sehnenverkalkung im Bereich beider Schultergelenke mit belastungsabhängig auftretenden Schmerzen, Bluthochdruck, geringgradig ausgeprägte Schuppenflechte, leichtes Übergewicht, vermehrte Gastritisneigung, Hämorrhoidalleiden, gelegentlich auftretende Spannungskopfschmerzen. Der Kläger verfüge weiterhin über ein mehr als sechsstündiges Leistungsvermögen für körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Nicht infrage kämen Tätigkeiten mit erhöhtem Zeitdruck, mit Nacht- und Wechselschicht, Arbeiten mit vermehrten Wirbelsäulenzwangshaltungen, häufigem Bücken sowie Heben und Tragen von Lasten über 15 kg. Tätigkeiten an Lärmarbeitsplätzen sowie mit besonderer Beanspruchung des Hörvermögens sollten nicht abverlangt werden, auch keine Arbeiten mit häufigen Überkopftätigkeiten und Hautreizstoffen. Er sei ausreichend umstellungs- und anpassungsfähig. Seinen Beruf als Maler und Lackierer könne er nicht mehr mindestens drei Stunden täglich ausüben (Gutachten vom 29.09.2016).
Mit Bescheid vom 20.10.2016 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung gab sie an, nach den medizinischen Ermittlungen könne er noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein. Als Maler und Lackierer könne er nicht mehr in dem genannten Umfang tätig sein. Er könne jedoch zumutbar auf die Tätigkeiten als Registrator oder Poststellenmitarbeiter verwiesen werden. Deshalb könne er auch keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit erhalten.
Hiergegen legte der Kläger am 21.11.2016 Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, sein Leistungsvermögen sei noch nicht hinreichend ermittelt. Aufgrund seiner Kniegelenkserkrankung könne er nicht knien und auch nicht mehr auf Leitern steigen. Er leide außerdem unter schmerzhaften Bewegungseinschränkungen an der Wirbelsäule und an beiden Schultern. Seit über 20 Jahren leide er unter psychischen Beeinträchtigungen. Aufgrund des Tinnitus komme es zu massiven Schlafstörungen und psychischen Beeinträchtigungen. Arbeiten, bei denen die Nutzung eines Telefons, Mobilfons oder eines Computers erforderlich seien, führten zu einer massiven Überlastung. Er könne sich dann nicht mehr konzentrieren, werde nervös und könne die Tätigkeit nicht lange durchhalten. Eine Tätigkeit in der Registratur oder der Poststelle oder am Computer könne er nicht ausüben aufgrund fehlender Vorkenntnisse und der gesundheitlichen Beeinträchtigungen.
Die Beklagte beauftragte daraufhin Dr. S., Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Sozialmedizin, mit der Erstattung eines Gutachtens. Die Untersuchung des Klägers am 13.03.2017 ergab die Diagnosen Lumboischialgie bei mittelgradigen degenerativen Veränderungen L4 bis S 1 mit mäßiggradigen funktionellen Einschrä...