Entscheidungsstichwort (Thema)
Eintritt der Sozialversicherungspflicht
Leitsatz (amtlich)
1. Der Arbeitnehmer kann durch seine Zustimmung den Eintritt der Versicherungspflicht auch dann auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe der Entscheidung durch die Deutsche Rentenversicherung Bund hinausschieben, wenn der Arbeitgeber für den in Frage stehenden Zeitraum bereits Sozialversicherungsbeiträge abgeführt hat.
2. Die Regelung in § 7a Abs 6 Satz 1 SGB IV knüpft die Zustimmung nicht an eine bestimmte vom Arbeitnehmer einzuhaltende Frist. (Revision wurde vom Senat zugelassen)
Tenor
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. Oktober 2008 sowie der Bescheid der Beklagten vom 8. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. September 2007 aufgehoben und es wird festgestellt, dass der Kläger in seiner Tätigkeit als Betriebsleiter bei der Beigeladenen zu 1) in der Zeit vom 16. Januar 2006 bis 31. Januar 2007 nicht sozialversicherungspflichtig war.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Kläger in beiden Rechtszügen. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung seiner Sozialversicherungspflicht im Zeitraum vom 16. Januar 2006 bis 31. Januar 2007.
Der 1975 geborene Kläger ist Diplom-Informatiker und war vom 1. August 1995 bis 31. Dezember 1996 sowie nach Beendigung seines Studiums seit 1. September 2001 abhängig bei der Beigeladenen zu 1) beschäftigt. Die Beigeladene zu 1) ist ein seit 14. August 1989 als GmbH betriebenes Maschinenbauunternehmen, dessen Stammkapital iHv 50.000 DM bis Dezember 1999 der Vater des Klägers, der zugleich Geschäftsführer war, übernommen hatte (Registerauszug Nr 8/2065 des Amtsgerichts Landau in der Pfalz; Errichtungsvertrag vom 29. Mai 1989). Danach wurde der Gesellschaftsvertrag dahingehend geändert, dass der Kläger, seine Mutter und seine Schwester je einen Geschäftsanteil von 4.500 DM erhielten, während beim Vater ein Geschäftsanteil von 36.500 DM verblieb (Änderung des Gesellschaftsvertrags vom 29. Dezember 1999).
Ab 16. Januar 2006 war der Kläger bei der Beigeladenen zu 1) als Betriebsleiter angestellt (Anstellungsvertrag vom 18. Dezember 2005). In einem Vorspann zu diesem Vertrag (= Text vor der Überschrift “Anstellungsvertrag...„) wird angeführt, Ziel des Unternehmens sei, den Kläger nach dem altersbedingten Ausscheiden des jetzigen Geschäftsführers als Nachfolger zu berufen. Der Kläger werde ab dem 16. Januar 2006 als kaufmännischer und technischer Betriebsleiter eingestellt. Er solle jetzt schon als gleichberechtigte Person in die GmbH eingeführt und in die Position eines Unternehmers gestellt werden (wegen der Einzelheiten des Vertrages wird auf Aktenseiten 5 bis 7 der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen). Im Zeitraum vom 16. Januar 2006 bis 31. Januar 2007 war der Kläger als Beschäftigter zur Sozialversicherung gemeldet und es wurden Sozialversicherungsbeiträge gezahlt. Zuständige Einzugsstelle war bis zum 30. September 2006 die Beigeladene zu 5).
Bereits am 22. Dezember 2005 war bei der Deutschen Rentenversicherung R.-P. ein Antrag des Klägers und der Beigeladenen zu 1) auf Statusfeststellung (§ 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IV) eingegangen, den diese an die zuständige Beklagte weiterleitete. Im Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung gab die Beigeladene zu 1) am 20. Februar 2006 an, als Stimmrecht sei eine einfache Mehrheit vereinbart, der Kläger sei nicht vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB befreit, er unterliege keinen Weisungen bezüglich Zeit, Ort und Art der Tätigkeit, er könne selbstständig Personal einstellen und entlassen, er müsse sich seinen Urlaub nicht genehmigen lassen und erhalte monatlich eine Vergütung iHv 4.700 €, die im Falle einer Arbeitsunfähigkeit für sechs Monate weiter gezahlt werde. Die Verbuchung der Vergütung erfolge als Lohn/Gehalt und es werde Lohnsteuer entrichtet. Zudem seit der Kläger zu neun Prozent am Gewinn beteiligt.
Mit Bescheiden vom 8. März 2007 entschied die Beklagte - nach entsprechender Anhörung - gegenüber dem Kläger und der Beigeladenen zu 1), dass der Kläger als mitarbeitender Gesellschafter während seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) eine abhängige und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausübe. Der Kläger unterliege daher seit dem 16. Januar 2006 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Die Bescheide enthielten den Hinweis, dass nach § 7a Abs 6 Satz 1 SGB IV in Zweifelsfällen, in denen eine Entscheidung beantragt werde, ob eine Beschäftigung vorliege, die Versicherungspflicht erst mit der Bekanntgabe der Entscheidung über den sozialversicherungsrechtlichen Status eintrete, sofern (ua) der Beschäftigte dem späteren Beginn zustimme. Diese Regelung finde keine Anwendung, wenn zu Recht von Anfang an von einer abhängigen Beschäftigung ausgega...