Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Einschränkung des Krankengeldanspruchs für freiwillig versicherte selbstständig Erwerbstätige. kein Verstoß gegen Verfassungsrecht
Leitsatz (amtlich)
Die Krankenkasse kann bei freiwillig versicherten selbstständig Erwerbstätigen den Krankengeldanspruch durch Satzungsänderung dahingehend einschränken, dass zukünftig erst ab dem 22. Tag und nicht wie bisher ab dem 8. Tag der Arbeitsunfähigkeit Krankengeld gezahlt wird.
Orientierungssatz
Die Regelung des § 44 Abs 2 SGB 5 verstößt nicht gegen Verfassungsrecht.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 21. Juni 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger zwischen dem 8. und 21. Tag der Arbeitsunfähigkeit (AU) Krankengeld (Krg) zu gewähren hat. Im Einzelnen handelt es sich um die Zeit vom 20.08. bis 27.08.2002, 08.09. bis 19.09.2002, 07.10. bis 21.10.2002 und vom 17.03. bis 30.03.2003.
Der Kläger war zwischen dem 01.06.1995 und 15.03.2005 bei der Beklagten als Selbständiger freiwillig krankenversichert. Er war zunächst in die Beitragsklasse 671 mit Anspruch auf Krg ab dem 8. Tag der AU eingestuft. Mit dem siebten Nachtrag zur Satzung der Beklagten vom 01.01.2000 wurde mit Wirkung ab 01.01.2002 § 21 Abs. 3 der Satzung dahingehend geändert, dass der Anspruch auf Krg für Selbständige unter anderem der Beitragsklasse 671 erst am 22. Tag der AU beginnt. Die Satzungsbestimmung wurde vom Bundesversicherungsamt genehmigt. Mit Schreiben, datiert "im Dezember 2001", teilte die Beklagte dem Kläger diese Änderung mit. Ergänzend wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass er auch eine Beitragsklasse ohne Krg-Anspruch oder mit einem Krg-Anspruch ab dem 43. Tag der AU wählen könne. Der Kläger hat hierauf nicht reagiert. Auf die Änderung wurde auch in der Zeitschrift TK aktuell 1/2002 hingewiesen. Außerdem wurde die Satzung ausgehängt.
Zwischen dem 13.08.2002 und 27.08.2002 war der Kläger wegen Rückenbeschwerden, vom 30.08.2002 bis 23.09.2002 wegen eines chronischen Hautdefekts, ab 30.09.2002 bis 24.02.2003 wegen akuter Bronchitis und Entzündung der Nasennebenhöhlen und ab 10.03.2003 wegen Bronchitis und einer depressiven Episode arbeitsunfähig krank. Für die jeweiligen Zeiträume bezahlte die Beklagte dem Kläger Krg jeweils ab dem 22. Tag der AU.
Mit Schreiben vom 19.11.2002 beantragte der Kläger Krg für die Zeit zwischen dem 8. und 21. Tag der AU. Er wies darauf hin, dass er nach dem von ihm abgeschlossenen Versicherungsvertrag einen Anspruch auf Krg ab dem 8. Tag der AU habe.
Mit Bescheid vom 28.11.2002 lehnte die Beklagte einen entsprechenden Anspruch des Klägers unter Hinweis auf die Verlegung des Krg-Anspruchs vom 8. auf den 22. Tag ab. Die Änderung sei durch den siebten Satzungsnachtrag erfolgt. Eine derartige Satzungsänderung sei nach § 44 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zulässig. Dies habe das Bundessozialgericht (BSG) bereits in seinem Urteil vom 28.09.1993 - 1 RK 34/92 - entschieden.
Seinen dagegen erhobenen Widerspruch begründete der Kläger damit, dass er freiwilliges Mitglied der Beklagten sei und mit ihr letztendlich einen zivilrechtlichen Vertrag abgeschlossen habe. Eine Änderung dieses Vertragsverhältnisses könne nicht allein durch Änderung der Satzung bewirkt werden. Hierfür hätte es einer Vertragsaufhebung oder Vertragsänderung bedurft. Dies sei jeweils nicht erfolgt. Dass Vertragsänderungen durch Krankenkassen nicht einseitig vorgenommen werden dürften, habe das Sozialgericht Stuttgart (SG) in Rechtsstreitigkeiten unter anderem gegen die AOK B.W. bereits entschieden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.06.2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Mit dem siebten Nachtrag zur Satzung der Beklagten vom 01.01.2000 sei mit Wirkung zum 01.01.2002 § 21 Abs. 3 der Satzung geändert worden. Danach entstehe für Selbständige der Beitragsklassen 671 und 676 der Krg-Anspruch nunmehr erst am 22. Tag der AU. Aus diesem Grund werde erst ab dem 22. Tag der AU Krg bezahlt. Das BSG habe in seinem Urteil vom 28.09.1993 - 1 RK 34/92 - festgestellt, dass Satzungsvorschriften, die für freiwillige Mitglieder den Anspruch auf Krg erst zu einem späteren Zeitpunkt nach Eintritt der AU entstehen lassen würden, zulässig seien und nicht gegen das Grundgesetz verstoßen würden. Aufgrund der gesetzlichen Ermächtigung müssten freiwillig Versicherte davon ausgehen, dass die Krankenkasse gegebenenfalls in ein bestehendes Versicherungsverhältnis - auch nachteilig - eingreife. Durch die Einschränkung der Krg-Anspruchsberechtigung würden die sozialen Belange der freiwillig Versicherten gewahrt. Mit Beschluss vom 27.06.2000 - B 1 KR 64/99 B - habe das BSG seine Rechtsprechung bestätigt.
Deswegen erhob der Kläger Klage zum SG, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Er hält daran fest, dass die Beklagte auch kr...