Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsprüfung. Sozialversicherungspflicht. Tätigkeit polnischer Staatsangehöriger als Asphaltleger bei deutscher Baufirma. Einmannkolonne. Vereinbarung einer festen Stundenvergütung. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit
Leitsatz (amtlich)
Polnische Staatsangehörige, die in den Jahren 2006 bis 2008 bei einer deutschen Baufirma als sog Asphaltleger (hier: Schneiden von Grabenkanten) tätig waren und für ihre Arbeit ein Entgelt nach der Anzahl der geleisteten Stunden erhielten, übten eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aus.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 17.10.2013 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird endgültig auf 64.414,44 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Rahmen der Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen aufgrund einer Betriebsprüfung über die Sozialversicherungspflicht der Beigeladenen zu 6) und 7).
Die Klägerin betreibt eine Baufirma in der Rechtsform einer GmbH. Gegenstand des Unternehmens ist die “Ausführung von oberflächigen Teerarbeiten, sowie alle damit in Zusammenhang stehenden Tätigkeiten„ (Handelsregister Ulm HRB 5..). Sie ist spezialisiert auf Asphaltoberflächen-Wiederherstellung im Handeinbau und wird hauptsächlich als Subunternehmerin für Firmen des Netz- und Kabelbaus tätig. Bei kleineren Gewerken setzt sie zunächst zur Arbeitsvorbereitung eine Einzelperson (“Einmannkolonne„) ein, welche die Grabenkanten gerade schneidet. Die nachfolgende Kolonne übernimmt die Asphaltierung. Die Beigeladenen zu 6) und 7) sind polnische Staatsangehörige und verrichteten für die Klägerin ab 01.04.2006 Tätigkeiten der Arbeitsvorbereitung. Schriftliche Verträge gibt es hierzu nicht. Sie hatten beide ab 07.04.2006 ein Gewerbe angemeldet als Asphaltausleger (ohne Straßenbau). Der Beigeladene zu 6) beschäftigte vom 01.03. bis 30.09.2007 einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer. Der Beigeladene zu 7) betreibt in Polen einen landwirtschaftlichen Betrieb. Die Beigeladenen zu 6) und 7) erwarben am 11.06.2008 bzw 06.07.2009 Kraftfahrzeuge (Pkw). Der Beigeladene zu 7) kaufte am 28.11.2007 ein Bosch-Werkzeug (840,34 €), am 15.08.2008 eine Stihl Kettensäge (490 €), am 06.10.2008 ein Notebook (531,77 €) und am 23.10.2008 einen Tieflader-Anhänger (1.638,66 €).
Die Beigeladenen zu 6) und 7) stellten für ihre Tätigkeit der Klägerin Rechnungen. Zunächst stellte die Firma H. D. Service (Inhaber T. W.) die Rechnungen aus, Herr W. wurde bis August 2006 für den Beigeladenen zu 7) noch als Ansprechpartner genannt. Ab September 2006 stellte der Beigeladene zu 7) eigene Rechnungen mit einem Stundenlohn von 10 €. 2007 stellte der Beigeladene zu 7) insgesamt acht Rechnungen mit einem Stundenlohn von 26 € über Beträge zwischen 1.432,24 € und 10.048,36 €, im Jahr 2008 neun Rechnungen über Beträge zwischen 1.717,17 € und 5.337,15 €. Der Beigeladene zu 6) stellte 2007 acht Rechnungen mit einem Stundenlohn von 28 bzw 28,50 € über Beträge zwischen 2.675,12 € und 8.987,48 € und 2008 neun Rechnungen mit einem Stundenlohn von 28 € über Beträge zwischen 2.781 € und 6.952,50 €.
Im Rahmen einer Ermittlung des Hauptzollamts Ulm gegen T. W. gab der Beigeladene zu 6) an, er sei im März 2006 auf eine Anzeige des T. W., der Lkw-Fahrer gesucht habe, nach Deutschland gekommen und habe dann ausschließlich bei der Klägerin gearbeitet, die alle Betriebsmittel gestellt habe. Die Arbeit erfolge in Kolonnen, er habe gemacht, was der Kapo gesagt habe. Es sei ein Monatslohn nach geleisteten Stunden gezahlt worden.
Die Beklagte führte bei der Klägerin für den Prüfzeitraum 01.01.2005 bis 31.12.2008 eine Betriebsprüfung durch. Nach Anhörung mit Schreiben vom 22.03.2010 forderte sie von der Klägerin Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Umlagen nach dem Lohnfortzahlungsgesetz mit Bescheid vom 20.08.2010 iHv insgesamt 64.414,44 € nach. Der Beigeladene zu 6) sei vom 01.04.2006 bis 28.02.2007 und 01.10.2007 bis 31.12.2008 und der Beigeladene zu 7) vom 01.04.2006 bis 31.12.2008 als Asphaltleger versicherungspflichtig in allen Zweigen der Sozialversicherung beschäftigt gewesen.
Mit weiteren Bescheiden vom 20.08.2010 stellte die Beklagte gegenüber den Beigeladenen zu 6) und 7) das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ab 01.04.2006 fest.
Die Klägerin und die Beigeladenen zu 6) und 7) erhoben Widerspruch, den die Klägerin damit begründete, ihr Auftragsbestand umfasse maximal drei bis fünf Arbeitstage, längerfristige Planung sei daher oft unmöglich. Spitzenauftragszeiten decke sie mit Subunternehmern ab, die Auftragserteilung erfolge unregelmäßig. Die Auftragnehmer seien nicht weisungsgebunden und nicht in den Betrieb eingegliedert. Im Rahmen der Baustellenbesichtigung sei nur erläutert worden, was gemacht werden müsse. Wie und durch wen sei den Auftragnehmern freigestellt gewesen. Die Auftragnehmer hätten eine höhere Vergütung erhalten als die angeste...