Entscheidungsstichwort (Thema)

Feststellungen während und nach dem Wehrdienst zum Vorliegen einer Wehrdiensbeschädigung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Hat der Leistungsträger Leistungen nach § 85 SVG für die Zeit während des Wehrdienstes abgelehnt sowie - positive und/oder negative - Feststellungen zu Folgen einer Wehrdienstbeschädigung getroffen und lehnt er im Nachgang gestützt hierauf Leistungen nach § 81 SVG für die Zeit nach dem Wehrdienst ab, trifft dieser zweite Verwaltungsakt keine Regelungen zu den Folgen der Wehrdienstbeschädigung iSd § 31 SGB X. Es handelt sich um eine wiederholende Verfügung und damit keinen Verwaltungsakt. Der Regelungsgehalt des Bescheides beschränkt sich auf die Ablehnung der Leistungen nach § 81 SVG.

2. Ein aufgrund neuer Sachprüfung ergehender Zweitbescheid ändert/ersetzt in den Regel den vorausgegangen Verwaltungsakt iSd §§ 86/96 SGG und wird damit Gegenstand des Widerspruchs-/Klageverfahrens.

 

Normenkette

SVG §§ 80, 81 Abs. 6 S. 1, § 85 Abs. 4 S. 3, § 86 Abs. 2 Nr. 2, § 88 Abs. 4 S. 3, Abs. 6 a.F.; BVG § 9 Abs. 1 Nr. 3, § 30 Abs. 1 Sätze 1-2, § 31 Abs. 1; VersMedV § 2 Anl. Teil C Nr. 1, § 2 Anl. Teil C Nr. 2, § 2 Anl. Teil C Nr. 3, § 2 Anl. Teil C Nr. 12; BGB § 133; SGB X § 31 S. 1, § 39 Abs. 1 S. 2; SGG §§ 77, 86, 96, 109, 118; ZPO § 415

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 8. November 2022 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Anerkennung weiterer Gesundheitsstörungen als Wehrdienstbeschädigung (WDB) und die Gewährung eines Ausgleichs für die Zeit nach dem Wehrdienstende nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) i. V. m. dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) aufgrund einer beim Dienstsport 1987 erlittenen Verletzung des rechten Knies.

Er ist 1958 geboren und leistete vom 1. April 1980 bis 31. März 1989, zuletzt als Soldat auf Zeit, Wehrdienst.

Am 5. Juni 1987 machte er geltend, am 17. Mai 1987 (einem Sonntag) einen Sportunfall am rechten Sprunggelenk erlitten zu haben. Die Verletzung sei während des Rennens passiert, sodass sowohl ein Fehltritt als auch der unebene Rasen als Ursache möglich sei.

Der Truppenarzt B1 legte dar, dass sich ein freier Gelenkkörper im rechten unteren Sprunggelenk zeige. Es finde gerade eine operative Behandlung im Bundeswehrkrankenhaus (BWK) W1 statt. Am 5. Januar 1988 führte der Truppenarzt D1 aus, dass die Operation am Sprunggelenk im November 1987 durchgeführt worden sei. Die Behandlung werde erst in einigen Monaten abgeschlossen sein, eine evtl. Schädigungsfolge sei derzeit noch nicht abzuschätzen.

Mit Bescheid vom 17. März 1988 lehnte die Beklagte die Gewährung eines Ausgleichs ab. Ein solcher komme nur in Betracht, wenn durch Folgen einer gesundheitlichen Schädigung die Erwerbsfähigkeit um mindestens 25 vom Hundert (v.H.) für die Dauer von wenigstens sechs Monaten gemindert sei. Diese Grundvoraussetzungen seien nicht erfüllt, denn die Gesundheitsstörung „operativ behandelte Sprunggelenksdistorsion“ wegen der das Wehrdienstbeschädigungsblatt angelegt worden sei, bedinge eine solche Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE - jetzt Grad der Schädigungsfolgen [GdS]) nicht. In diesem Verfahren wegen Ansprüchen für die Dauer des Wehrdienstverhältnisses sei nicht darüber zu entscheiden, ob es sich bei der Gesundheitsstörung um die Folge einer Wehrdienstbeschädigung (WDB) im Sinne des § 81 SVG handele, da ein Anspruch auf Ausgleich nach § 85 SVG schon wegen des Umfangs der MdE nicht bestehe.

Im Beschwerdeverfahren zog die Beklagte die Gesundheitskarte des Klägers bei und holte die versorgungsärztliche Stellungnahme des S1 ein. Dieser führte aus, dass die Erstuntersuchungsbefunde beizuziehen und eine orthopädische Begutachtung im BWK W1 zu veranlassen sei.

Vorgelegt wurde der Befundbericht des H1 vom 18. Mai 1987. Danach sei der Kläger am 17. Mai 1987 beim Fußballspiel mit dem rechten Sprunggelenk erstmalig nach außen umgeknickt. Klinisch habe sich eine starke Schwellung und Hämatombildung im Bereich des rechten Außenknöchels gezeigt. Es bestehe eine deutliche Druckdolenz über dem Außenknöchel und dem Außenbandapparat rechts, weiter ein erheblicher Aufklappschmerz. Im Röntgen habe eine Fraktur ausgeschlossen werden können. Es zeige sich ein kleiner Osteochondrosis dissecans Herd im Bereich der medialen Femurrolle. Differentialdiagnostisch komme eine „flake fracture“ in Betracht. Im Rahmen der weiteren Abklärung sei eine Schichtuntersuchung zu empfehlen.

Die Beklagte veranlasste das orthopädische Gutachten des R1, BWK W1, aufgrund ambulanter Untersuchung vom 16. September 1988. Dieser führte aus, dass der Kläger am 17. Mai 1987 ein Supinationstrauma des rechten OSG erlitten habe. Die damals durchgeführte Röntgenuntersuchung habe eine Osteochondrosis dissecans im Bereich der medialen Femurrolle ergeben. Eine vermehrte Aufklappbarkeit sei nicht nachweisbar gewesen. Wegen der zunehmenden Beschwerdesymptomatik sei eine Abtragung des Disse...

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