Entscheidungsstichwort (Thema)
Künstlersozialversicherung. Künstlersozialabgabepflicht. Chorverein. Verwerter. Unternehmer. "nicht nur gelegentliche" Auftragserteilung. Veranstaltung
Leitsatz (amtlich)
1. Der Trägerverein (e.V.) eines Chors, der aus circa 120 Sängerinnen und Sängern besteht, wovon rund zwei Drittel auch Mitglieder des Vereins sind, ist kein typischer Verwerter iSd § 24 Abs. 1 KSVG, selbst wenn der Chor regelmäßig mehrere Konzerte jährlich aufführt, bei denen er sich von Solisten und Instrumentalmusikern begleiten lässt, die für den jeweiligen Auftritt vergütet werden.
2. Der Verein ist jedoch ein Unternehmer iSd § 24 KSVG, der zur Künstlersozialabgabe verpflichtet ist, wenn er im Kalenderjahr mehr als drei Konzerte gibt, bei denen selbstständige Künstler (hier: Solisten und Instrumentalmusiker) gegen Entgelt mitwirken.
Orientierungssatz
1. Der Begriff “Aufträge„ umfasst alle entgeltlichen Verträge mit selbstständigen Künstlern über die Verwertung bzw Vermarktung ihrer künstlerischen Werke oder Leistungen. Rechtlich geht es hierbei nicht um “Aufträge„, sondern um den Abschluss von entgeltlichen Verträgen, in der Regel um Werkverträge (Anschluss an BSG vom 16.7.2014 - B 3 KS 3/14 B = SozR 4-5425 § 24 Nr 12). Im Umkehrschluss zählen nicht zu den Aufträgen im Sinne der Vorschrift unentgeltliche “Beauftragungen„ von selbstständigen Künstlern.
2. Zu den Veranstaltungen im Sinne von § 24 Abs 2 S 2 KSVG können nur solche Veranstaltungen gezählt werden, bei denen der Unternehmer selbst Veranstalter ist. Denn nur dann ist die Veranstaltung und damit die Auftragsvergabe seinem Unternehmen zuzuordnen.
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 17.12.2013 sowie der Bescheid vom 09.02.2010 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 24.11.2010 und des Widerspruchbescheides vom 28.04.2011 werden mit der Maßgabe aufgehoben, dass Abgabepflicht nach dem KSVG nur für die Jahre 2004, 2007 und 2008 besteht und die sich hieraus ergebende Künstlersozialabgabe insgesamt 15.134,11 € beträgt.
Die Beklagte trägt 2/3, der Kläger 1/3 der Kosten des Verfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Abgabepflicht des Klägers nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) für den Zeitraum ab 01.01.2004.
Der 1983 gegründete Kläger ist der Trägerverein des F. B.chors. Dieser besteht aus rund 120 Laien-Sängerinnen und Sängern, wovon rund zwei Drittel auch Mitglieder des Vereins sind. Der Chor führt regelmäßig mehrere Konzerte jährlich auf, bei denen er sich von Solisten und Instrumentalmusikern begleiten lässt, die er für den jeweiligen Auftritt vergütet. Die Sängerinnen und Sänger erhalten keine Vergütung. Die Konzerte werden vom Chor in wöchentlich stattfindenden Proben sowie in zusätzlichen Probenwochenenden vor den jeweiligen Auftritten erarbeitet. Zudem finden Chorfahrten zu Partnerchören und sonstige gemeinsame Aktivitäten der Chormitglieder statt. Finanziell wird der Kläger von einem selbstständigen Förderverein (F. B.chorgesellschaft e.V.) unterstützt.
Bis Januar 2011 führte der gemeinnützige Verein den Namen F. B.orchester e.V. Nach der bis 2011 geltenden Satzung war Zweck des Vereins die Veranstaltung von Aufführungen von Werken alter und neuer Musik, vorzugsweise geistlicher Chor- und Orchestermusik mit dem F. B.chor.
Im Januar 2011 beschloss die Mitgliederversammlung eine Neufassung der Satzung. Danach führt der Verein den Namen F. B.chor e.V. Nach der Neufassung der Satzung ist Zweck des Vereins das gemeinsame Musizieren, die Pflege des Chorgesanges und die Entfaltung des kulturellen und gesellschaftlichen Potentials von Chormusik. Dem dienen regelmäßige Proben, die Pflege von Kontakten zu Partnerchören, insbesondere in den Partnerstädten Freiburgs, und Aufführungen von gemeinsam erarbeiteten Werken.
In den Jahren 2004 bis 2008 veranstaltete der Kläger folgende Konzerte, bei denen jeweils Eintrittsgelder vereinnahmt wurden:
2004: 4 Konzerte, davon 4 unter Beteiligung bezahlter Musiker
2005: 3 Konzerte, davon 3 unter Beteiligung bezahlter Musiker.
Das Weihnachtskonzert fand an zwei Tagen am selben Ort statt.
2006: 3 Konzerte, davon 3 unter Beteiligung bezahlter Musiker.
2007: 4 Konzerte, davon 4 unter Beteiligung bezahlter Musiker.
Das Weihnachtskonzert fand an zwei Tagen am selben Ort statt.
2008: 4 Konzerte, davon 3 unter Beteiligung bezahlter Musiker.
Das Herbstkonzert fand an zwei Tagen an unterschiedlichen Orten (V. und F.)statt.
Den Solisten und Instrumentalmusikern wurden im streitigen Zeitraum Honorare in Höhe von jährlich rund 90.000 € (2008) bis 122.000 € (2007) gezahlt.
Die Beklagte forderte den Kläger im Mai 2009 auf, einen Erhebungsbogen für die Künstlersozialabgabe zu übersenden, den dieser im Juli 2009 übersandte. Mit Schreiben vom 08.12.2009 und Erinnerung vom 01.02.2010 verlangte die Beklagte weitere Angaben im Erhebungsbogen. Am 05.02.2010 ging der Beklagten der vollständig ausgefüllte Erhebungsbogen mit Angaben des Klägers zu den gezahlten ...