nicht rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Mannheim (Entscheidung vom 12.12.2002; Aktenzeichen S 4 KR 1790/01) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Beru-fungsverfahrens zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte den Kläger mit einer Oberschenkelprothese mit dem Kniegelenksystem C-Leg (mikroprozessorgesteuertes Einachskniegelenk mit hydrauli-scher Standphasensicherung und Schwungphasensteuerung; im Folgenden: C-Leg) zu versorgen hat. Der am 1982 geborene Kläger ist bei der Beklagten versichert, und zwar zunächst bis zum 30. Juni 2002 im Rahmen der über den freiwillig versicherten Vater bestehenden Familienversi-cherung und dies auch wieder ab 01. Oktober 2002; vom 01. Juli bis 30. September 2002 hatte eine Pflichtversicherung aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung bestanden. Der Kläger kam u.a. mit einer Tibiaaplasie (anlagebedingte Fehlbildung) des linken Unterschenkels und einer anlagebedingten Fehlbildung der linken Hand zur Welt. Es erfolgten zahlreiche Opera-tionen. Bereits am 25. Mai 1983 musste der linke Unterschenkel im Bereich des Knies amputiert werden. Seit dem Kleinkindalter wurde der Kläger von der Beklagten mit Beinprothesen fortlau-fender Größen versorgt. Noch im Wachstumsalter versorgte ihn die Beklagte zuletzt im Ap-ril 1999 mit einer Prothese mit einem "Total knee" mit True step-Fuß. Beim Kläger besteht auch eine erhebliche Kurzsichtigkeit auf beiden Augen von ungefähr vier Dioptrien. Der Kläger bestand 2002 das Abitur; seit dem Wintersemester 2002/2003 studiert er an der Uni-versität H. im Fach Molekulare Biologietechnologie. Während der Schulzeit war er aktiver Vol-leyballspieler; er nahm bis zur 11. Klasse aktiv am Schulsport teil. Als Student betreibt er Ruder- und Schwimmsport und fährt auch Fahrrad. Er spielt im Orchester Violoncello. Am 28. Februar 2001 verordneten die Fachärzte für Orthopädie Dres. M. und S. dem Kläger eine "Gebrauchsprothese System Otto Bock C-Leg mit 1 C 40 Fuß". Unter Einreichung eines ent-sprechenden Voranschlags des Sanitätshauses C. vom 28. Februar 2001 über Kosten dafür in Höhe von DM 41.707,58 (= EUR 21.324,75) beantragte der Kläger bei der Beklagten die Versor-gung mit diesem Hilfsmittel. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 05. April 2001 mit der Begründung ab, dass eine Mehrfachversorgung mit Hilfsmitteln hier ausgeschlossen sei. Dem widersprach der Kläger; er machte geltend, die letzte Prothese habe er 1999 bei noch starkem Wachstum erhalten. Diese Prothese passe nicht mehr. Sein Aktivitätsgrad sei sehr hoch und er trage die Prothese ungefähr 16 Stunden am Tag, davon von Dienstag bis Donnerstag 13 Stunden außerhalb des Hauses. Seine schulische, berufliche und psychische Entwicklung sei wesentlich von seiner Alltagsgestaltung abhängig. Im Hinblick auf seine Behinderung wäre er in seinem Werdegang ohne eine optimale Hilfsmittelversorgung stark eingeschränkt. Durch seine hohe Aktivität seien die bisher auf dem Markt befindlichen Kniegelenke nur eingeschränkt für ihn geeignet, denn sie belasteten seinen gesamten Gehapparat während des alltäglichen Gehens. Da es mittels des C-Leg gelinge, den natürlichen Gehrhythmus zu simulieren und die Belastung des Gehapparats dadurch zu vermindern, sei dies ein Hilfsmittel, das zu seinem Aktivitätsgrad passe. Gegebenenfalls solle ein Gutachten zur Notwendigkeit dieses Hilfsmittels bei Dr. M. eingeholt werden. Seinem Antrag solle schnellstmöglich stattgegeben werden, da er die neue Versorgung dringend benötige. Die Beklagte erhob eine Stellungnahme des Dr. E. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) vom 30. April 2001; dieser Arzt gelangte zu dem Ergebnis, dass im Hinblick auf das Schreiben des IKK-Bundesverbands vom 18. Dezember 2000 eine Kos-tenübernahme für das C-Leg grundsätzlich nicht möglich sei. Unter Beifügung der genannten Stellungnahme verblieb die Beklagte mit Schreiben vom 07. Mai 2001 bei ihrer ablehnenden Haltung. Der Kläger trug danach noch weiter vor, es sei davon auszugehen, dass das C-Leg be-reits dem anerkannten Stand der Technik entspreche und schon aus Sicherheitsgründen mangels Vorhandenseins eines gleichwertigen Ersatzprodukts zu genehmigen sei. Die bisher bekannten Prothesensysteme gewährten keine ausreichende Geh- und Stehsicherheit. Diese ergebe sich aus-schließlich durch die ihm verordnete Versorgung mit einem C-Leg. Dabei sei vor allem zu berücksichtigen, dass infolge seines jugendlichen Alters die Wachstumsphase noch nicht endgültig abgeschlossen sei und deshalb bei Überbeanspruchung der verbliebenen Gelenke arthrotische Veränderungen befürchtet werden müssten. Falls die Beklagte bei ihrer ablehnenden Haltung verbleibe, wäre zunächst eine anderweitige Versorgung bis zu einer rechtskräftigen Gerichtsentscheidung erforderlich, wofür zusätzliche Kosten in ...