Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Zulässigkeit der Berufung. Beschwer. Abweisung der Klage als unzulässig unter Verstoß gegen § 123 SGG. Anwendungsbereich von § 140 SGG. Anforderungen an die Bezeichnung des Gegenstandes des Klagebegehrens. gesetzliche Unfallversicherung. Verletztenrente. MdE-Festsetzung. Funktionseinschränkungen aufgrund unfallbedingter Frakturen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Rechtsmittelführende sind beschwert, wenn die angefochtene erstinstanzliche Entscheidung hinter ihrem Begehren zurückbleibt, was auch der Fall ist, wenn unter Verstoß gegen § 123 SGG die Klage als unzulässig abgewiesen worden ist.

2. Die Bezeichnung des Gegenstandes des Klagebegehrens (§ 92 Abs 1 S 1 SGG) erfordert, dass Rechtsschutzsuchende, neben dem was sie mit der Klage verfolgen, den zugrunde liegenden Lebenssachverhalt nennen, womit noch nicht der Streitgegenstand im prozessrechtlichen Sinne gemeint ist.

 

Orientierungssatz

1. Der Anwendungsbereich von § 140 SGG ist nur eröffnet, wenn mit einer gerichtlichen Entscheidung ein erhobener Anspruch versehentlich ganz oder teilweise übergangen worden ist.

2. Zur MdE-Festsetzung bei Geltendmachung von unfallbedingten Funktionseinschränkungen im Bereich der linken Hüfte bei Versorgung mit einer Hüftgelenkstotalendoprothese, Einschränkungen im Bereich eines Ellenbogens, Beinlängendifferenz sowie angeführten Gesundheitsstörungen im Bereich der rechten Schulter und der Wirbelsäule und eines chronischen Schmerzsyndroms.

 

Normenkette

SGG §§ 86, 92 Abs. 1 Sätze 1, 3, §§ 123, 131 Abs. 2 S. 3, Abs. 3, §§ 140, 143; BGB § 133; SGB VII § 56 Abs. 2

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 27. November 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Gewährung einer Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 40 vom Hundert (v. H.) vom 8. Oktober 2012 bis 4. Dezember 2014.

Der 1939 geborene Kläger ist niederländischer Staatsangehöriger. Er bezieht eine Rente wegen Alters und übte als Ausbilder eine geringfügige Beschäftigung für die Malteser Hilfsdienst gGmbH aus. Er war auch im Schulfahrdienst eingesetzt. Am 11. April 2011 gegen 12:30 Uhr beförderte er als Mitfahrer mit einem Kollegen mittels eines Personenkraftwagens ein Kind mit körperlicher und geistiger Behinderung von der T.-Schule in F. zu dessen Wohnort. Auf der Fahrt kam es zu einem Frontalzusammenstoß mit einem anderen Kraftfahrzeug, wodurch sich der Kläger erheblich verletzte.

Nach dem Durchgangsarztbericht des Chefarztes der Chirurgischen Klinik II, Unfallchirurgie, Orthopädie und Endoprothetik des Klinikums F., Prof. Dr. W., wo der Kläger gegen 13 Uhr stationär aufgenommen wurde, wurden Frakturen des linken Schenkels, des Olecranons rechts und des Radiusköpfchens rechts und des zehnten Brustwirbelkörpers sowie ein abgeK.elter Hämatothorax diagnostiziert. Nach dem Entlassungsbericht von Prof. Dr. W. über den bis 9. Mai 2011 dauernden stationären Aufenthalt wurden Frakturen des medialen Schenkelhalses links mit Abriss des Trochanter majors, des Radiusköpfchens rechts und des Olecranon rechts diagnostiziert, hingegen nicht mehr eine Fraktur des zehnten Brustwirbelkörpers. Die Frakturen seien osteosynthetisch versorgt worden. Wegen der petrochantären Femurfraktur sei eine zementfreie Hüftgelenkstotalendoprothese implantiert worden. Der Trochanter major sei durch Drahtzerklage refixiert worden.

Während eines stationären Aufenthaltes vom 15. bis 22. November 2011 im Klinikum F. zeigte sich nach dem Entlassungsbericht von Prof. Dr. W. linksseitig eine zunehmende Schmerzhaftigkeit des Hüftgelenkes. Radiologisch sei eine Pseudarthrose des Trochanter majors links mit kranialer Dislokation und gerissener Drahtzerklage festgestellt worden. Zusätzlich seien eine knöcherne vollständige Konsolidierung des Ellenbogengelenkes rechts und osteosynthetisch versorgte Frakturen erkannt worden. Am 15. November 2011 sei ein operativer Eingriff vorgenommen worden. Bei den anschließenden regelmäßigen Verbandswechseln hätten sich stets reizlose und trockene Wundverhältnisse gezeigt.

Mit Schreiben vom 28. September 2012, welches mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war, teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie die Zahlung des Verletztengeldes mit Ablauf des 7. Oktobers 2012 einstellen wird. Nach Aktenlage sei mit dem Eintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben seien derzeit nicht zu erbringen. Die Zahlung des Verletztengeldes ende daher mit Ablauf der 78. Woche nach dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit.

Im November 2012 stellte sich der Kläger wegen anhaltender Beschwerden im Bereich des linken Hüftgelenkes in der Endoprothesensprechstunde der Berufsgenossenschaftlichen (BG-) Unfallklinik in T. vor. Bei der Röntgenkontrolluntersuchung zeigte sich ein Offset. Wegen der Indikation zur Revision wurde der Kläger dort stationär ...

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