Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosen- und Rentenversicherung. Beitragsbemessung. versicherungspflichtig Beschäftigter. Arbeitsentgelt. Bruttolohnanspruch. arbeitsgerichtliche Nettolohnklage
Leitsatz (amtlich)
Wenn ein Anspruch des versicherungspflichtig Beschäftigten auf eine Bruttovergütung entstanden ist, ist diese der Beitragsbemessung zugrunde zulegen, auch wenn der versicherungspflichtig Beschäftigte in einem arbeitsgerichtlichen Rechtsstreit nur den Nettolohnanspruch geltend gemacht hat.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. Februar 2007 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert für beide Rechtszüge wird endgültig auf € 3.944,62 festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin für den bei ihr beschäftigt gewesenen Beigeladenen zu 1) Beiträge zur Rentenversicherung (RV) und zur Arbeitslosenversicherung (AV) - einschließlich der Beiträge für die Umlage U 2 zur Durchführung des Ausgleichs der Arbeitgeberaufwendungen im Rahmen der Lohnfortzahlungen nach dem bis 31. Dezember 2005 geltenden § 14 Abs. 1 des Lohnfortzahlungsgesetzes (LFZG) - nachzuentrichten und Säumniszuschläge zu zahlen hat.
Der 1954 geborene Beigeladene zu 1) war vom 15. April 1991 bis 31. Oktober 1997 bei der Klägerin als “GDV-Ingenieur„ beschäftigt. Im Anstellungsvertrag vom 19. Oktober 1993 schlossen die Klägerin und der Beigeladene zu 1) folgende Vergütungsregelung (§ 3 Vergütung):
“1. Der Angestellte erhält jährlich 12 Monatsgehälter, derzeit in Höhe von DM 8.500,00 brutto. Dieses Gehalt wird für die Zeit vom 01.10.1993 an jeweils zum Monatsende auf ein vom Angestellten benanntes Konto überwiesen.
2. Der Angestellte erhält eine Tantieme in Höhe von 10 % v.H. des in der Handelsbilanz ausgewiesenen Jahresüberschusses vor Abzug der Tantieme und vor Abzug der ertragsabhängigen Steuern des Unternehmens. Die Tantieme beträgt jedoch höchstens DM 12.000,00 und mindestens DM 3.000,00 im Geschäftsjahr.
Die Tantieme ist einen Monat nach Feststellung des Jahresabschlusses fällig.
Im Jahr des Wirksamwerdens des gegenwärtigen Vertrages (1993) und im Jahr des Ausscheidens wird die Tantieme zeitanteilig gewährt. Sie wird einen Monat nach dem Zeitpunkt, in dem sie berechnet werden kann, fällig.
3. Mit den Zahlungen gemäß Ziff. 1 und 2 sind sämtliche Vergütungsansprüche des Angestellten abgegolten. Eine gesonderte Abrechnung und Bezahlung von Mehrarbeit, Sonn- und Feiertagsarbeit oder Überstunden findet nicht statt.
4. Über eine Anpassung des festen Monatsgehaltes (oben Ziff. 1) an die allgemeine wirtschaftliche Lage wird von der Unternehmensleitung zum 01. Juli eines jeden Kalenderjahres unter Berücksichtigung der geschäftlichen Entwicklung des Unternehmens entschieden; erstmals zum 01. 07.1994. Eine Unterschreitung des unter Ziff. 1 genannten Betrages wird ausgeschlossen.„
In § 9 Ziff. 1 des Anstellungsvertrags wurde zudem geregelt, dass Änderungen des Vertrags der Schriftform bedürfen. Das Bruttomonatsentgelt des Klägers betrug zuletzt (Mai 1997) DM 6.679,00. Das hieraus resultierende Netto-Entgelt belief sich unter weiterem Abzug von DM 78,00 (vermögenswirksame Leistungen ≪VWL≫) auf DM 3.848,00. Der auf die Klägerin entfallende und an den Beigeladenen zu 1) zu leistende Beitragsanteil zu dessen privater Kranken- und Pflegeversicherung betrug DM 222,59 und DM 40,45. Beiträge zur RV und zur AV wurden an die Beklagte als Einzugsstelle bis zum 22. Mai 1997 gezahlt.
Am 30. April 1997 kündigte die Klägerin das Arbeitsverhältnis fristgemäß zum 31. Oktober 1997 sowie anschließend außerordentlich am 22. Mai 1997. Im Anschluss an die außerordentliche Kündigung wurde der Beigeladene zu 1) von der Klägerin nicht weiterbeschäftigt. Die Klägerin zahlte an den Beigeladenen zu 1) für den Monat Mai 1997 anteilig DM 4.817,94 (brutto). Der Beigeladene zu 1) meldete sich am 23. Mai 1997 arbeitslos und bezog nach Ablauf der Sperrzeit ab dem 15. August 1997 Arbeitslosengeld. Das damalige Arbeitsamt L. meldete den Beigeladenen zu 1) aufgrund des Arbeitslosengeldbezuges ab dem 15. August 1997 zur Techniker Krankenkasse an und führte Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von DM 1.743,43, zur Pflegeversicherung in Höhe von 217,93 und zur RV in Höhe von DM 2.829,01 ab (Schreiben des damaligen Arbeitsamtes L. vom 26. August 2002). Bis zum 31. Oktober 1997 erhielt der Beigeladene zu 1) insgesamt DM 4.947,25 Arbeitslosengeld ausgezahlt. Darüber hinaus erzielte der Beigeladene zu 1) im Zeitraum Mai bis Oktober 1997 im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses als Programmierer bei der Firma G. eine monatliche Vergütung von DM 590,00 (brutto = netto). Nachdem das Arbeitsamt L. gegenüber der Klägerin wegen des gezahlten Arbeitslosengeldes einschließlich der abgeführten Sozialversicherungsbeiträge einen Erstattungsanspruch geltend gemacht hatte, befriedigte die Klägerin diesen Anspruch in voll...