Entscheidungsstichwort (Thema)

Soziales Entschädigungsrecht. Wehrdienstbeschädigung. Gewalttat. GdS-Feststellung. besondere berufliche Betroffenheit. frühzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben. Berufsschadensausgleich. ursächlicher Zusammenhang. keine Beweiserleichterung bei Ausscheiden vor dem 60. Lebensjahr

 

Orientierungssatz

1. Eine Höherbewertung des Grads der Schädigungsfolgen (GdS) aufgrund besonderer beruflicher Betroffenheit kommt grundsätzlich nur für die Zeit beruflicher Tätigkeit, also während des Erwerbslebens in Betracht (vgl BSG vom 12.12.1995 - 9 RV 9/95 = BSGE 77, 147 = SozR 3-3100 § 30 Nr 15).

2. Das Ende der beruflichen Tätigkeit kommt als Grund für die erstmalige Zuerkennung einer beruflichen Betroffenheit dann in Betracht, wenn es durch die Schädigungsfolgen erzwungen worden ist (hier verneint für die Folgen eines Wehrdienstunfalls sowie für die Folgen einer Gewalttat).

3. Nach der Rechtsprechung besteht eine Beweiserleichterung dergestalt, dass nach Erreichen des 60. Lebensjahres die Schädigungsfolgen schon dann für das vorzeitige Ausscheiden aus dem Erwerbsleben und einen dadurch eingetretenen Einkommensverlust als ursächlich anzusehen sind, wenn der Beschädigte sich zur vorzeitigen Erlangung einer Altersversorgung auf eine wesentlich durch Schädigungsfolgen bedingte Schwerbehinderung berufen muss (vgl BSG vom 18.5.2006 - B 9a V 6/05 R).

4. Diese Grundsätze lassen sich aber nicht auf ein Ausscheiden weit vor Vollendung des 60. Lebensjahres übertragen (vgl BSG vom 20.7.2005 - B 9a V 1/05 R).

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 16.03.2015; Aktenzeichen B 9 V 68/14 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 8. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt eine höhere Grundrente wegen besonderer beruflicher Betroffenheit (bbB) sowie Berufsschadensausgleich (BSA).

Der 1971 geborene Kläger absolvierte nach dem Hauptschulabschluss (Durchschnittsnote der Gesamtleistungen 2,3) von 1987 bis 1989 eine Ausbildung zur Dienstleistungsfachkraft im P. (Durchschnitt aus den Noten der Prüfungsfächer 3,3) und wurde zunächst als P. bis Dezember 1990 in das Beamtenverhältnis übernommen. Im Verlauf des sich vom 02.01. bis 31.12.1991 anschließenden Grundwehrdienstes erlitt der Kläger am 03.09.1991 einen Unfall, als er als behelmter Kraftrad(Krad)melder beim Versuch, einem Reh auszuweichen, mit seinem Krad gestürzt war. Bewusstlosigkeit hatte nicht bestanden, ebenso wenig Erbrechen und auch eine retrograde Amnesie war nicht nachweisbar. Der Kläger wurde von einem Kameraden in den Sanitätsbereich T. und anschließend zur stationären Behandlung in das Kreiskrankenhaus (KKH) T. gebracht (Sachverhaltsbericht vom 16.01.1992, Bl. 6 WDB-Akte, Befundbericht Dr. M., KKH T., vom 16.09.1991 Bl. 19 WDB-Akte).

Mit Bescheid vom 01.12.1992 anerkannte das Versorgungsamt K. auf der Grundlage eines zuvor bei Dr. B. eingeholten versorgungsärztlichen Gutachtens vom 26.11.1992 (Bl. 12 SVG B-Akten) als Wehrdienstbeschädigungsfolgen eine Bewegungsstörung des linken Schultergelenkes nach Muskelteilriss im Bereich der linken Schulter, einen Anriss des knorpligen Anteils der Gelenkpfanne, konservativ abgeheilt, sowie Kapselverkalkungen und stellte fest, dass sich eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in rentenberechtigendem Grade hieraus nicht ergebe (Bl. 31 SVG B-Akten). Auch das Wehrbereichsgebührnisamt S. lehnte den Antrag auf Beschädigtenversorgung ab, da die Schädigungsfolgen eine MdE um mindestens 25 vom Hundert (v. H.) nicht bedingten (Bescheid vom 17.03.1993, Bl. 38 WDB-Akte).

Nach Beendigung des Grundwehrdienstes setzte der Kläger ab Januar 1992 seine Tätigkeit bei der P. (bis 1994 D. B. P., ab 1994 D. AG) fort, wo er als P. in die Besoldungsgruppe A 4 aufstieg und zunächst im Außendienst bei der P., sodann ab 08.01.2001 im F. B. (vgl. Bl. 50, 52 LSG-Akte) und ab 01.08.2004 als B. in K. tätig war.

Am 26.08.2000 kam es zwischen dem Kläger und zwei weiteren Personen (H. W. und R. S.) zu einer Auseinandersetzung. Der maßgebliche Sachverhalt wurde im Berufungsurteil des Landgerichts K. vom 11.02.2003 (Geschäftsnummer: 11 Ns 25 Js 35463/01) wie folgt dargestellt (Bl. 32 ff. Schadensersatzakte § 81a):

“Der Nebenkläger O. G., der auf der Reitanlage des Angeklagten H. W. sein Pferd eingestellt hatte, befand sich mit seiner Freundin J. L. am frühen Morgen des 26.08.2000 in den Stallungen, um das Pferd für ein Turnier vorzubereiten. In der Putzhalle kam es zu einer verbalen Auseinandersetzung mit gegenseitigen Beleidigungen zwischen dem Nebenkläger und dem angeklagten R. S. Kurze Zeit später kam es vor der Reithalle zu einer erneuten verbalen Auseinandersetzung zwischen den beiden, bei der sich S. auf die Fußspitzen des G. stellte und dieser ihn wegschubste, so dass S. auf einen Blumenkübel fiel. Etwas später, kurz nach sieben Uhr, kam der Angeklagte W. auf den Parkplatz der Reitanlage gefahren und der Angeklagte S...

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