Entscheidungsstichwort (Thema)

gesetzliche Unfallversicherung. Beitragsrecht. Rechtmäßigkeit. Beitragsänderungsbescheid. nachträgliche Abänderung. früherer Beitragsbescheid. unrichtiger Lohnnachweis. keine Ermessensausübung. Auslegung

 

Orientierungssatz

Zur Rechtswidrigkeit von Beitragsänderungsbescheiden gem § 749 Nr 3 RVO und § 168 Abs 2 Nr 2 SGB 7 wegen Nichtausübung von Ermessen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 22.09.2009; Aktenzeichen B 2 U 2/08 R)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 11. November 2005 abgeändert.

Die Beitragsbescheide vom 19. Dezember 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2003 (betreffend die Jahre 1996, 1997, 1999 und 2000) werden aufgehoben.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Die Klägerin trägt 4/5 der Kosten, die Beklagte 1/5 der Kosten in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert wird auf 57.784,10 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Zuordnung zu den Gefahrklassen und die Höhe der Beiträge für die Jahre 1996 bis 2000 sowie für 2002.

Die Klägerin ist ein Malerbetrieb, der Arbeiten im Bereich Korrosionsschutz, Kunststoffbeschichtung, Sandstrahlreinigung, Gerüstbau und Betonsanierung durchführt. Bei einer Betriebsprüfung am 15.8.1996 betreffend die Jahre 1991 bis 1995 stellte der Prüfer fest, ca. 6 % der im Unternehmenszweig "Malerei" angefallenen Arbeiten entfielen auf Betonsanierungsarbeiten. Betonsanierung sei ab 1.1.1993 in den Veranlagungsbescheid aufzunehmen.

Mit Neuveranlagungsbescheid vom 10.10.1996 wurde neben den Unternehmenszweigen Nr. 40 03 12 Malerarbeiten aller Art (Gefahrklasse 4), Nr. 50 11 28 kaufmännisches und technisches Personal (Gefahrklasse 1,0), Nr. 50 02 10 Gerüstbau, Gerüstverleih (Gefahrklasse 10.0) auch der Unternehmenszweig Nr. 50 01 01 Hochbau aller Art mit der Gefahrklasse 8,5 veranlagt. Im Begleitschreiben vom 31.10.1996 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass die Entgelte der Betonsanierung unter dem neuen Unternehmenszweig Hochbau aller Art nachzuweisen seien.

Im Veranlagungsbescheid vom 4.3.1999, gültig ab 1.1.1999, wurde die Gefahrklasse für den Unternehmenszweig Gerüstbau, Gerüstverleih von 10,0 auf 10,5 angehoben.

Die Klägerin meldete im Jahreslohnnachweis 1998 vom 26.1.1999, dass von den insgesamt 112.561 geleisteten vollen Arbeitsstunden 5 149 auf Hochbau aller Art (Bruttolohn 116.556.- DM) entfielen. Für das Jahr 1996 erging der Beitragsbescheid am 21.04.1997, für das Jahr 1997 am 22.04.1998, für das Jahr 1998 am 16.04.1999, für das Jahr 1999 am 25.04.2000 und für das Jahr 2000 am 11.04.2001.

Anlässlich einer Betriebsprüfung am 28.11.2001, die Jahre 1996 bis 2000 betreffend, stellte der Betriebsprüfer fest, dass die Entgelte von 4 Meistern im gesamten Prüfungszeitraum zu 100 % in Gefahrklasse 1,0 nachgewiesen waren, im Jahr 2000 keine Löhne im Bereich Betonsanierung ausgewiesen waren und nicht alle Entgelte der Arbeitnehmer der Gerüstbauabteilung unter 10,5 nachgewiesen waren. Deswegen erfolgte in allen Jahren eine Umrechnung der Entgelte der Meister zu 25 % von Gefahrklasse 1,0 nach Gefahrklasse 4,0, des weiteren wurden in den Jahren 1998, 1999 und 2000 höhere Lohnsummen als bisher gemeldet im Bereich Gerüstbau festgestellt und schließlich wurde für das Jahr 2000 6 % der Gesamtleistung des Unternehmens - wie in den Jahren 1996 bis 1999 - in den Unternehmenszweig 50 01 01 (Hochbau aller Art-Betonsanierung) in Gefahrklasse 8.5 übernommen.

Mit Beitragsbescheiden vom 19.12.2001 forderte die Beklagte daraufhin von der Klägerin für 1996 noch DM 833,23, für 1997 DM 1.183,36, für 1999 DM 7.603,08, für 2000 DM 15.070,82 und nahm für 1998 eine Gutschrift über DM 533,57 vor. Insgesamt forderte sie auf Grund der Beitragskorrektur von der Klägerin DM 24.156,92 für die Jahre 1996 bis 2000.

Hiergegen legte die Klägerin am 13.2.2002 Widerspruch ein und machte geltend, die Lohnsummen für Gerüstbau und Betonsanierung - teilweise auch die von ihr in den Lohnnachweisen der jeweiligen Jahre gemeldeten - seien zu hoch angesetzt. Die Veränderungen beim Gerüstbau resultierten aus der Tatsache, dass Gerüstbauer auch Malerarbeiten verrichteten, die Lohnart 3 jedoch reine Gerüstbauarbeiten seien. Anstelle der von ihr gemeldeten Bruttolohnsummen in den Jahren 1996 bis 1999 seien in diesen Jahren bis einschließlich 2000 maximal 1000 Stunden pro Jahr mit einer Bruttolohnsumme von 26.000 DM für die Betonsanierung anzusetzen. Betonsanierungsarbeiten (Strahlen und Abspritzen) würden zu 90 % von Subunternehmern durchgeführt.

Gegen den Beitragsbescheid für 2002 vom 17.4.2003 legte die Klägerin am 25.4.2003 Widerspruch ein und führte u. a. aus, sie halte die separate Gefahrklasseneinteilung zwischen Malerarbeiten, Betoninstandsetzung und Gerüstbau, wie sie die Beklagte in ihrem Betrieb vorgenommen habe, nicht für gerechtfertigt. Die Versicherten würden wechselseitig beschäftigt, sodass auf die Tätigkeit abzustellen sei, deren arbeitsmäßiger Anteil übe...

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