Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Wegeunfall. weitere Unfallfolgen: dissoziativen Bewegungsstörung. chronische Schmerzstörung. Angststörung mit situationsbezogenen Ängsten. Einordnung der geltend gemachten Gesundheitsschäden in ein gängiges Diagnosesystem. Verletztenrente gem § 62 Abs 2 SGB 7. MdE in rentenberechtigender Höhe. Kniegelenkserkrankung mit leichter Bewegungseinschränkung und einer muskulär überwiegend kompensierbaren Instabilität
Orientierungssatz
1. Zum Nichtvorliegen einer dissoziativen Bewegungsstörung (ICD-10 F44.4) als weitere Unfallfolge, wenn nach der Durchführung elektrophysiologischer, elektroneurografischer und elektromyographischer Untersuchungen weder eine Nervenschädigung oder eine periphere Nervenkompression noch eine Muskelschädigung objektiviert werden konnte.
2. Zum Nichtvorliegen einer chronischen Schmerzstörung (ICD-10 F45.51) als weitere Unfallfolge, wenn keine objektiven Befunde vorliegen, die auf eine Schmerzstörung schließen lassen.
3. Zum Nichtvorliegen eines Anspruchs auf Verletztenrente auf unbestimmte Zeit (§ 62 Abs 2 SGB 7) mangels Vorliegens einer MdE in rentenberechtigender Höhe (hier: Kniegelenkserkrankung mit leichter Bewegungseinschränkung und einer muskulär überwiegend kompensierbaren Instabilität).
4. Liegen beim Versicherten keine Beeinträchtigungen im Sinne von depressiven Symptomen, Angstzuständen oder Verhaltensauffälligkeiten von Krankheitswert vor, ist eine Angststörung mit situationsbezogenen Ängsten (ICD-10-F43.2) nicht nachgewiesen.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 03.07.2019 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten steht noch die Gewährung von Verletztenrente über den 30.06.2015 hinaus und die Anerkennung weiterer Unfallfolgen im Streit.
Die 1964 geborene Klägerin war als Pflegesachverständige beim (MDK) sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
Am 25.06.2013 stürzte sie auf dem Heimweg von der Arbeit bei regennasser Fahrbahn auf Grund einer verkehrsbedingten starken Bremsung von ihrem Motorrad (Bl. 1 VA) und zog sich eine Gehirnerschütterung, eine Brust(BWS)- und Lendenwirbel(LWS)-Prellung, eine Partialruptur des hinteren Kreuzbandes (HKB) am linken Kniegelenk sowie eine Handprellung zu und wurde bis zum 02.07.2013 stationär in der BG Uklinik T (BGU) stationär behandelt (Bl. 5 f. VA). Die HKB-Partialruptur wurde konservativ mittels einer PCL-Jackorthese therapiert. Die Klägerin wurde weitgehend beschwerdefrei aus der stationären Behandlung entlassen. Der Heilverlauf gestaltete sich zunächst unauffällig (s. Zwischenberichte der BGU Bl. 15 f., 28 f., 37 f., 40 f., 55 f. VA).
Im Rahmen der Verlaufskontrolle am 18.09.2013 klagte sie (erstmals) über ein unsicheres Gefühl beim Gehen, Kraftverlust und ein Wegknicken des linken Beines (Bl. 69 ff. VA). Allerdings fanden sich keine Hinweise auf eine Nervenschädigung, Blutumlaufstörung, ein sensomotorisches Defizit oder eine Instabilität des Kniegelenkes (Bl. 71, 79, 94 VA). Im November 2013 wurde bei ihr eine traumatische Innenmeniskushinterhornläsion links diagnostiziert und arthroskopisch eine partielle Synovektomie und IM-HH-Teilresektion mit Plica -Resektion durchgeführt (Bl. 104 f. VA). Laut Zwischenbericht der BGU von Januar 2014 gestaltete sich der Heilungsverlauf zeitgemäß und die Beweglichkeit im Bereich des linken Kniegelenks wurde als frei beschrieben (0-0-135Grad, Bl. 111 f. VA). Der K führte den Innenmeniskusriss mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf den Unfall vom 25.06.2013 zurück (Bl. 138, 146 VA).
Auf Grund einer im November 2014 durchgeführten auffälligen MRT des linken Kniegelenks (Beurteilung: neu aufgetretene, leichtgradige Retropatellararthrose mit prä-/infrapatellarer Bursairritation , bei Zustand nach (Z.n.) geringgradiger Teilresektion unverändert residueller horizontaler Einriss des Innenmeniskus-Hinterhorns mit neu aufgetretener diskreter Meniskuszyste am Hinterhorn , Bl. 152 VA) wurde bei der Klägerin am 28.01.2015 eine erneute Arthroskopie in der Klinik W durchgeführt, wonach eine Innenmeniskusruptur bei Z.n. Innenmeniskusresektion am linken Knie ausgeschlossen, jedoch eine geringe kombinierte dorsolaterale Instabilität links bei Z.n. konservativ behandelter HKB-Ruptur, eine Chondromalazie Grad 3 laterales Tibiaplateau und eine Chondromalazie Grad 2 mediales Tibiaplateau beschrieben wurde (Bl. 160 f. VA). Auch im Anschluss daran gestaltete sich der postoperative Heilverlauf (zunächst) ungestört, es fanden sich lediglich leichte bewegungsabhängige Beschwerden, ohne Entzündungszeichen bei freier Beweglichkeit und das Verbleiben einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in rentenberechtigendem Ausmaß wurde ausgeschlossen (Bl. 176 VA). Ab Anfang März 2015 war die Klägerin - ihren eigenen Angaben nach - (zunächst) wieder arbeitsfähig, wurde jedoch wegen zunehmender Schmerzen Ende April 2015 seitens ihres Haus...