Verfahrensgang
SG Berlin (Beschluss vom 30.01.2004; Aktenzeichen S 67 U 335/93) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Ordnungsgeldbeschluss des Sozialgerichts Berlin vom 30. Januar 2004 aufgehoben.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen den in der mündlichen Verhandlung am 30. Januar 2004 ergangenen Beschluss des Sozialgerichts (SG), durch den ihm wegen unentschuldigten Fernbleibens zum Termin ein Ordnungsgeld von 150,- EUR, ersatzweise fünf Tage Ordnungshaft, auferlegt worden ist.
Die Beklagte hatte nach Einholung eines medizinischen Gutachtens durch Bescheid vom 11. April 2003 entschieden, dass dem Kläger ein Anspruch auf Rente wegen eines am 3. Dezember 1987 im Beitrittsgebiet erlittenen Arbeitsunfalls nicht zustehe, weil dieser keine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in rentenberechtigendem Grade hinterlassen habe. Den am 20. Mai 2003 eingegangenen Widerspruch des Klägers wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2003 wegen Versäumung der einmonatigen Widerspruchsfrist als unzulässig zurück.
Der Kläger hatte bereits mit am 11. Juni 2003 bei dem SG eingegangenen Schreiben vom 9. Juni 2003 Klage “wegen Untätigkeit bei der Erstellung eines Gutachtens” sowie wegen “Verdachts der direkten und indirekten Beeinflussung durch die BG – ungenaue Ausführung des Gutachtens” erhoben.
Nachdem der Kläger seine Klage aufrecht erhalten hatte, obwohl ihn das SG mit Schreiben vom 4. Dezember 2003 nachdrücklich zur Rücknahme der Klage aufgefordert hatte, beraumte das SG Termin zur mündlichen Verhandlung am 30. Januar 2004 an, zu dem das persönliche Erscheinen des Klägers unter Hinweis auf §§ 111 Abs. 1, 118 Abs. 3, 126 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angeordnet wurde. Mit einem tags zuvor bei dem SG eingegangenen Fax teilte der Kläger mit, er müsse den Termin aus gesundheitlichen Gründen absagen und werde einen Krankenschein nachreichen. Aus der Sitzungsniederschrift vom 30. Januar 2004 geht hervor, dass der Vorsitzende der 67. Kammer des SG am Sitzungstag gegen 7.45 Uhr mit dem Kläger über dessen Handy telefoniert hat. Dieser habe angegeben, auf dem Weg zum Arzt zu sein, es jedoch abgelehnt, Einzelheiten über die Art seiner Erkrankung mitzuteilen. Durch Urteil vom 30. Januar 2004 hat das SG die Klage abgewiesen und entschieden, dass dem Kläger Gerichtskosten in Höhe von 500,- EUR auferlegt werden.
Durch Beschluss vom 30. Januar 2004 hat das SG dem Kläger wegen unentschuldigten Fernbleibens zum Termin ein Ordnungsgeld von 150,- EUR, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden könne, fünf Tage Ordnungshaft auferlegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Aussage des Klägers in seinem am Abend vor der mündlichen Verhandlung beim Gericht eingegangenen Fax, er könne gesundheitsbedingt nicht zur Verhandlung erscheinen, sei in ihrer Pauschalität und Allgemeinheit nicht geeignet, eine aus gesundheitlichen Gründen bestehende Verhandlungsunfähigkeit zu begründen. Da der Kläger am Morgen des Sitzungstages offensichtlich in der Lage gewesen sei, das Haus zu verlassen und Termine wahrzunehmen, bestehe für das Gericht auch nach dem persönlichen Eindruck, den der Kläger am Telefon gemacht habe, keine Veranlassung, an seiner Verhandlungsfähigkeit zu zweifeln. In Anbetracht dieses Verhaltens des Klägers sei die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen ihn angezeigt, obwohl über die Klage in seiner Abwesenheit entschieden werden konnte. Hierbei sei entscheidend, dass die Durchführung der Verhandlung und Anwesenheit des Klägers “gerade das Erfordernis einer streitigen Entscheidung verhindern und eine einvernehmliche Regelung zwischen den Beteiligten ermöglichen” sollte. Durch sein Nichterscheinen zum Termin habe der Kläger “eine vom Gericht angestrebte einvernehmliche Lösung der Beteiligten” verhindert, der sich der Beklagtenvertreter nach seinen Äußerungen in der mündlichen Verhandlung nicht verschlossen hätte.
Mit am 24. Februar 2004 bei dem SG eingegangenen Schreiben vom 22. Februar 2004 hat der Kläger, der am 3. Februar 2004 bereits eine am 27. Januar 2004 ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Arztes für Allgemeinmedizin R… J… übersandt hatte, unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung dieses Arztes vom 19. Februar 2004, in der es heißt, er sei am 30. Januar 2004 aus gesundheitlichen Gründen nicht verhandlungsfähig gewesen, Beschwerde eingelegt.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landessozialgericht vorgelegt.
Entscheidungsgründe
Die gemäß §§ 172 Abs. 1, 118 Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 141 Abs. 3, 380 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) statthafte und gemäß § 173 Satz 1 SGG frist- und formgemäß eingelegte Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des SG vom 30. Januar 2004 ist zulässig.
Die Beschwerde ist auch begründet. Der Ordnungsgeldbeschluss war aufzuheben, weil die gesetzlichen Voraussetzungen für die Festsetzung eines Ordnungsgeldes nicht erfüllt sind und es für die hilfsweise angeordnete Ordnungshaft an einer gesetzlichen Grundlage fehlt.
Als Rechtsgrundlage für das v...