Entscheidungsstichwort (Thema)

Ein Anspruch des Hilfebedürftigen auf Zusicherung der Übernahme der Mietkaution ist ab Abschluss des Mietvertrags ausgeschlossen

 

Orientierungssatz

Die Einholung der Zusicherung der Übernahme der Mietkaution nach § 22 Abs. 6 SGB 2 hat verpflichtenden Charakter. Sie muss bis zum Abschluss des Mietvertrags eingeholt sein. Danach scheidet ihre Erteilung aus. Der Abschluss eines Mietvertrags lässt einen bis dahin unerfüllten Anspruch auf Zusicherung der Übernahme der Mietkaution untergehen und erledigt ihn in diesem Sinn. Ein erfolgreicher Mietvertragsschluss steht der Annahme entgegen, die angemietete Wohnung habe nicht ohne Zusicherung der Mietkaution gefunden werden können.

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 20. Mai 2020 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

 

Gründe

Die Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie ihr erstinstanzlich erhobenes Begehren weiter verfolgt, den Antragsgegner im Wege einer gerichtlichen Regelungsanordnung iSv § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu verpflichten, ihr eine Zusicherung zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die im Rubrum bezeichnete Unterkunft iSv § 22 Abs. 4 Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) bzw - bezogen auf die Mietkaution iHv 1.770,- € - iSv § 22 Abs. 6 SGB II zu gewähren, ist nicht begründet und war zurückzuweisen.

Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Fortführung des Eilrechtsverfahrens, soweit eine Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II im Streit steht, ist nicht ersichtlich. Nach dieser Vorschrift soll die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen, wobei der kommunale Träger zur Zusicherung verpflichtet ist, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind. Die Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II ist - anders als die Zusicherung für die so genannten Transaktionskosten nach § 22 Abs. 6 SGB II - keine Anspruchsvoraussetzung für die Übernahme der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, sondern hat lediglich eine vorbeugende Aufklärungs- und Wahnfunktion zwecks Abwendung einer erneuten Notlage des Hilfeberechtigten infolge einer nur teilweisen Übernahme der Unterkunftskosten (vgl Bundessozialgericht ≪BSG≫, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 10/06 R -, SozR 4-4200 § 22 Nr. 2, juris Rdnr. 27). Da die Prüfung der Angemessenheit der Unterkunftskosten im Zusammenhang mit dem späteren Bewilligungsbescheid erfolgen muss, ohne dass ein vorheriges Zusicherungsverfahren nach § 22 Abs. 2 SGB II durchgeführt worden ist, entfällt nach dem Umzug in die neue Wohnung - wie hier - das Rechtsschutzbedürfnis für eine gesonderte Zusicherung als vorgreifliche Teilregelung (vgl BSG, Urteil vom 6. April 2011 - B 4 AS 5/10 R - juris - Rn 15).

Hinzu kommt, dass das für die neue Unterkunft zuständige Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung auch für die Zeit ab 1. Mai 2020 iHv mtl 582,30 € bewilligt hat, so dass der tatsächlich zu zahlende Mietzins iHv mtl 590,- € gedeckt ist, weil die Antragstellerin die geringfügige Differenz (mtl 7,70 €) aus dem vorläufig auch in Höhe des Schutzbetrages einzusetzenden Einkommen iHv mtl 66,- € aufbringen kann. Ein Ausgleich kann ggf nach einer zusprechenden Entscheidung im Hauptsacheverfahren erfolgen.

Soweit die Antragstellerin eine Zusicherung für die Übernahme der Mietkaution erstrebt, fehlt es bereits an einem Anordnungsanspruch, und zwar ungeachtet dessen, dass für die Erteilung dieser Zusicherung nicht der Antragsgegner, sondern das Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg zuständig wäre. Gemäß § 22 Abs. 6 SGB II können Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; eine Mietkaution kann bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden (Satz 1). Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann (Satz 2). Eine Mietkaution soll als Darlehen erbracht werden (Satz 3). Bei der Zusicherung nach § 22 Abs. 6 SGB II handelt es sich, anders als bei der Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II zwar um eine Anspruchsvoraussetzung für die Übernahme von Wohnungsbeschaffungs- und Umzugskosten. Sie muss vom Leistungsberechtigten eingeholt werden, bevor er mit dem Vermieter bzw mit dem Umzugsunternehmen einen entsprechenden Vertrag abgeschlossen hat.

Während die...

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