Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Anspruch auf Mietschuldenübernahme bei Gewährung eines Zuschusses zu ungedeckten abgemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung für Auszubildende. Hinweispflicht der Behörde auf Möglichkeit des Zuschusses für Auszubildende
Orientierungssatz
Besteht ein Anspruch auf Leistungen nach § 22 Abs. 7 SGB II, ist die in § 22 Abs. 5 SGB II für die Übernahme von Mietschulden geforderte Voraussetzung, dass Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden, erfüllt.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 18. März 2009 aufgehoben. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, 1.516,73 Euro rückständiger Miete sowie die in dem Verfahren vor dem Amtsgericht Neukölln zum Geschäftszeichen bereits entstandenen Verfahrenskosten als Darlehen für die Antragstellerin unmittelbar an deren Vermieter, die Vg GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer C P R, zu zahlen.
Der Antragsgegner hat die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu erstatten.
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Landessozialgericht wird abgelehnt.
Gründe
Die zulässige Beschwerde hat Erfolg. Der Beschluss des Sozialgerichts, das abgelehnt hat, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zur Übernahme von Mietschulden zu verpflichten, erweist sich als unzutreffend.
Nach § 86b Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustanden in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.
Der Anordnungsanspruch ergibt sich aus § 22 Abs. 5 des Sozialgesetzbuches, Zweites Buch (SGB II). Nach dieser Vorschrift können, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden, auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft gerechtfertigt ist; sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht.
Die Antragstellerin ist so zu behandeln, als würden an sie Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht. Sie hat bei dem Antragsgegner am 4. Dezember 2008 die Gewährung eines Zuschusses zu ihren ungedeckten angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung für Auszubildende entsprechend § 22 Abs. 7 SGB II beantragt, und die Voraussetzungen für die Gewährung eines solchen Zuschusses sind - jedenfalls im Rahmen einer summarischen Prüfung - gegeben. Die Antragstellerin ist Auszubildende (entsprechend dem Berufsausbildungsvertrag vom 3. September 2007 für den Ausbildungsberuf einer Kosmetikerin), die - auch gegenwärtig noch - Berufsausbildungsbeihilfe gemäß den §§ 59ff des Sozialgesetzbuchs, Drittes Buch (SGB III) erhält. Dem Senat liegt mittlerweile - anders als noch dem Sozialgericht - der Bewilligungsbescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 18. März 2009 über Berufsausbildungsbeihilfe für die Zeit vom 1. März 2009 bis zum 31. August 2010 in Höhe von monatlich 231,- Euro vor.
Der Antragstellerin entstehen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 312,98 Euro monatlich (255,98 Euro Miete und 57,- Euro monatliche Vorauszahlung an die GASAG - die Wohnung ist mit einer Gasetagenheizung ausgestattet), die in vollem Umfang als angemessen anzusehen sind. Diese Aufwendungen sind teilweise ungedeckt. Für die Berechnung eines Zuschusses gemäß § 22 Abs. 7 SGB II ist nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats auf die den Bedarf eines Auszubildenden regelnde Vorschrift des § 65 SGB III zurückzugreifen, die ihrerseits auf § 13 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) verweist (Beschluss vom 22. Juni 2007 - L 14 B 633/07 - ; Beschluss vom 7. Februar 2008 - L 14 B 133/08 AS ER - ; anderer Ansicht insoweit aber LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 3. Juni 2008 - L 28 B 819/08 AS ER - ; Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 22 Rdnr. 123, die jeweils auf den nach dem SGB II bestehenden Bedarf zurückgreifen wollen). Die monatlichen Einnahmen der Antragstellerin aus Berufsausbildungsbeihilfe (231,- Euro), Ausbildungsentgelt (315,- Euro) und Unterhaltszahlungen der Mutter (107,85 Euro) reichen nur aus, um ihren nach § 65 SGB III bestehenden Bedarf abzudecken. Das ergibt sich aus der Berechnung der Berufsausbildungsbeihilfe vom 18. März 2009. Nach § 13 Abs. 2 und 3 BAföG werden Aufwendungen der Auszubildenden für eine Unterkunft aber lediglich in Höhe von bis zu 218,- Euro als Bedarf berücksichtigt. Um die verbleibende Lücke zwischen diesem im Rahmen von § 65 SGB III bereits berücksichtigen Betrag und den höheren tatsächlichen, aber angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 312,98 Euro zu schließen, hat die Antragstellerin Anspruch auf einen Zuschuss nach § 22 Abs. 7 SGB II, der vom Antragsgegner bereits (zutreffend) in Höhe von 94,98 Euro monatlich (gerundet: 95,- Euro) berechnet worden ist (vgl...