Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang einer gerichtlichen Überprüfung des vom Urkundsbeamten festgesetzten Gebührenvorschusses aus der Staatskasse in einem PKH-Verfahren
Orientierungssatz
1. Grundsätzlich ist vom bevollmächtigten Rechtsanwalt die endgültige Festsetzung der Vergütung nach Abschluss des Verfahrens abzuwarten. Dem im PKH-Verfahren beigeordneten Rechtsanwalt ist nach § 47 Abs. 1 RVG auf Antrag ein angemessener Vorschuss für die entstandenen Gebühren aus der Staatskasse zu bewilligen.
2. Hinsichtlich der Angemessenheit des Vorschusses ist nur eine eingeschränkte gerichtliche Überprüfung möglich. Nur dann, wenn die vom Urkundsbeamten im Vorschussverfahren bewilligte Vergütung wegen offensichtlicher Fehlerhaftigkeit als unvertretbar anzusehen ist, hat eine gerichtliche Korrektur zu erfolgen, sofern dem Bevollmächtigten ein Abwarten der endgültigen Vergütungsfestsetzung nicht zuzumuten ist.
Tenor
Die Erinnerung gegen den Kostenansatz der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 27. März 2019 wird zurückgewiesen.
Gründe
Die Erinnerung hat keinen Erfolg.
Nach § 47 Absatz 1 Satz 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) steht dem beigeordneten Rechtsanwalt bzw Rentenberater ein angemessener Vorschuss für die entstandenen Gebühren und die entstandenen und voraussichtlich entstehenden Auslagen aus der Staatskasse zu; gegen einen auf einen Vorschussantrag ergehenden Kostenfestsetzungsbeschluss ist unabhängig von einer Mindestbeschwer (vgl Hartung/Schons/Enders, 1. Auflage 2011, Rn 16 zu § 56 RVG) die Erinnerung nach § 56 Absatz 1 Satz 1 RVG möglich. Gemäß § 56 Absatz 2 Satz 1 RVG iVm § 33 Absatz 8 Satz 1 RVG ist die Berichterstatterin für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig.
Die Festsetzung des Vorschusses durch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) mit dem angegriffenen Beschluss vom 27. März 2019 ist nicht zu beanstanden. Der Erinnerungsführer hat keinen Anspruch gegen die Landeskasse auf Gewährung eines weiteren Vorschusses in Höhe von 110,08 €.
Die erfolgte Festsetzung des Vorschusses durch die UdG entspricht den Vorgaben des § 47 RVG. Zu einer anderen Beurteilung führt auch nicht die Begründung des Erinnerungsführers. Diese lässt außer Acht, dass es um einen Antrag auf Festsetzung eines Kostenvorschusses geht. Zwar kann der Prozessbevollmächtigte nach § 47 RVG einen angemessenen Kostenvorschuss für bereits entstandene Gebühren beanspruchen. Hinsichtlich der Frage, wie die Höhe dieses angemessenen Vorschusses zu bestimmen ist, ist jedoch nur eine eingeschränkte gerichtliche Überprüfung möglich. Bei der Entscheidung, welcher Vorschuss im Sinne des § 47 RVG angemessen ist, steht der UdG ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob bei der Vorschussfestsetzung von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen, gesetzliche Begriffe verkannt, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen worden ist. Ein derartiger Beurteilungsspielraum ist dem Kostenrecht nicht fremd, so wird dem Rechtsanwalt hinsichtlich der Höhe der einzelnen Gebühr grundsätzlich ein Spielraum (sogenannte Toleranzgrenze) von 20 vH zugebilligt (vgl BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R – juris – mwN aus der Rspr). Daher ist die von der UdG zu treffende Entscheidung unter Auswertung des Akteninhalts in einem ersten Schritt lediglich darauf zu überprüfen, ob die Gebühr bereits entstanden ist. Ist dies – wie hier – zu bejahen, steht hinsichtlich der Höhe der Gebühr der UdG ein weiter Beurteilungsspielraum zu. Nur wenn die Aufrechterhaltung einer vorgenommenen Gebührenfestsetzung im Vorschussverfahren hinsichtlich der Höhe wegen offensichtlicher Fehlerhaftigkeit schlechthin als unvertretbar anzusehen wäre mit der Folge, dass dem Erinnerungsführer ein Abwarten auf die endgültige Vergütungsfestsetzung nicht zuzumuten wäre, hat im gerichtlichen Erinnerungs- bzw Beschwerdeverfahren eine Korrektur zu erfolgen (vgl auch Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 8. November 2018 – L 1 SF 819/18 B – juris). Grundsätzlich ist die endgültige Festsetzung der Vergütung nach Abschluss des Verfahrens abzuwarten. Es liegt in der Natur eines Vorschussverfahrens, dass eine endgültige Bestimmung der Höhe der Gebühr nicht möglich und nach dem Regelungszweck des § 47 RVG auch nicht beabsichtigt ist und dies der endgültigen Festsetzung vorbehalten bleibt. Nach Abschluss des Rechtsmittelverfahrens kann die Höhe der Gebühren unter Berücksichtigung des gegebenenfalls noch entstehenden Aufwandes endgültig bestimmt werden.
Eine Überprüfung nach diesen Grundsätzen ergibt, dass die Festsetzung der Verfahrensgebühr in Höhe von drei Vierteln der Mittelgebühr nicht zu beanstanden ist. Der von der UdG festgesetzte Betrag hält sich innerhalb des zulässigen Beurteilungsspielraumes und ist nicht offensichtlich unvertretbar zu niedrig angesetzt.
Das Verfahren ist nach § 56 Absatz 2 Satz 2 RVG gebührenfrei. Kos...