Entscheidungsstichwort (Thema)
Festsetzung eines Kostenvorschusses für den im PKH-Verfahren beigeordneten Rechtsanwalt. Umfang einer gerichtlichen Überprüfung der Festsetzung des Urkundsbeamten
Orientierungssatz
Der Rechtsanwalt kann nach § 47 RVG einen angemessenen Kostenvorschuss für im sozialgerichtlichen Verfahren bereits entstandene Gebühren beanspruchen. Dem Urkundsbeamten steht bei der Höhe des Vorschusses ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Nur wenn die Höhe des bewilligten Vorschusses wegen offensichtlicher Fehlerhaftigkeit als unvertretbar anzusehen ist, kann eine Korrektur durch das Gericht im Erinnerungs- bzw. Beschwerdeverfahren erfolgen.
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 18. April 2018 wird zurückgewiesen.
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.
Gründe
I.
Die statthafte und zulässige Erinnerung (vgl. §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes RVG) ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Vergütung in nicht zu beanstandender Weise auf 305,79 Euro festgesetzt. Die erforderliche Beschwer und ein Rechtsschutzbedürfnis sind zu bejahen, obwohl die endgültige Festsetzung der Vergütung des Beschwerdeführers nach Abschluss des Klageverfahrens erfolgt. Denn § 47 RVG räumt dem Rechtsanwalt ausdrücklich einen Anspruch auf Gewährung eines angemessenen Vorschusses ein. Die Auszahlung eines höheren Vorschusses kann einen tatsächlichen Vorteil begründen. Davon zu trennen ist der Umfang der gerichtlichen Überprüfung der Vorschussfestsetzung.
Die erfolgte Festsetzung des Vorschusses auf 305,79 Euro entspricht den Vorgaben des § 47 RVG. Zu einer anderen Beurteilung führt auch nicht die Beschwerdebegründung des Beschwerdeführers. Das Sozialgericht hat die Verfahrensgebühr mit der Hälfte der Mittelgebühr und die Terminsgebühr in Höhe von 1/3 der Mittelgebühr festgesetzt. Die Beschwerdebegründung lässt außer Acht, dass es um einen Antrag auf Festsetzung eines Kostenvorschusses geht. Zwar kann der Prozessbevollmächtigte nach § 47 RVG einen angemessenen Kostenvorschuss für bereits entstandene Gebühren (hier also Verfahrens- und Terminsgebühr) beanspruchen. Hinsichtlich der Frage, wie die Höhe dieses angemessenen Vorschusses zu bestimmen ist, ist jedoch nur eine eingeschränkte gerichtliche Überprüfung möglich. Bei der Entscheidung, welcher Vorschuss im Sinne des § 47 RVG angemessen ist, steht der Urkundsbeamtin ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob bei der Vorschussfestsetzung von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen, gesetzliche Begriffe verkannt, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen worden ist (vgl. allgemein zum Beurteilungsspielraum BSG, Urteil vom 28. Juni 2017 - B 6 KA 28/16 R -, BSGE 123, 243-254; BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 P 3/08 R -, BSGE 105, 126-150;BVerwG, Beschlüsse vom 21. Juli 2011 - 1 WB 12.11 - BVerwGE 140, 384 und vom 4. Juli 2013 - 1 WDS-VR 15.13 - jeweils Juris). Ein derartiger Beurteilungsspielraum ist dem Kostenrecht nicht fremd, so wird dem Rechtsanwalt hinsichtlich der Höhe der einzelnen Gebühr grundsätzlich ein Spielraum (sogenannte Toleranzgrenze) von 20 v. H. zugebilligt (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R m.w.N., Senatsbeschluss vom 20. Juli 2018 - L 1 SF 1536/17 B -, Juris). Daher ist die von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle bzw. im Erinnerungsverfahren vom Sozialgericht zu treffende Entscheidung unter Auswertung des Akteninhalts in einem ersten Schritt lediglich darauf zu überprüfen, ob die Gebühr bereits entstanden ist. Wird dies bejaht, steht hinsichtlich der Höhe der Gebühr der Urkundsbeamtin ein weiter Beurteilungsspielraum zu. Nur wenn die Aufrechterhaltung einer vorgenommenen Gebührenfestsetzung im Vorschussverfahren hinsichtlich der Höhe wegen offensichtlicher Fehlerhaftigkeit schlechthin als unvertretbar anzusehen wäre mit der Folge, dass dem Beschwerdeführer ein Abwarten auf die endgültige Vergütungsfestsetzung nicht zuzumuten wäre, hat im gerichtlichen Erinnerungs- bzw. Beschwerdeverfahren eine Korrektur zu erfolgen. Grundsätzlich ist die endgültige Festsetzung der Vergütung nach Abschluss des Verfahrens abzuwarten. Es liegt in der Natur eines Vorschussverfahrens, dass eine endgültige Bestimmung der Höhe der Gebühr nicht möglich und nach dem Regelungszweck des § 47 RVG auch nicht beabsichtigt ist und dies der endgültigen Festsetzung vorbehalten bleibt. Nach Abschluss des Klageverfahrens kann die Höhe der Gebühren unter Berücksichtigung des gegebenenfalls noch entstehenden Aufwandes endgültig bestimmt werden.
Eine Überprüfung nach diesen Grundsätzen ergibt, dass die Festsetzung der Verfahrensgebühr in Höhe einer halben Mittelgebühr nicht zu beanstanden ist. Der Beschwerdeführer lässt außer Acht, dass in fünf Klageverfahren derselben Kläger...