Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe für Erinnerungsverfahren, sachlicher Anwendungsbereich der Vorschriften über die Prozesskostenhilfe, Zulässigkeit der Beschwerde, Bagatellfall
Orientierungssatz
Aus dem Umstand, dass das SG über die Erinnerung nach § 197 Abs 2 SGG endgültig entscheidet und damit eine Beschwerdemöglichkeit zum Landessozialgericht (LSG) nicht eröffnet ist, kann nicht zwingend geschlossen werden, dass auch die Beschwerde gegen den Beschluss nicht eröffnet ist, mit dem das SG die Gewährung von PKH unter Beiordnung eines Rechtsanwaltes für das Erinnerungsverfahren abgelehnt hat.
2.Die Gewährung von PKH soll nicht dazu führen, dass ein Unbemittelter Rechtsschutz in einer Form oder einem Umfang in Anspruch nimmt, die der Bemittelte sich bei Abwägung von Kosten und Nutzen versagen müsste oder würde. Zu berücksichtigen ist daher auch, ob ein Bemittelter in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte.
3.Liegt die wirtschaftliche Bedeutung des beim SG anhängigen Erinnerungsverfahrens im Bagatellbereich, ist die Bewilligung von PKH unter Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht gerechtfertigt.
Tenor
Der Antrag dem Kläger für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt E, T, B, beizuordnen, wird zurückgewiesen.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 15. Oktober 2010 wird zurückgewiesen.
Gründe
1. Der Senat legt die Beschwerdeschrift vom 03. November 2010 dahin aus, dass der Kläger (des abgeschlossenen Ausgangsverfahrens) zunächst beantragt hat, ihm Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung von Rechtsanwalt E für die Beschwerde gegen den im Tenor bezeichneten Beschluss des Sozialgerichts (SG) Berlin zu bewilligen. Dieser Antrag kann keinen Erfolg haben. Vielmehr ist Gewährung von PKH für die PHK-Beschwerde ausgeschlossen, weil das PKH-Verfahren schon keine “Prozessführung„ iS des § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) darstellt ≪vgl nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, RdNr 2b zu § 73a mwN≫, auf den § 73a Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verweist, so dass nichts anderes für das hierauf bezogene Beschwerdeverfahren gelten kann. Da die Gewährung von PKH für das PKH-Beschwerdeverfahren nicht in Betracht kommt, scheidet auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts für dieses Verfahren aus, da die Beiordnung nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs 2 1. Alt ZPO die Gewährung von PKH voraussetzt.
2. Die Beschwerde gegen den im Tenor bezeichneten Beschluss des SG Berlin, mit dem der Antrag des Klägers abgelehnt worden ist, ihm für die Erinnerung gegen den auf der Grundlage von § 197 Abs 1 SGG erlassenen Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 12. Februar 2010 PKH unter Beiordnung des benannten Rechtsanwalts zu gewähren, ist zulässig. Dem steht nicht entgegen, dass das SG über die Erinnerung nach § 197 Abs 2 SGG endgültig entscheidet und damit eine Beschwerdemöglichkeit zum Landessozialgericht (LSG) nicht eröffnet ist. Aus diesem Umstand kann nicht zwingend darauf geschlossen werden, dass auch die Beschwerde gegen den Beschluss nicht eröffnet ist, mit dem das SG die Gewährung von PKH unter Beiordnung eines Rechtsanwaltes für das Erinnerungsverfahren abgelehnt hat. Denn es gibt keinen Grundsatz, wonach im Nebenverfahren der PKH der Rechtszug nicht weiter reichen dürfe als im dazugehörigen “Hauptsacheverfahren„. Es kommt vielmehr darauf an, ob der Gesetzgeber die Beschwerde ausdrücklich ausgeschlossen hat. Dies ist nicht der Fall, da § 172 Abs 3 Nrn 1 bis 4 SGG keinen entsprechenden Ausschlussgrund enthalten, so dass es bei der durch § 172 Abs 1 SGG grundsätzlich eröffneten Statthaftigkeit der Beschwerde bleibt (vgl auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. August 2010 - 18 SF 172/10 B PKH, juris). Soweit die (entsprechende) Anwendung des Beschwerdeausschlusses aus § 127 Abs 2 ZPO für die vorliegende Konstellation teilweise befürwortet wird (Hessisches LSG, Beschluss vom 06. Juli 2009 - L 9 B 274708 AS, juris, worauf das SG in seiner Rechtsmittelbelehrung Bezug genommen hat), überzeugt dies aus den Erwägungen nicht, die einer Anwendung des § 127 Abs 2 ZPO im Geltungsbereich des § 172 Abs 1 SGG aus systematischen Erwägungen (auch und gerade nach der Änderung des § 172 Abs 3 Nr 1 SGG mit Wirkung vom 11. August 2010 durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 05. August 2010; BGBl I 1127) entgegen stehen (vgl ausführlich: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. Oktober 2010 - L 25 B 2246/08 AS PKH, juris; aA aber weiterhin LSG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 27. September 2010 - L 20 AS 16662/10 B PKH und 22. Dezember 2010 - L 34 AS 2182/10 B PKH, jeweils juris).
Die Beschwerde ist aber nicht begründet; die Bewilligung von PKH kommt jedenfalls in Ansehung des “Streitwertes„ (9,00 EUR ≪14,75 EUR abzüglich bereit festgesetzter 5,75 EUR≫ nebst 5 vH Zinsen) n...