Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren: Rechtswegzuständigkeit beim Streit um die Rückforderung überzahlter Sozialhilfe an einen Pflegeheimbetreiber. Beschwerde gegen die Verweisung an einen anderen Gerichtszweig. Öffentlich-rechtliche Streitigkeit. Schuldbeitritt. Akzessorietät. Kostenentscheidung. Streitwertfestsetzung

 

Orientierungssatz

Bei einem Rechtsstreit um die Rückzahlung überzahlter Sozialhilfeleistungen, die an einen Pflegeheimbetreiber ausgezahlt wurden, handelt es sich um einen Sozialrechtsstreit, für den die Zuständigkeit der Sozialgerichte begründet ist.

 

Normenkette

SGG § 51 Abs. 1 Nr. 6a, § 197a Abs. 1 S. 1; GVG §§ 13, 17 Abs. 2 S. 1, § 17b Abs. 2; SGB XII § 2 Abs. 1, § 9 Abs. 1

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 13. September 2012 aufgehoben.

Der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist zulässig.

Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die Beschwerde an das Bundessozialgericht wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Der Kläger begehrt als Träger der Sozialhilfe von der Beklagten, einem Träger eines Pflegeheimes, die Erstattung überzahlter Heimpflegekosten in Höhe von 2.329,71 Euro zzgl. Zinsen, die er für einen ehemaligen Bewohner der Beklagten nach dessen Ableben aus Mitteln der Sozialhilfe weiterhin an die Beklagte geleistet hatte. Nachdem die Beklagte eine Begleichung der Forderung des Klägers abgelehnt hatte, hat der Kläger am 18. November 2011 Klage beim Sozialgericht Berlin erhoben.

Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 13. September 2012 den Rechtsstreit an das Amtsgericht Pankow/Weißensee in Berlin verwiesen.

Gegen den am 27. September 2012 zugestellten Beschluss richtet sich die am 24. Oktober 2012 beim Landessozialgericht eingegangene Beschwerde, mit der sinngemäß beantragt wird,

den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 13. September 2012 aufzuheben und festzustellen, dass der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge des Klägers Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung geworden sind.

II.

Die nach § 17a Abs. 2, Abs. 4 Satz 3 GVG statthafte und auch sonst zulässige, insbesondere fristgerecht erhobene Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 13. September 2012 (Verweisung an das Amtsgericht Pankow/Weißensee) hat Erfolg.

Für die vorliegende Streitigkeit ist der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet.

Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden nach § 51 Abs 1 Nr. 6a SGG über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten (u.a.) in Angelegenheiten der Sozialhilfe. Nach § 13 GVG (i.d.F. durch das FGG-Reformgesetz vom 17.12.2008, BGBl I 2586, m.W.v. 1.9.2009) gehören vor die ordentlichen Gerichte die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die Familiensachen und die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Zivilsachen) sowie die Streitsachen, für die nicht entweder die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten begründet ist oder aufgrund von Vorschriften des Bundesrechts besondere Gerichte bestellt oder zugelassen sind.

Ob ein Rechtstreit öffentlich-rechtlicher oder bürgerlichrechtlicher Natur ist, richtet sich, wenn eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Dieser Grundsatz bestimmt die Auslegung sowohl von § 13 GVG (Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten) als auch von § 51 Abs. 1 SGG (Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit). Öffentlich-rechtlich sind nicht nur Streitigkeiten, die aus einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung entstehen. Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit kann auch auf einem Gleichordnungsverhältnis beruhen. Entscheidend ist die wahre Natur des Anspruchs, wie er sich nach dem klägerischen Sachvortrag darstellt, und nicht, ob dieser sich auf eine zivilrechtliche oder eine öffentlich-rechtliche Anspruchsgrundlage beruft (Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 10. Juli 1989 - Az: GmS-OGB 1/88 - veröffentlicht in: Juris). Von einem öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis ist daher dann auszugehen, wenn ein Träger öffentlicher Gewalt aufgrund eines ihm eingeräumten oder auferlegten Sonderrechts handelt (BSG vom 27. April 2010 - Az: B 8 SO 2/10 R - veröffentlicht in: Juris, m.w.N.).

Für die Rechtswegprüfung ist nicht erforderlich, dass sich die Streitigkeit als ausschließlich bürgerlich-rechtlich oder als ausschließlich öffentlich-rechtlich charakterisieren lässt. Für die Bejahung der Zulässigkeit des vom Kläger beschrittenen Rechtswegs reicht es vielmehr aus, wenn das Klagebegehren in einem Sachverhalt wurzelt, der jedenfalls kraft solcher Rechtsgrundlagen zu beurteilen ist, die in die (originäre) Rechtswegzuständigkeit des angerufenen Gerichts fallen. Trifft...

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