Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. zulässiger Rechtsweg. Klage eines ambulanten Pflegedienstes gegen Sozialhilfeträger wegen Verzugsschadensersatzes und Verzugszinsen aufgrund verspäteter Zahlungen für ambulant erbrachte Hilfe zur Pflege. sozialhilferechtliches Dreiecksverhältnis. Schuldbeitritt
Orientierungssatz
1. Für die Klage eines ambulanten Pflegedienstes gegen einen Sozialhilfeträger wegen Verzugsschadensersatzes und Verzugszinsen aufgrund verspäteter Zahlungen für ambulant erbrachte Hilfe zur Pflege, ist der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet.
2. Nach der Rechtsprechung des BSG erklärt der Sozialhilfeträger im Dreiecksverhältnis zwischen Hilfeempfänger, Sozialhilfeträger und Leistungserbringer mit der Übernahme der Kosten - hier für Pflegeleistungen - im Bewilligungsbescheid den Schuldbeitritt zur Zahlungsverpflichtung des Hilfebedürftigen gegenüber dem Leistungserbringer; "Übernahme" bedeutet in diesem Zusammenhang Schuldbeitritt durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung (vgl grundsätzlich: BSG vom 2.2.2010 - B 8 SO 20/08 R = Sozialrecht aktuell 2010, 199 und vom 28.10.2008 - B 8 SO 22/07 R = BSGE 102, 1 = SozR 4-1500 § 75 Nr 9).
Normenkette
SGG § 51 Abs. 1 Nr. 6a; GVG §§ 13, 17a Abs. 2, 4 S. 3, § 17b Abs. 2; SGB XII § 9 Abs. 1, § 2 Abs. 1
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 17. September 2012 aufgehoben.
Der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist zulässig.
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Die Beschwerde an das Bundessozialgericht wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger ist für die Pflegekassen und den Beklagten als Leistungserbringer nach Maßgabe des Rahmenvertrages gemäß § 75 Abs. 1 und 2 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - SGB XI - zur ambulanten pflegerischen Versorgung vom 15. November 2006 sowie der Vereinbarung nach § 93 Abs. 2 BSHG vom 04. Oktober1996 zwischen dem Kläger und dem Beklagten, deren Weitergeltung (entsprechend §§ 75 Abs. 2 Satz 1, 79 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch SGB XII) vereinbart worden ist, tätig.
Der Beklagte bewilligte dem Hilfeempfänger B mit Bescheid vom 6. Juni 2011 ambulante Leistungen der Hilfe zur Pflege für die Zeit vom 17. Juni 2009 bis zum 30. Juni 2011. Der Kläger hatte zuvor bereits die entsprechenden Leistungen für diesen Zeitraum erbracht. Der Kläger übersandte dem Beklagten Rechnungen für die in der Zeit von September bis Dezember 2009 erbrachten Leistungen mit Datum vom 20. Juni 2011, in denen er um Zahlung innerhalb von 14 Tagen ohne Abzug bat. Da der Beklagte die Rechnungen nicht beglich, mahnte der Kläger ihn mit Schreiben vom 27. Juli 2011 und mit weiterem anwaltlichen Schriftsatz vom 29. August 2011. Die Hauptforderung ging beim Kläger am 5. September 2011 ohne die geltend gemachten Verzugszinsen ein.
Mit Schreiben vom 13. September 2011 forderte der Kläger den Beklagten auf, binnen zwei Wochen die Kosten für die Beauftragung seines Rechtsanwaltes in Höhe von 359,50 Euro zu übernehmen sowie Verzugszinsen in Höhe von 34,50 Euro zu zahlen. Nach mehrmaligem Schriftwechsel lehnte der Beklagte die Zahlung der geltend gemachten Forderung endgültig ab.
Hiergegen hat der Kläger Klage zum SG Berlin erhoben, mit der er die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung eines Betrages von 400.- Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 359,50 Euro seit dem 17. November 2011 begehrt.
Das SG Berlin hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 17. September 2012 an das Amtsgericht Schöneberg verwiesen. Für die geltend gemachte Forderung sei der Rechtsweg zu den Sozialgerichten nicht eröffnet. Vielmehr gehöre der Rechtsstreit in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit, weil es sich um eine privatrechtliche Streitigkeit handele, die nicht in den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung oder Pflegeversicherung falle.
Dies ergebe sich aus der Ausgestaltung des Leistungserbringungsverhältnisses in Form des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses bei der Gewährung stationärer als auch ambulanter Leistungen. Der Hilfeempfänger schließe mit dem Leistungserbringer einen privatrechtlichen Vertrag über die Leistungserbringung. Gleichzeitig trete der Sozialhilfeträger der Schuld des Hilfeempfängers gegenüber dem Leistungserbringer bei. Durch den Schuldbeitritt in Form der kumulativen Schuldübernahme trete der Sozialhilfeträger als Gesamtschuldner in Höhe der bewilligten Leistungen an die Seite des Sozialhilfeempfängers. Da sich aufgrund des Schuldbeitritts nicht die Rechtsnatur des Anspruches zwischen dem Hilfeempfänger und dem Leistungserbringer ändere, sei auch dieser direkte Anspruch des Leistungserbringers - hier des Klägers - gegen den Sozialhilfeträger - hier Beklagter - privatrechtlicher Natur.
Der Kläger hat gegen den ihm am 1. Oktober 2012 zugestellten Beschluss am 5. Oktober 2012 Beschwerde eingelegt. Er ist der Auffassung, dass Rechtsgrundlage für den Schuldbeitritt des Beklagten die zwischen dem Beklagten und dem Kläger ab...