Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Anforderungen an die Begründung eines Antrages auf Überprüfung eines bestandskräftigen Verwaltungsaktes. Prozesskostenhilfe. hinreichende Erfolgsaussicht
Orientierungssatz
1. Im Rücknahmeverfahren nach § 44 SGB X gilt, dass die Behörde auf einer ersten Stufe zunächst zu prüfen hat, ob sie in eine erneute Sachprüfung eintreten muss, und zwar - mangels ausdrücklicher Regelung im SGB X - in entsprechender Anwendung von § 51 Abs. 1 VwVfG. Ergibt sich im Rahmen eines Antrages auf Zugunstenbescheid nichts, was für die Unrichtigkeit der Vorentscheidung sprechen könnte, darf sich die Verwaltung ohne jede Sachprüfung auf die Bindungswirkung berufen.
2. Wird ohne Darlegung konkreter Gründe die Überprüfung einer nicht benannten und daher nicht bestimmbaren Anzahl von Verwaltungsakten mit Verfügungssätzen begehrt, löst dies ohne weitere Mitwirkung des Klägers keine Verpflichtung der Behörde aus, von Amts wegen in die inhaltliche Prüfung einzutreten. Die Benennung pauschaler Stichworte, wie Abzug der Warmwasseraufbereitungskosten, Einkommensanrechnung oder ähnliches ist nicht ausreichend.
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 23. Februar 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht (SG) hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) zu Recht abgelehnt.
Nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG - in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung - ZPO - erhält ein Beteiligter auf Antrag Prozesskostenhilfe - PKH -, wenn er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder in Raten aufbringen kann und wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
Die vom Kläger im Verfahren der Hauptsache vor dem Sozialgericht Cottbus zum Aktenzeichen S 25 AS 544/11 erhobene Klage, mit der nach dem unter dem 09. Mai 2011 erstmals angekündigten Klageantrag die Verpflichtung des Beklagten zur Überprüfung von 11 (erstmals in dem Verfahren) benannten Bescheiden ab 10. Januar 2006 unter Aufhebung des die Überprüfung nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - SGB X - ablehnenden Bescheides des Beklagten, hat keine Aussicht auf Erfolg. Der Beklagte war zu einer inhaltlichen Prüfung der im Einzelnen nicht benannten Verwaltungsentscheidungen auf der Grundlage von § 44 SGB X nicht verpflichtet und durfte daher mit den angefochtenen Bescheiden den Antrag des Klägers ablehnen.
Hinsichtlich des Rücknahmeverfahrens nach § 44 SGB X gilt, dass die Behörde auf einer ersten Stufe zunächst zu prüfen hat, ob sie in eine erneute Sachprüfung eintreten muss, und zwar - mangels ausdrücklicher Regelung im SGB X - in entsprechender Anwendung von
§ 51 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) (ständige Rechtsprechung des BSG: vgl. Urteile vom 11.11.2003 - B 2 U 32/02 R - Juris; vom 3.2.1988 - 9/9a RV 18/86 = BSGE 63, 33; vom 28.1.1981 - 9 RV 29/80 = BSGE 51, 139 - jeweils m.w.N.). Ergibt sich im Rahmen eines Antrages auf Zugunstenbescheid nichts, was für die Unrichtigkeit der Vorentscheidung sprechen könnte, darf sich die Verwaltung ohne jede Sachprüfung auf die Bindungswirkung berufen (BSGE 63, 33 m.w.N.). Vorliegend durfte der Beklagte mangels entsprechenden Vorbringens des Klägers von einer Sachprüfung absehen, weil weder ersichtlich ist, welche Bescheide in welchem Umfang überprüft werden sollen, noch unter welchem Gesichtspunkt "im Einzelfall" (vgl. § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X) sich ein Rücknahmeanspruch des Klägers ergeben könnte. Der Kläger hat mit seinem Antrag nicht die Überprüfung eines Bescheides unter Darlegung konkreter Gründe geltend gemacht, sondern hat die Überprüfung einer nicht benannten und daher nicht bestimmbaren Anzahl von Verwaltungsakten mit Verfügungssätzen begehrt, nämlich die Nachprüfung eines Verwaltungshandelns überhaupt. Dies löst ohne weitere Mitwirkung des Klägers, die hier nicht erfolgt ist, keine Verpflichtung des Beklagten aus, von Amts wegen in die inhaltliche Prüfung einzutreten. Der Senat verweist auf die Entscheidung des LSG Berlin-Brandenburg vom 29.09.2011, L 29 AS 728/11, juris, (Bundessozialgericht - BSG - vom 14. März 2012, Aktenzeichen B 4 AS 239/11 B; vgl. auch: LSG Berlin-Brandenburg v. 22.11.2011, L 34 AS 2050/11 B, juris, Rn. 3 m.w.N.). Soweit das BSG mit Entscheidung vom 05. September 2006 (B 2 U 24/05 R, juris) die Auffassung vertreten hat, bei einer begehrten Überprüfung wegen falscher Rechtsanwendung (§ 44 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. SGB X) handele es sich um eine reine Überprüfung der Rechtsmäßigkeit der Entscheidung, zu der seitens des Klägers Gesichtspunkte nicht beigesteuert werden könnten und es dafür nicht auf die Benennung von Tatsachen ankommen könne, führt dies im...