Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Ordnungsgeld. Voraussetzungen der Anordnung des persönlichen Erscheinens und der Verhängung eines Ordnungsgeldes. Kostenentscheidung im Verfahren über die Beschwerde gegen einen Ordnungsgeldbeschluss
Leitsatz (amtlich)
Bleibt ein Beteiligter, dessen persönliches Erscheinen angeordnet war, dem Termin ohne rechtzeitige genügende Entschuldigung fern, so setzt die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen ihn voraus, dass zum einen die Anordnung des persönlichen Erscheinens unter Berücksichtigung des die Ermessensausübung leitenden Gesetzeszwecks geboten war und zum anderen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes die gebotene Reaktion auf das Ausbleiben darstellt.
Das Beschwerdeverfahren gegen einen Ordnungsgeldbeschluss ist ein selbständiges Zwischenverfahren, das einer eigenen Kostenentscheidung bedarf (entgegen BGH vom 12.6.2007 - VI ZB 4/07 = NJW-RR 2007, 1364 und BAG vom 20.8.2007 - 3 AZB 50/05 = NJW 2008, 252). Rechtsgrundlage für die Entscheidung über die Erstattung der außergerichtlichen Kosten ist nicht § 193 SGG, sondern der Rechtsgedanke aus § 46 Abs 1 OWiG iVm § 467 StPO, mittels dessen die planwidrige Lücke in der Prozessordnung geschlossen wird (Anschluss an BFH, st. Rspr, vgl Beschluss vom 7.3.2007 - X B 76/06 = BFHE 216, 500).
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 18. Mai 2009 aufgehoben.
Die Staatskasse hat dem Kläger die ihm im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I.
Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Auferlegung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 200,- €.
In der Hauptsache, einem seit Oktober 2007 anhängigen Klageverfahren gegen das Jobcenter Oberspreewald-Lausitz, ist die Aufhebung und Erstattung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) streitig. Zu einem für den 14. Mai 2009 anberaumten Erörterungstermin wurde der Kläger per Einwurfeinschreiben geladen; der Zusteller bestätigte mit seiner Unterschrift einen “Zustellversuch/Zustellung„ am 7. April 2009. Zum Termin erschien der Kläger, dessen persönliches Erscheinen angeordnet worden war, nicht. Lediglich eine Vertreterin der Beklagten fand sich zu dem Termin ein. Ausweislich der Niederschrift verband der Vorsitzende drei Verfahren zur gemeinsamen Erörterung, erörterte sodann den Sachverhalt mit den Erschienenen und wies darauf hin, dass gegen die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidungen im Hinblick auf höchstrichterliche Rechtsprechung keine ernsthaften Bedenken bestünden.
Mit Beschluss vom 18. Mai 2009 hat das Sozialgericht gegen den Kläger wegen unentschuldigten Nichterscheinens zum Termin ein Ordnungsgeld in Höhe von 200,- € festgesetzt. Zur Begründung des Beschlusses heißt es, der ordnungsgemäß geladene Kläger sei zum Termin nicht erschienen und habe sein Ausbleiben nicht entschuldigt. Sein persönliches Erscheinen sei angeordnet worden, weil dies zum Zwecke der Erörterung der Sach- und Rechtslage als geboten erschienen sei. Dadurch, dass er nicht erschienen sei, habe er dem Gericht erhebliche - nunmehr nutzlose - organisatorische Arbeit und Kosten verursacht. Außerdem verzögere sein Verhalten das gesamte Verfahren. Unter Beachtung des möglichen Rahmens von 5,- € bis 1.000,- € sei das auferlegte Ordnungsgeld von 200,- € als angemessen anzusehen, um den Kläger auf seine Pflichten ausdrücklich aufmerksam zu machen.
Gegen den ihm am 20. Mai 2009 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 18. Juni 2009 Beschwerde eingelegt und vorgetragen, er habe am Terminstag im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit eine Notfall-Teilebeschaffung vornehmen müssen, aufgrund derer er weder habe erscheinen noch rechtzeitig habe absagen können. Im Übrigen seien die Voraussetzungen für die Verhängung eines Ordnungsgeldes nicht erfüllt, weil sein Erscheinen zur Aufklärung des Sachverhalts nicht erforderlich gewesen sei. Das Gericht sei vielmehr schon vorher von der Aussichtslosigkeit der Klage überzeugt gewesen und habe eine Rücknahme angeregt. Sein Ausbleiben habe daran nichts geändert, das Verfahren also auch nicht ohne Not verzögert. Schließlich sei die Höhe des festgesetzten Ordnungsgeldes unangemessen, denn er habe eine bedürftige Lebensgefährtin und ein minderjähriges Kind zu versorgen.
Der Beschwerdegegner hält die Entschuldigung des Klägers für nicht ausreichend, teilt jedoch dessen Auffassung, dass sein Erscheinen für das Verfahren nicht förderlich gewesen wäre und es daher am Vorliegen der Voraussetzungen für die Verhängung eines Ordnungsgeldes gefehlt habe.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten zu diesem Verfahren und zu dem beim Sozialgericht Cottbus anhängigen Hauptsacheverfahren S 29 AS 1252/07 verwiesen, der Gegenstand von Beratung und Entscheidung gewesen ist.
II.
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss, mit welchem das Sozialgericht Cottbus gegen ihn ein Ordnungsgeld in Höhe von 200,- ...