Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung. einstweilige Anordnung, aufschiebende Wirkung. Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze
Orientierungssatz
1. Bei seiner Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung hat das Gericht zwischen dem privaten Interesse an der aufschiebenden Wirkung des eingelegten Rechtsbehelfs und dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes abzuwägen. Bestehen keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides, ist die Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen.
2. Versicherungsfreiheit in der Krankenversicherung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB 5 besteht dann, wenn das vom Antragsteller im maßgeblichen Kalenderjahr erzielte regelmäßige Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten hat. Im Rahmen eines fortbestehenden Beschäftigungsverhältnisses ist jede Unterbrechung ohne Rücksicht auf ihre Ursache unschädlich.
3. Ohne bestehende Versicherungspflicht gibt es keine Befreiung. Die Versicherung in einer substitutiven Krankenversicherung bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen führt nicht zur Versicherungsfreiheit. Eine Versicherungsfreiheit scheidet bei einer Erwerbstätigkeit im Ausland aus, weil es an einem zur Versicherungspflicht führenden Sachverhalt fehlt.
4. Die gesetzliche Regelung zur Befreiung von der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung ist verfassungsgemäß. Sie verstößt weder gegen das Grundrecht der Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG, noch ist eine Einschränkung der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG ersichtlich.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 30. Juli 2008 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch des Beschwerdeverfahrens nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruches gegen einen Bescheid der Antragsgegnerin, mit dem Versicherungspflicht unter anderem zur Kranken- und Pflegeversicherung ab 17. April 2007 festgestellt wurde.
Der im Juli 1973 geborene Antragsteller war vom 01. März 2003 bis 31. Mai 2005 bei der D GmbH beschäftigt, wobei er vom 01. Januar bis 31. Dezember 2004 ein Arbeitsentgelt von 49 740,00 € und vom 01. Januar bis 31. Mai 2005 ein Arbeitsentgelt von 20 517,00 € erzielte. Danach übte er vom 01. Juli 2005 bis 15. Februar 2006 eine Beschäftigung bei der J AG aus. Während dieser Beschäftigung bezog er vom 01. Juli bis 31. Dezember 2005 ein Arbeitsentgelt von 31 200,00 € und vom 01. Januar bis 15. Februar 2006 ein Arbeitsentgelt von 7 875,00 €. Vom 16. Februar bis 18. Juni 2006 war er arbeitslos und erhielt nach dem Ende einer verhängten Sperrzeit ab 11. Mai 2006 entsprechende Leistungen. Auf seinen Antrag hin befreite ihn die Knappschaft von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung für die Zeit des Leistungsbezuges der Agentur für Arbeit (Bescheid vom 23. Februar 2006). Aufgrund dieses Befreiungsbescheides entrichtete die Agentur für Arbeit Beiträge an die Hallesche Krankenversicherung. Nach einer selbständigen Erwerbstätigkeit vom 21. Juni bis 27. Dezember 2006 war der Antragsteller vom 01. Januar bis 16. April 2007 bei der Firma I in B tätig.
Zum 17. April 2007 nahm der Antragsteller erneut bei der D GmbH eine Beschäftigung auf. Nach § 2 Ziffer 2.3 des Arbeitsvertrages beträgt das Brutto-Jahresgehalt für das Jahr 2007 85 000,00 € und besteht aus einem festen Gehalt in Höhe von 75 000,00 € (monatlich 6 250,00 €), einer variablen Jahresprämie in Höhe von 10 000,00 € und einer Extraprämie in Höhe von 3 000,00 €. Die variable Jahresprämie ist vom Erfüllen bestimmter Kriterien abhängig. Die Extraprämie sollte nach dem Arbeitsvertrag noch definiert werden.
Nachdem bei der Antragsgegnerin am 01. Juni 2007 eine Meldung über Versicherungsfreiheit in der Kranken- und Pflegeversicherung eingegangen war, ermittelte sie unter anderem beim Antragsteller (Schreiben vom 13. Juni 2007). Da sich dieser unter Hinweis auf § 6 Abs. 9 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) weigerte, weitere Angaben über die Zeit vom 19. Juni 2006 bis 16. April 2007 zu machen und den Bescheid des Jahres 2000 über die Befreiung von der Krankenversicherungspflicht vorzulegen, erteilte die Antragsgegnerin den Bescheid vom 05. Juni 2008, mit dem sie ab 17. April 2007 unter anderem Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung feststellte. Es sei nicht belegt, dass das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt die jeweils maßgebende Jahresarbeitsentgeltgrenze in den Jahren 2004 bis 2006 überstiegen habe.
Dagegen legte der Antragsteller Widerspruch ein. Er verwies darauf, dass der Antragsgegnerin aufgrund der Meldungen zur Sozialversicherung die maßgebenden Arbeitsentgelte der Jahre 2004 bis 2006 bekannt sein dürften. Bereits seit 2000 sei er nicht mehr in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert. Am 02. Februar 2007 sei er ents...