Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenversicherung: Rückforderung von Arbeitslosenhilfe wegen Überschreitung der Wochenarbeitsgrenze einer kurzzeitigen Beschäftigung. Anforderungen an die Annahme einer Gelegentlichkeit der Überschreitung bei schwankendem Arbeitseinsatz. Annahme grober Fahrlässigkeit der Nichtmeldung einer Überschreitung bei Vertrauen eines Arbeitnehmers auf die entsprechende Meldung durch den Arbeitgeber
Orientierungssatz
1. Waren sich die Parteien eines Arbeitsvertrages bei Vertragsschluss darüber einig, dass es entgegen den Festlegungen zur Arbeitszeit im Arbeitsvertrag die wöchentliche Arbeitszeit die Grenze von 15 Stunden überschreiten konnte und im Bedarfsfall sollte (hier: schwankende Tätigkeit auf Abruf als Krankentransportfahrer), so kann nicht mehr von einer für die Ermittlung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosenhilfe unbeachtlichen kurzzeitigen Beschäftigung ausgegangen werden. Insoweit scheidet auch die Annahme einer Gelegentlichkeit der Überschreitung von vornherein aus.
2. Weiß ein Arbeitnehmer um die Überschreitung der für die Gewährung von Arbeitslosengeld relevanten Wochenarbeitsgrenze und verlässt sie sich auf die Aussage seines Arbeitgebers, dass dies mit der Arbeitsagentur geklärt sei, so handelt sie zumindest grob fahrlässig im Sinne des § 48 Abs. 1 S. 1 SGB 10.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 31. Januar 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Im Streit ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) in den Jahren 2001/2002 wegen einer von der Klägerin ausgeübten und nach Auffassung der Beklagten nicht nur geringfügigen Beschäftigung und die aus der Aufhebung der Bewilligung folgende Erstattung von Leistungen in Höhe von 8.376,47 Euro zzgl. der auf diese entfallenden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 1.857,56 Euro.
Die 1959 geborene Klägerin war langjährig als Kesselwärterin bei der Oer-S-Enersorgung beschäftigt. Das Beschäftigungsverhältnis endete aufgrund Aufhebungsvertrages zum 30. Juni 1994 aus betriebsbedingten Gründen unter Zahlung einer Abfindung. Ab 1. Juli 1994 war die Klägerin arbeitslos und bezog im Wesentlichen Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, unterbrochen durch eine Selbständigkeit vom 1. Februar 1996 bis 8. Januar 1997.
Aufgrund einer Beschäftigung im ABM-Programm als Bauhilfsarbeiterin (Aufräumarbeiten ) vom 18. Mai 1998 bis 17. Mai 1999 erwarb sie erneut einen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Das Arbeitslosengeld ab 18. Mai 1999 wurde - aufgrund einer Vergleichsbemessung mit dem vorangegangenen Leistungsbezug - nach einem Arbeitsentgelt von 776,01 DM und einem Bemessungsentgelt von 780,- DM wöchentlich in Leistungsgruppe B/1 mit einem Leistungssatz von 350,42 DM wöchentlich gewährt. Dieser Anspruch war mit dem 13. November 1999 erschöpft; im Anschluss erhielt die Klägerin noch bis 30. November 1999 Alhi.
Vom 1. Dezember 1999 bis 15. September 2000 war die Klägerin als Kellnerin in einer Pizzeria beschäftigt.
Auf ihre erneute Arbeitslosmeldung und ihren Leistungsantrag (Lohnsteuerklasse II zu Beginn des Jahres) bewilligte die Beklagte der Klägerin erneut Alhi vom 16. September 2000 bis zum Ablauf des folgenden Bewilligungsabschnittes am 14. November 2001. Die Bewilligung erfolgte nach der Leistungsgruppe B/1 zunächst nach dem bisherigen Bemessungsentgelt von 780,- DM (Arbeitsentgelt 776,01 DM) mit einem wöchentlichen Leistungssatz von 304,50 DM. Die zum 14. November 2000 vorgenommene (“negative„) Anpassung des Bemessungsentgeltes führte für die Zeit vom 14. November 2000 bis 14. November 2001 zu einem Bemessungsentgelt von nunmehr 760,- DM (Arbeitsentgelt 757,39 DM) und damit in Leistungsgruppe B/1 zu einem wöchentlichen Leistungssatz von 299,04 DM (Änderungsbescheid vom 27. November 2000).
Die Leistungsverordnung (LVO) 2001 führte ab 1. Januar 2001 zu einem wöchentlichen Leistungssatz von 305,27 DM (43,61 DM täglich) durch Änderungsbescheid vom 15. Januar 2001.
Auf den Weiterbewilligungsantrag (geschieden, Lohnsteuerklasse II) für den neuen Bewilligungsabschnitt ab 15. November 2001 bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 12. November 2001 Alhi für die Zeit vom 15. November 2001 bis 14. November 2002 in Leistungsgruppe B/1 nach einem Bemessungsentgelt von 750,- DM (Arbeitsentgelt 746,48 DM) mit einem wöchentlichen Leistungssatz von 302,26 DM.
Mit Änderungsbescheid vom 15. Januar 2002 setzte die Beklagte die LVO 2002 und die Währungsumstellung um; ab 1. Januar 2002 betrug der Leistungssatz in Leistungsgruppe B/1 wöchentlich 154,56 Euro auf der Grundlage eines Bemessungsentgeltes von 380,- Euro (Arbeitsentgelt 381,67 Euro).
Mit Bescheid vom 6. November 2002 bewilligte die Beklagte die Weiterzahlung von Alhi für den neuen Bewilligungsabschnitt vom 15. November 2002 bis 14. November 2003 nach den bisherigen Berechnungsgrößen...