Entscheidungsstichwort (Thema)
Frühere Wohnung. neue Bedarfsgemeinschaft. Bewilligung der laufenden Kosten der Unterkunft und Heizung durch einstweiligen Rechtsschutz
Orientierungssatz
1. Ebenso wie der laufende Bedarf an den Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gehört auch der laufende Bedarf an den Kosten der Unterkunft und Heizung zu den existentiell notwendigen Bedürfnissen der Grundsicherung. Deshalb kann der Antragsteller nicht darauf verwiesen werden, zunächst Mietrückstände auflaufen zu lassen und die Kündigung der Wohnung oder gar die Räumungsklage abzuwarten, bevor er sich mit einem Antrag auf Gewährung von vorläufigem Rechtsschutz an das Sozialgericht wendet. Damit ist der für den Eilrechtsschutz erforderliche Anordnungsgrund gegeben.
2. Im Gegensatz hierzu fehlt der notwendige Anordnungsgrund für die Bewilligung rückständiger Mietkosten durch einstweiligen Rechtsschutz; denn der maßgebliche Zeitraum liegt in der Vergangenheit. Deshalb sind schwere und unwiederbringliche Nachteile, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage sein könnte, nicht ersichtlich.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 18. Dezember 2008 geändert. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern für die Zeit vom 1. März 2009 bis zum 31. August 2009, längstens jedoch bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, vorläufig unter Zugrundelegung eines monatlichen Bedarfs in Höhe von 542,00 € für die sich aus dem Rubrum ergebende Wohnung weitere Kosten der Unterkunft und Heizung zu zahlen.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat den Antragstellern die außergerichtlichen Kosten des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens für beide Instanzen zu erstatten.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 18. Dezember 2008 ist gemäß §§ 172 Abs. 1, 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig. Mit ihr begehren die Antragsteller bei sachdienlicher Auslegung ihrer Ausführungen der Höhe nach die ihnen nunmehr durch den Senat im Wege der einstweiligen Anordnung zuerkannten Leistungen, allerdings in zeitlicher Hinsicht nicht nur für die Zeit vom 1. März 2009 bis zum 31. August 2009, über die der Antragsgegner inzwischen ebenfalls entschieden hat, sondern auch schon für die davor liegende Zeit ab dem 1. Dezember 2008. Über dieses Begehren hat das Sozialgericht auf der Grundlage des entsprechend auszulegenden Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auch vollumfänglich entschieden.
Die zulässige Beschwerde der Antragsteller erweist sich darüber hinaus in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch als begründet. Der angegriffene Beschluss ist unzutreffend, soweit den Antragstellern hiermit die ihnen nunmehr zuerkannten Leistungen versagt worden sind. Insoweit haben die Antragsteller nämlich sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch mit der für die Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht (§ 86 b Abs. 2 Satz 2 bis 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung - ZPO -).
Unter Beachtung des sich aus Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) ergebenden Gebots effektiven Rechtsschutzes erweist sich die Sache zunächst hinsichtlich der zuerkannten Leistungen als eilbedürftig. Denn den Antragstellern ist es insoweit nicht zuzumuten, eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzuwarten. Sie sind nach Lage der Akten nicht dazu in der Lage, die zuerkannten Leistungen selbst zu finanzieren oder sich auf sonstige Weise selbst zu helfen, benötigen diese Leistungen jedoch, um ihren laufenden Bedarf an den Kosten der Unterkunft und Heizung decken zu können. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts können die Antragsteller hinsichtlich dieses Bedarfs vor allem nicht darauf verwiesen werden, zunächst Mietrückstände auflaufen zu lassen und die Kündigung der Wohnung oder gar die Räumungsklage abzuwarten, bevor sie sich mit Erfolg mit einem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes an die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit wenden können. Denn ebenso wie der laufende Bedarf an den Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gehört auch der laufende Bedarf an den Kosten der Unterkunft und Heizung zu den existentiell notwendigen Bedürfnissen der Grundsicherung. Auch er fällt täglich neu an mit der Folge, dass - wird er nicht zeitnah gedeckt - dem Hilfebedürftigen wesentliche Nachteile im Sinne des § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG entstehen, die durch die Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht mehr vollständig beseitigt werden können.
Darüber hinaus ist hinsichtlich der nunmehr zuerkannten Leistungen auch ein Anordnungsanspruch zu bejahen. Er ergibt sich im Fall der Antragsteller bereits daraus, dass sie jedenfalls heute nicht mehr nach § 22 Abs. 1 Satz 2 des...