Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtswegzuständigkeit. Rechtsweg zur Verwaltungsgerichtsbarkeit. Zuwendung auf Grund der Landeshaushaltsordnung für Beratungsstellen und Straßensozialarbeit. Ablehnungsbescheid

 

Orientierungssatz

Eine Angelegenheit der Sozialhilfe gemäß § 51 Abs 1 Nr 6a SGG ist dann betroffen, wenn das streitige Begehren seine Grundlage im SGB XII findet. Lässt sich dies nicht klar ermitteln, ist danach zu fragen, ob das Begehren in engem sachlichen Zusammenhang zur Verwaltungstätigkeit der Behörden nach dem SGB XII steht. Hinreichende Sachnähe ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die Beteiligten über Rechtsfolgen aus der Anwendung sozialverwaltungsverfahrensrechtlicher Normen nach dem Zehnten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB X) streiten, sofern der Streitigkeit materiell Rechtsverhältnisse nach dem SGB XII zugrunde liegen.

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 28. Juni 2011 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird auf 116.605,-- € festgesetzt.

 

Gründe

I.

In der Hauptsache ist streitig, ob ein Bescheid des Beklagten vom 5. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2011 aufzuheben und der Beklagte zur Neubescheidung eines Antrags der Klägerin vom 15. September 2010 verpflichtet ist.

Die Klägerin ist eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung (gGmbH). In den zurückliegenden Jahren erhielt die Klägerin vom Beklagten Zuwendungen “auf der Grundlage der §§ 23, 44 LHO„ (Landeshaushaltsordnung Berlin) unter anderem für die Projekte “Kontakt- und Beratungsstellen M und F„ (im Folgenden - entsprechend den “Projektnummern„ des Beklagten - mit “P 006/009„ bezeichnet) und “Straßensozialarbeit an den Bahnhöfen L, H, A Platz, Fstraße und Z„ (im Folgenden “P 013„).

In der ersten Jahreshälfte 2010 wurde durch die Medien einer breiten Öffentlichkeit unter anderem bekannt, dass der damalige Geschäftsführer und Mitgesellschafter der Klägerin, E, einen Pkw “Maserati„ als Geschäftsfahrzeug nutzte und von der Klägerin eine Wohnung in einer ihr gehörenden Immobilie in C am S zu einem sehr günstigen Mietzins gemietet hatte. Dies führte neben Berichten in den Medien zu einer parlamentarischen Diskussion im Berliner Abgeordnetenhaus im besonderen über das Geschäftsgebaren der Klägerin und ihres Gesellschafters und Geschäftsführers E. Außerdem wurde die Klägerin zunächst aus dem Diakonischen Werk B-B-S O und dem Paritätischen Wohlfahrtsverband ausgeschlossen; hiergegen ist sie mit Erfolg gerichtlich vorgegangen, ohne dass bisher rechtskräftige Entscheidungen in der Hauptsache vorliegen.

Am 15. September 2010 stellte die Klägerin Zuwendungsanträge für die Projekte P 006/009 und P 013 betreffend das Kalenderjahr 2011. Den Antrag lehnte der Beklagte durch Bescheid vom 10. November 2010 ab. Der Klägerin sei bereits bei mehreren Gelegenheiten angekündigt worden, dass der Beklagte die Zusammenarbeit mit ihr nicht fortsetzen werde.

Gegen den Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein. Zugleich beantragte sie vor dem Sozialgericht Berlin, den Beklagten vorläufig zu verpflichten, zum einen sie vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Widerspruch gegen den Bescheid vom 10. November 2010 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden, zum anderen dem Beklagten bis dahin zu untersagen, Zuwendungen für die im Streit stehenden Projekte anderen Trägern der freien Wohlfahrtspflege zu gewähren (Az. S 47 SO 2643/10 ER). Nachdem der Beklagte die Rechtswegzuständigkeit der Sozialgerichte gerügt hatte, erklärte das Sozialgericht durch Beschluss vom 15. Dezember 2010 den Rechtsweg “zum Sozialgericht Berlin„ für zulässig. Hiergegen legte der Beklagte Beschwerde ein (Az. LSG Berlin-Brandenburg L 23 SO 14/11 B ER). Durch weiteren Beschluss vom 16. Dezember 2010 verpflichtete das Sozialgericht den Beklagten einstweilig zur Neubescheidung des Antrags vom 15. September 2010 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts und lehnte den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutz im übrigen ab. Auch hiergegen legte der Beklagte Beschwerde ein (LSG Berlin-Brandenburg L 23 SO 240/10 B ER), beschied die Klägerin jedoch durch den Verwaltungsakt vom 5. Januar 2011 neu und erneut ablehnend. Die Beteiligten erklärten dieses Verfahren daraufhin übereinstimmend für erledigt. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 15. Dezember 2010 verwarf das Landessozialgericht durch Beschluss vom 21. März 2011 als unzulässig. Das Rechtsschutzbedürfnis sei entfallen, nachdem sich das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erledigt habe.

In einem weiteren Verfahren (ursprünglich SG Berlin S 51 SO 2/11 ER) begehrte die Klägerin dann, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen zwei Bescheide des Beklagten vom 23. Dezember 2010 herzustellen, durch denen anderen juristischen Personen für das Kalenderj...

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