Entscheidungsstichwort (Thema)

Erledigung des Rechtsstreits nach Erhebung einer Untätigkeitsklage. Prozesskostenhilfe. Hinreichende Erfolgsaussicht. Erteilung eines Widerspruchsbescheids. Realakt. Einseitige Erledigungserklärung. Annahme eines Anerkenntnisses. Prozesshandlung. Klagerücknahme. Rechtsschutzbedürfnis. Fortsetzungsfeststellungsklage. Berechtigtes Interesse. Wiederholungsgefahr

 

Orientierungssatz

1. Ist eine Untätigkeitsklage erhoben und ergeht ein Bescheid, der dem Widerspruch stattgibt, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären. Gibt der Kläger eine solche Erklärung nicht ab, so ist die Klage als unzulässig abzuweisen, weil ein Rechtsschutzbedürfnis nicht mehr gegeben ist.

2. Ergeht nach einer erhobenen Untätigkeitsklage ein ungünstiger Widerspruchsbescheid, so ist die Hauptsache vom Kläger ebenfalls für erledigt zu erklären oder er kann die Klage zurücknehmen. Er kann aber auch innerhalb der Klagefrist des § 87 Abs. 1 SGG zur Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage übergehen. Macht der Kläger davon keinen Gebrauch und wird die Untätigkeitsklage weiterverfolgt, so ist sie mangels eines Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abzuweisen.

3. Zur Zulässigkeit einer Untätigkeitsklage ist die Stellung eines Sachantrags erforderlich. Ohne einen solchen Sachantrag ist die Untätigkeitsklage wie jede andere Klage unzulässig.

4. Hat der Kläger keinen Anspruch nach § 123 SGG erhoben und will er die Abweisung seiner Klage als unzulässig vermeiden, so kann er durch entsprechende Prozesserklärung die Hauptsache beenden. Dafür bedarf es keiner Entscheidung durch das Gericht.

 

Normenkette

SGG § 73a Abs. 1 S. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1, § 88 Abs. 1 S. 3, Abs. 2, § 101 Abs. 2, §§ 123, 131 Abs. 1 S. 3; ZPO § 114 Abs. 1 S. 1

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 14. Mai 2014 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass sich der Rechtsstreit durch angenommenes Anerkenntnis erledigt hat, hilfsweise die Feststellung, dass der Beklagte seinen Widerspruch ohne unzureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden hat.

Mit Bescheid vom 8. August 2012 gewährte der Beklagte dem Kläger und seiner mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebender Ehefrau auf deren Antrag Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. September 2012 bis 28. Februar 2013 vorläufig in Höhe von 426,33 Euro monatlich.

Dagegen legten der Kläger und seine Ehefrau am 16. August 2012 Widerspruch ein, mit dem sie Leistungen in gesetzlicher Höhe nach dem SGB II begehrten.

Am 19. November 2012 hat der Kläger beim Sozialgericht Cottbus Untätigkeitsklage erhoben und beantragt, den Beklagten zu verurteilen, auf den Widerspruch des Klägers vom 16. August 2012 gegen den Bewilligungsbescheid vom 8. August 2012 eine Entscheidung zu erlassen.

Nachdem der Beklagte zunächst mitgeteilt hatte, dass es ihm bisher aufgrund langanhaltenden hohen Arbeitsaufkommens nicht möglich gewesen sei, über den Widerspruch zu entscheiden, wies er sodann mit Widerspruchsbescheid vom 19. März 2013 den Widerspruch als unbegründet zurück.

Der Beklagte hat gemeint, damit dürfte der Rechtsstreit erledigt sein.

Der Kläger hat erklärt, er nehme das Anerkenntnis des Beklagten ausdrücklich an. Einer Umdeutung der Annahme- in eine Erledigungserklärung werde ausdrücklich widersprochen. Zugleich hat er beantragt, dass der Beklagte die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens in vollem Umfang zu erstatten hat.

Der Beklagte hat sich dem Grunde nach zur Übernahme der notwendigen außergerichtlichen Kosten bereit erklärt.

In der mündlichen Verhandlung am 14. Mai 2014 hat der Kläger unter Vorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt.

Der Kläger hat beantragt,

im Wege des Prozessantrages festzustellen, dass der Rechtsstreit durch angenommenes Anerkenntnis gemäß § 101 Abs. 2 SGG erledigt wurde,

hilfsweise festzustellen, dass der Beklagte den Bescheid des Klägers vom 16. August 2012 gegen den Bewilligungsbescheid vom 8. August 2012 ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden hat.

Mit Beschluss vom 14. Mai 2014 hat das Sozialgericht den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt: Die Klage habe zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife am 14. Mai 2014 keine Aussicht auf Erfolg gehabt. Zur Begründung hat es auf sein Urteil vom selben Tag verwiesen.

Im Urteil vom 14. Mai 2014, mit dem die Klage abgewiesen worden ist, hat das Sozialgericht ausgeführt: Die Klage sei sowohl im Hauptantrag als auch im Hilfsantrag bereits unzulässig. Der Rechtsstreit sei nicht durch angenommenes Anerkenntnis gemäß § 101 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beendet gewesen. Ein angenommenes Anerkenntnis setze voraus, dass ein Beteiligter einen prozessualen Anspruch durch eine Prozesserklärung gegenüber dem Gericht anerkenne und der andere Beteiligte das Anerkenntnis durch eine Prozesserklärung gegenüber dem Gericht annehme. ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge