Entscheidungsstichwort (Thema)
Fortführung des Verfahrens bei Streit über die Wirksamkeit eines angenommenen Anerkenntnisses, eines Vergleichs bzw. einer Klagerücknahme
Orientierungssatz
1. Erteilt der Beklagte nach Erhebung einer Untätigkeitsklage den damit geltend gemachten Widerspruchsbescheid, so sieht die Vorschrift des § 88 Abs. 1 S. 3 SGG vor, dass der Kläger daraufhin die Hauptsache für erledigt erklärt. Gibt der Kläger eine solche Erledigungserklärung nicht ab und nimmt er die erhobene Untätigkeitsklage nicht zurück, so ist die Klage als unzulässig abzuweisen.
2. Besteht Streit darüber, ob ein angenommenes Anerkenntnis, ein Vergleich oder eine Klagerücknahme wirksam ist, so ist das Verfahren fortzuführen und bei Wirksamkeit des angenommenen Anerkenntnisses, des Vergleichs oder der Klagerücknahme durch Urteil festzustellen, dass der Rechtstreit durch angenommenes Anerkenntnis, durch Vergleich oder durch Klagerücknahme bzw. durch einseitige Erledigungserklärung beendet ist.
Tenor
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 21. März 2014 aufgehoben.
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt der Entscheidung im Hauptsacheverfahren vorbehalten.
Gründe
I.
Die Klägerin begehrt unter Fortführung des Klageverfahrens die Feststellung, dass das Verfahren durch angenommenes Anerkenntnis in der Hauptsache erledigt ist.
Mit Bescheid vom 20. Juni 2011 gewährte der Beklagte der Klägerin und ihren mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Kindern auf deren Antrag Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. August 2011 bis 31. Januar 2012 in Höhe von 718,50 Euro monatlich.
Dagegen legten die Klägerin und ihre Kinder am 23. Juni 2011 Widerspruch ein, mit dem sie den in Ansatz gebrachten Regelsatz und die Kosten der Unterkunft und Heizung beanstandeten. Die Regelbedarfe seien auf verfassungswidrige Weise ermittelt worden.
Am 23. September 2011 hat die Klägerin beim Sozialgericht Cottbus Untätigkeitsklage erhoben und beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, auf den Widerspruch der Klägerin vom 23. Juni 2011 gegen den Bescheid vom 20. Juni 2011 eine Entscheidung zu erlassen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30. September 2011 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Der Beklagte hat gemeint, damit dürfte der Rechtsstreit in der Sache erledigt sein.
Die Klägerin hat erklärt, sie nehme das durch Erlass des erbetenen Bescheides konkludent erklärte Anerkenntnis des Beklagten an. Zugleich hat sie beantragt, dass der Beklagte die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten hat.
Der Beklagte hat sich dem Grunde nach zur Übernahme der notwendigen außergerichtlichen Kosten bereiterklärt. Er hat außerdem, da er die beanspruchten Kosten für unangemessen gehalten hat, nur 57,12 Euro als zu erstattende Kosten anerkannt.
Am 25. Februar 2014 hat die Klägerin die Fortführung des Verfahrens beantragt. Der Vorsitzende der so genannten Kostenkammer gehe in seiner Entscheidung über die eingelegte Erinnerung davon aus, dass kein Anerkenntnis vorliege und die Erklärung der Klägerin bezüglich der Annahme dieses Anerkenntnisses damit ins Leere gehe. Damit sei das Verfahren in der Hauptsache noch nicht erledigt.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, dass das Verfahren durch angenommenes Anerkenntnis in der Hauptsache erledigt ist.
Mit Beschluss vom 21. März 2014 hat das Sozialgericht entschieden: Der Antrag der Klägerin festzustellen, dass der Rechtsstreit durch angenommenes Anerkenntnis erledigt ist, wird als unzulässig verworfen. Zur Begründung ist ausgeführt, der Antrag stelle trotz seines Wortlauts keinen Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens in der Hauptsache dar, denn auch die Klägerin gehe ersichtlich davon aus, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache nach zwischenzeitlicher Erteilung des begehrten Bescheides beendet sei. Dafür spreche neben der prozessbeendenden Erklärung auch der damit verbundene Kostenantrag. Soweit die Klägerin somit lediglich die Feststellung einer konkreten Beendigungsart begehre, stelle dies einen prozessualen Annexantrag nach Beendigung des Rechtsstreits in der Hauptsache dar, für den die Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) über das Verfahren im ersten Rechtszug keine Anwendung fänden und deshalb darüber allenfalls durch Beschluss zu entscheiden sei. Der Feststellungsantrag sei unzulässig, denn ihm fehle das erforderliche Feststellungsinteresse. Es sei weder dargetan noch sonst auch nur ansatzweise ersichtlich, aus welchen Gründen die Klägerin ein Interesse an der Feststellung einer bestimmten Erledigungsart haben sollte. Im Gegenteil würde sich das Kostenrisiko der Klägerin mit der Feststellung erhöhen, weil dann ihr Bevollmächtigter zusätzlich eine Terminsgebühr beanspruchen würde. Dies zeige, dass es allein um die Vergütungsansprüche des Bevollmächtigten gehe. Hierauf komme es jedoch nicht an, denn maßgebend sei allein ein - hier fehlendes - Interesse der Klägerin an der begehrten Feststel...