Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Zuständigkeits- und Beitragsbescheid des Unfallversicherungsträgers. Kostenprivilegierung eines Unternehmers nach § 183 S. 1 SGG. Bestimmung des Gegenstandswertes einer Klage über die Mitgliedschaft eines Unternehmers bei einer Berufsgenossenschaft

 

Orientierungssatz

1. Die kostenrechtliche Privilegierung des § 183 S. 1 SGG setzt voraus, dass eine in dieser Vorschrift genannte Person in dieser jeweiligen Eingenschaft am Verfahren teilnimmt.

2. Nicht in ihrer Eigenschaft als Versicherte oder Leistungsempfänger am Verfahren beteiligt sind Personen, die sich als Adressaten von Zuständigkeitsbescheiden einer Berufsgenossenschaft gegen diese zur Wehr setzen oder Beitragsbescheide anfechten, durch die sie in ihrer Eigenschaft als Unternehmer zur Zahlung von Beiträgen zur gesetzlichen Unfallversicherung verpflichtet werden (vgl. Hess. LSG, Beschluss vom 17. Dezember 2004 - L 3 U 78/04 -; LSG für das Land Brandenburg, Beschluss vom 29. Dezember 2004 -L 7 B 124/04 U ER-).

3. Durch einen Zuständigkeitsbescheid des Unfallversicherungsträgers wird allein die Unternehmereigenschaft des Adressaten begründet und geregelt, nicht jedoch dessen Status als Versicherter. Die Versicherteneigenschaft entsteht kraft Gesetzes (hier: gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII). Sie ist deshalb nicht Regelungsgegenstand eines Zuständigkeitsbescheides.

4. Das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der Aufhebung des Verwaltungsaktes, der die Beitragserhebungen nicht nur rückwirkend ab 1995, sondern auch für die Zeiten nach dem Erlass des Zuständigkeitsbescheides ausschließt, rechtfertigt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Beschluss vom 27. August 1981 - 2 RU 67/77), der sich der Senat angeschlossen hat (ua. Urteile vom 25. August 2005 - L 3 U 51/04 - und - L 3 U 55/04 -), den Ansatz des achtfachen durchschnittlichen Jahresbeitrags.

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 28. September 2005 aufgehoben.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Der Streitwert wird auf 240 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger ist als Mitglied einer Erbengemeinschaft Miteigentümer des bei dem Amtsgericht Königs Wusterhausen im Grundbuch von P Grundbuchblatt …, Flur … Flurstück … eingetragenen 2940 qm großen Grundstücks. Mit am 20. Februar 2004 bei dem Sozialgericht Berlin (SG) eingegangenen Schreiben erhob er Einspruch gegen den Widerspruchsbescheid der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Berlin vom 13. Februar 2004, durch den die von ihm für die Erbengemeinschaft eingelegten Widersprüche gegen den

- Zuständigkeitsbescheid vom 14. Dezember 2000,

- Beitragsbescheid für die Umlagen 1995 bis 1999,

- “Haftungsbescheid vom 12. September 2000„ (gemeint ist wohl das Mahnschreiben vom 12. September 2002) und

- den Beitragsbescheid für die Umlage 2002 vom 19. Mai 2003

zurückgewiesen wurden. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 14. Januar 2005 ist für die Beklagte, die aufgrund fusionsbedingter Gesamtrechtsnachfolge den Rechtsstreit weiter betrieben hat, die Erklärung abgegeben worden, sie werde bei der Naturschutzbehörde nachfragen, ob es sich bei dem streitgegenständlichen Flurstück um ein sogenanntes Totalreservat handele und, wenn dies der Fall sei, die Beitragsbescheide rückwirkend ab 1995 aufheben. Im Hinblick auf diese Erklärung hat der Kläger die Klage in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

Der Vorsitzende der zuständigen Kammer des SG hat am 18. Januar 2005 in den Akten vermerkt, es handele sich um keine Streitigkeit im Sinne von § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG), da Versichertenstatus und Beitragspflicht zusammenfielen und der Kläger somit auch wegen seines Versichertenstatus im Sinne von § 183 SGG geklagt habe. Daraufhin wurde eine Pauschgebühr gemäß §§ 184, 186 SGG in Höhe von 75 Euro von der Beklagten erhoben.

Mit Schriftsätzen vom 23. Juni 2005 legte die Beklagte gegen die erhobene Pauschgebühr Erinnerung ein und beantragte den Erlass einer Kostengrundentscheidung sowie die Festsetzung des Streitwertes. Da weder sie noch der Kläger zu den in § 183 SGG genannten Personen gehörten, seien die Kosten gemäß § 197a SGG nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) zu erheben. Es fänden nicht §§ 184 bis 195 SGG, sondern §§ 154 bis 162 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) Anwendung. Da die Klage zurückgenommen worden sei, habe der Kläger gemäß §§ 197a SGG, 155 Abs. 2 VwGO die Gebühren des sozialgerichtlichen Verfahrens zu tragen.

Das SG hat durch Beschluss vom 28. September 2005 entschieden, die Beteiligten hätten einander keine Kosten zu erstatten und der Antrag auf Festsetzung des Streitwertes werde abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, der Anwendungsbereich des § 197a SGG sei nicht eröffnet. Zwischen den Beteiligten sei die Frage streitig gewesen, ob der Kläger ein nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 a Sozialgesetzbuch Siebentes Buch (SGB VII) pflichtversicherter land- / forstwirtschaftlicher Unternehmer sei. Da e...

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