Entscheidungsstichwort (Thema)
Bindungswirkung eines gerichtlichen Verweisungsbeschlusses
Orientierungssatz
1. Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, so spricht das Gericht dies nach Anhörung der Parteien von Amts wegen aus und verweist den Rechtstreit nach § 17a Abs. 1 S. 2 GVG zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs. Der Beschluss ist für das Gericht, an das der Rechtstreit verwiesen worden ist, hinsichtlich des Rechtswegs nach Abs. 1 S. 3 bindend.
2. Die Bindungswirkung gilt im Interesse des verfassungsrechtlich zu gewährenden effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG und einer möglichst zügigen sachlichen Entscheidung grundsätzlich und regelmäßig unabhängig von der Verletzung prozessualer oder materiell-rechtlicher Vorschriften.
Normenkette
GVG § 17a Abs. 1 Sätze 2-3, Abs. 2 S. 3, Abs. 4 S. 3; SGG § 172 Abs. 1, § 202; GG Art. 19 Abs. 4, Art. 3 Abs. 1
Tenor
Auf die Beschwerden der Beteiligten wird der Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 19. Mai 2016 aufgehoben.
Eine weitere Beschwerde zum Bundessozialgericht wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger begehrt die Rückzahlung überzahlter Anwaltsvergütung in Höhe von 57,12 € nebst Zinsen von dem als Rechtsanwalt tätigen Kläger.
Nach einem Kostengrundanerkenntnis durch den Kläger in dem Verfahren des Sozialgerichts C S beantragte der Beklagte zunächst die Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 166,60 €, später in Höhe von 285,60 €. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss des Sozialgerichts C vom 6. Februar 2012 wurden die an dem Beklagten zu erstattenden Kosten auf 114, 24 € nebst 5 % über dem Basiszinssatz festgesetzt. Diesen Betrag zahlte der Kläger an den Beklagten.
Nachdem gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 6. Februar 2012 sowohl von dem Kläger als auch von dem Beklagten jeweils Erinnerung eingelegt wurde, wurde mit Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 5. Juli 2012 der Erstattungsbetrag endgültig auf insgesamt 57,12 € festgesetzt.
Anschließend hat der Kläger den Beklagten vergeblich zur Rückzahlung des zu viel gezahlten Erstattungsbetrages in Höhe von 57,12 Euro aufgefordert und schließlich am 18. Dezember 2014 Klage bei dem Amtsgericht L (S) auf Zahlung erhoben.
Das Amtsgericht L (S) hat mit Beschluss vom 2. März 2015 den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit gemäß § 17a Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) an das Sozialgericht C verwiesen. Es handele sich bei dem Erstattungsanspruch um ein Annex-Verfahren zu dem ehemals anhängigen Sozialrechtsstreit als Folge des dortigen Kostenfestsetzungsverfahrens. Gegen diesen Beschluss des Amtsgerichts L(S) wurde eine Beschwerde nicht eingelegt.
Das Sozialgericht C hat seinerseits mit Beschluss vom 19. Mai 2016 den beschrittenen Rechtsweg zu den Sozialgerichten für unzulässig erklärt und beantragt, das zuständige Gericht zu bestimmen. In § 51 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sei die Zuständigkeit der Sozialgerichte abschließend geregelt. Danach sei die Sozialgerichtsbarkeit für Verfahren vorliegender Art nicht zuständig. Damit habe sich das Amtsgericht nicht auseinandergesetzt und seine Entscheidung sei daher unmaßgeblich. Das Bundessozialgericht sei zur Bestimmung des zuständigen Gerichts entsprechend § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGG berufen, da die Kompetenz von Gerichten verschiedener Rechtswege im Streit sei.
Gegen den dem Kläger am 17. Juni 2016 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 1. Juli 2016 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Beschwerde eingelegt. Zwar gehe er im Einvernehmen mit dem Sozialgericht von einer Zuständigkeit des Amtsgerichts für Rechtsstreitigkeiten der vorliegenden Art aus. Aus diesem Grund sei auch dort die Klage erhoben worden. Dies sei jedoch nach einer erfolgten Verweisung durch das Amtsgericht unerheblich, weil der Beschluss des Amtsgerichts über die Zuständigkeit das andere Gericht (in diesem Fall das Sozialgericht) binde und daher eine erneute Unzuständigkeitserklärung und Weiterverweisung grundsätzlich nicht möglich sei. Etwas anderes komme allenfalls dann in Betracht, wenn die Verweisung willkürlich erfolgt oder elementare Verfahrensgrundsätze missachtet worden seien. Solche schwerwiegenden Fehler enthalte der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts aber nicht.
Auch der Beklagte hat gegen die ihm am 16. Juni 2016 zugestellte Entscheidung des Sozialgerichts am 11. Juli 2016 Beschwerde eingelegt und sieht eine Verweisung durch das Amtsgericht selbst dann als bindend an, wenn diese rechtswidrig erfolgt sein sollte.
II.
Die Beschwerden sind statthaft.
Nach § 172 Abs. 1 SGG findet gegen Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist.
Vorliegend ist ein solcher Ausschluss der Beschwerde gegen Unzuständigkeitserklärungen nach § 17a Abs. 2 GVG durch das Gesetz nicht ersichtlich.
Zwar hat das Bundessozialgericht in seinem Beschluss vom 27....