Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Überschreitung der Angemessenheitsgrenze. Verschiebung der Kürzung der Unterkunftskosten nach Kostensenkungsaufforderung auf das Jahr 2008. Betriebskosten- bzw Heizkostennachzahlung für das Jahr 2007

 

Leitsatz (amtlich)

Betriebskostennachzahlungen, welche einen Zeitraum betreffen, in welchem der Leistungsträger auch unangemessene Kosten iS des § 22 Abs 1 SGB 2 zu übernehmen hatte, sind Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs 1 S 1 SGB 2, auch wenn die laufenden Kosten nicht mehr voll zu tragen sind.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 06.04.2011; Aktenzeichen B 4 AS 12/10 R)

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Im Streit steht ein Anspruch auf Erstattung der Kosten einer Betriebskostenabrechnung.

Laut Mietvertrag vom 6. März 1998 hatte die Klägerin für ihre Wohnung eine als Kostenmiete bezeichnete Nettokaltmiete von 870,45 DM zu zahlen zuzüglich einer Betriebskosten- und Warmwasserkostenumlage in Höhe von 87,05 DM. Nach § 6 Nr. 9 des Mietvertrages sollte bei Heizungsanlagen, die mit der zentralen Warmwasserversorgungsanlage verbunden seien, die Aufteilung der Kosten der Versorgung mit Wärme und Warmwasser entsprechend den gesetzlichen Vorschriften erfolgen. Die Wohnung verfügt über einen eigenen strombetriebenen Warmwassererzeuger. Die Klägerin hat deshalb ihrem Vermieter keine Zahlungen für Warmwasser zu leisten. Aus den Betriebskostenabrechnungen ergibt sich, dass die Heizkosten zu 50% als Grundkosten nach dem Quadratmeteranteil der Wohnung und zu 50% “„ nach Verbrauch (Stricheinheiten) berechnet werden.

In ihrem ersten Antrag auf Bewilligung von Arbeitslosengeld II vom 6. November 2004 gab die Klägerin die Höhe der aktuell anfallenden Miete mit 445,00 € sowie 44,04 € Heizkostenpauschale und 44,07 € monatlich Nebenkosten an.

Aufgrund der Erklärung über die Erhöhung der Betriebskostenvorauszahlungen des Vermieters vom 6. November 2005 erhöhten sich die Betriebskostenvorauszahlungen von bislang 44,51 € auf 78,00 € pro Monat. Die Vorauszahlungen für die Heizung betrugen statt 44,51 € nunmehr 41,00 €. Die Grundmiete blieb mit 445,00 € unverändert.

Der Beklagte wies die Klägerin mit Schreiben vom 19. Juni 2006 darauf hin, dass ihre Miete die Richtwerte nach den Berliner Ausführungsvorschriften zur Ermittlung angemessener Kosten der Wohnung (AV-Wohnen) überstiegen. Die Beklagte wies mit Antwortschreiben vom 29. Juni 2006 darauf hin, das sie sich selbständig gemacht habe und im Wohnbereich einen Arbeitsplatz mit ca. 10 m² eingerichtet habe.

Mit Schreiben vom 12. Juli 2006 mit der Überschrift “Bescheid über die Absenkung der Kosten für Unterkunft„ teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass die Kosten in bisheriger Höhe nur bis 31. Januar 2007 anerkannt und übernommen würden.

Die Klägerin erhob am 15. August 2006 Widerspruch. Sie habe aufgrund ihrer Berufstätigkeit einen erhöhten Bedarf an Fläche. Sie teile sich auch mit einer andern im Haus tätigen Freiberuflerin Fax, Kopierer und Internetanschluss, was Kosten einspart. Mit Widerspruchsbescheid vom 26. September 2006 wies der Beklagte diesen Widerspruch zurück. Die Wohnung koste bruttowarm 564,06 €. Angemessen sei nach der AV-Wohnen nur eine Bruttowarmmiete von 360,00 €. Selbst wenn 10 m² des Arbeitsbereiches berücksichtigt würden, entspräche dies einer anteiligen Miete von nur 94,91 €. Die Kosten für Wohnung beliefen sich dann immer noch auf 466,80 €. Die Klägerin nahm die dagegen erhobene Klage (Sozialgericht Berlin S 107 AS 9778/06) zurück, nachdem ihr das Sozialgericht (SG) mitgeteilt hatte, es liege kein anfechtbarer Verwaltungsakt vor.

Der Beklagte bewilligte ihr mit Bescheid vom 22. Dezember 2006 insgesamt 884,05 € Arbeitslosengeld II monatlich für den Zeitraum 1. Februar 2007 bis 31. Juli 2007 sowie mit weiterem Bescheid vom selben Tag für die Zeit vom 1. August 2007 bis 31. Oktober 2007.

Mit Änderungsbescheid vom 23. Februar 2007 sprach das JobCenter für den Monat März 2007 insgesamt 1.297,78 € zu, davon anerkannte Kosten für Unterkunft und Heizung 968,78 € zu sowie für 1. April 2007 bis 31. Juli 2007 insgesamt 884,05 € monatlich, darin anerkannte monatliche Kosten für Unterkunft und Heizung 555,05 €. Grund für die erhöhte Zahlung im März war die Übernahme der Betriebskostenabrechnung 2005. Aufgrund der eingereichten Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2006 bewilligte der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 19. Juni 2006 für den Monat Juni 2007 1.593,16 € sowie für den Monat Juli 2007 886,05 €. Für Juli 2007 wurden dabei 555,05 € als zustehende Kosten für Unterkunft und Heizung berücksichtigt.

Unter dem 19. Juli 2007 übersandte der Beklagte der Klägerin erneut ein Anhörungsschreiben zur Überschreitung der Brutto-Warmmieten nach der AV-Wohnen.

Mit Mitteilungsschreiben vom 9. Juli 2007 teilte das JobCenter mit, dass die tatsächlichen Aufwendungen nur noch für...

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