Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Prozesskostenhilfeverfahren. beigeordneter Rechtsanwalt. Vertretung mehrerer Streitgenossen. uneingeschränkte Prozesskostenbewilligung für einen der Streitgenossen. Anspruch auf volle Gebühr. kein Zuschlag nach Nr 1008 RVG-VV

 

Leitsatz (amtlich)

Ist einem Streitgenossen ohne Einschränkung Prozesskostenhilfe bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet worden, der auch weitere Streitgenossen vertritt, dann hat der beigeordnete Rechtsanwalt gegen die Staatskasse einen Vergütungsanspruch in Höhe der vollen Gebühren, jedoch ohne den Zuschlag nach Nr 1008 VV RVG (juris: RVG-VV) für die Vertretung der weiteren Streitgenossen.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 19. August 2016 geändert. Die dem Antragsteller aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung wird auf 380,80 € festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten steht die Höhe des Vergütungsanspruchs eines im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalts in Streit.

Der als Rechtsanwalt zugelassene Antragsteller stellte am 11. März 2015 im Namen eines Ehepaars einen gegen das Jobcenter Berlin Spandau gerichteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (). Zugleich stellte er den Antrag, ihn im Wege der Prozesskostenhilfe sowohl dem Ehemann, als auch der Ehefrau beizuordnen. Mit Beschluss vom 23. April 2015 lehnte das Sozialgericht den auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichteten Antrag und den auf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gerichteten Antrag des Ehemanns (mangels hinreichender Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung) ab. Dem Prozesskostenhilfegesuch der Ehefrau gab es statt.

Mit Schriftsatz vom 7. Mai 2015 stellte der Antragsteller den Antrag, die ihm aus der Landeskasse für das unter dem Aktenzeichen registrierte Verfahren zu zahlende Vergütung wie folgt festzusetzen:

Verfahrensgebühr

Nr. 3102 VV RVG

300,00 €

Post-/Telekommunikationspauschale

Nr. 7002 VV RVG

20,00 €

Zwischensumme

320,00 €

Umsatzsteuer

Nr. 7008 VV RVG

60,80 €

Gesamtbetrag

380,80 €

Mit Beschluss vom 18. Juni 2015 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Berlin die Vergütung, die der Antragsteller aus der Landeskasse für das unter dem Aktenzeichen registrierte Verfahren beanspruchen kann, wie folgt fest:

Verfahrensgebühr

Nr. 3102, 1008 VV RVG

390,00 €

Post-/Telekommunikationspauschale

Nr. 7002 VV RVG

20,00 €

Umsatzsteuer

Nr. 7008 VV RVG

77,90 €

zusammen:

487,90 €

“Kopfteil Antragstellerin zu 2)„ (Ehefrau)

243,98 €

Am 24. Juni 2015 hat der Antragsteller Erinnerung eingelegt und beantragt, “unter Aufrechterhaltung des Beschlusses im Übrigen […] die aus der Landeskasse im Wege der Prozesskostenhilfe zu erstattenden Kosten um weitere 243,95 € auf 487,90 € festzusetzen„.

Mit Beschluss vom 19. August 2016 hat das Sozialgericht die Erinnerung zurückgewiesen. Diese sei unzulässig, “soweit der Erinnerungsführer im Erinnerungsverfahren die Vergütung eines die Kostenrechnung vom 7. Mai 2015 übersteigenden Betrages geltend mache„. Im Übrigen sei sie zulässig, jedoch nicht begründet. Dies ergebe sich aus dem Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 4. November 2014 (S 164 SF 4905/14 E).

Gegen den ihm am 26. August 2016 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 29. August 2016 Beschwerde eingelegt und beantragt, “auf den Vergütungsfestsetzungsantrag vom 07.05.2015 weitere 243,95„ festzusetzen. Werde - wie hier - nur einem von mehreren Streitgenossen Prozesskostenhilfe bewilligt, gebe es keinen stichhaltigen Grund, den Vergütungsanspruch des beigeordneten Rechtsanwalts zu kürzen.

II.

Die Beschwerde - über die aufgrund des Übertragungsbeschlusses vom 1. März 2017 der Senat (ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter) entscheidet (§ 56 Abs. 2 Satz 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz ___AMPX_)_SEMIKOLONX___XRVG___AMPX_(_SEMIKOLONX___X in Verbindung mit § 33 Abs. 8 Satz 1 bis 3 RVG) - ist zulässig (vgl. § 33 Abs. 3 Satz 1, 3, Abs. 7 Satz 3 RVG in Verbindung mit § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG) und teilweise begründet.

Die Antwort auf die Frage, welche aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung ein Rechtsanwalt beanspruchen kann, der einem von mehreren Streitgenossen beigeordnet wurde, die ihn gemeinsam mit ihrer Prozessvertretung beauftragt haben, ist umstritten.

Einer Auffassung zufolge darf in solch einem Fall Prozesskostenhilfe schon nicht unbeschränkt bewilligt werden. Beauftragten zwei Streitgenossen ein und denselben Prozessbevollmächtigten mit der Wahrnehmung ihrer Interessen in einem Rechtsstreit, der dieselbe Angelegenheit betreffe, lägen aber nur bei einem von ihnen die persönlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe vor, dann beschränke sich die “Bewilligung bezüglich der Anwaltsgebühren auf die Erhöhungsbeträge„ nach Ziffer 1008 Anlage 1 (Vergütungsverzeichnis ___AMPX_)_SEMIKOLONX___XVV___AMPX_(_SEMIKOLONX___X) z...

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