Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Auffangpflichtversicherter. Beitragsbemessung nach der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage für rückwirkende Zeiträume bei hinreichenden Anhaltspunkten dafür, dass die beitragspflichtigen Einnahmen des Mitglieds die jeweils anzuwendende Mindestbeitragsbemessungsgrundlage nicht überschreiten. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Für die Beitragsfestsetzung auf der Grundlage der Mindestbeitragsbemessungsgrenze statt der allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze in Bezug auf rückwirkende Zeiträume müssen auch für Auffangpflichtversicherte gemäß §§ 5 Abs 1 Nr 13a, 227 SGB V iVm § 240 Abs 1 S 4 SGB V in der Fassung des GKV-VEG vom 11.12.2018 (BGBl I 2018, 2387) hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen bzw dargetan werden, dass die Einnahmen der bzw des Pflichtversicherten die jeweils anzuwendende Mindestbeitragsbemessungsgrundlage nicht überschreiten.
2. Die gesetzliche Regelung einer Mindestbeitragsbemessungsgrundlage als absolute Untergrenze beitragspflichtiger Einnahmen verletzt Verfassungsrecht nicht.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 29. Januar 2021 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Versicherungspflicht des Klägers vom 1. April 2013 bis 30. November 2016 in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung sowie die Höhe der von der Beklagten für diese Zeit geforderten Beiträge in Höhe von noch 22.557,53 €.
Der 1969 geborene Kläger war bis zum 31. März 2013 als abhängig Beschäftigter der Firma S GmbH bei der Beklagten zu 1. gesetzlich krankenversichert und bei der Beklagten zu 2. pflegeversichert (nachfolgend insgesamt Beklagte). Auf die Mitteilung seines Arbeitgebers, dass er ab dem 1. April 2013 nicht mehr beschäftigt sei, schrieb die Beklagte den Kläger unter dem 14. Mai 2013, 22. Juni 2013 und 12. Juli 2013 an, und zwar jeweils unter Beifügung entsprechender Fragebögen zu seinen Einkommensverhältnissen, mit dem Ziel der Klärung seines Versicherungsstatus. Zuletzt wies sie ihn darauf hin, sie sei verpflichtet, ihn rückwirkend zum 1. April 2013 zu versichern, sollte er nach dem 31. März 2013 weder krankenversichert noch anderweitig für den Krankheitsfall abgesichert sein; in diesem Fall wären die Beiträge für den gesamten zurückliegenden Zeitraum von ihm zu zahlen. Nachdem ein Rücklauf bei ihr nicht zu verzeichnen war, wies sie den Kläger mit Schreiben vom 27. August 2013 auf das Ende des Kranken- und Pflegeversicherungsverhältnisses zum 31. März 2013 und die Möglichkeit der freiwilligen Weiterversicherung hin. Mit Schreiben vom 16. Juni 2014 bezog sich die Beklagte auf ein mit dem Kläger geführtes Gespräch vom selben Tag und bat erneut darum, den wiederum beigefügten Fragebogen ausgefüllt zurückzusenden. Hierauf reagierte der Kläger ebenso wenig wie auf das Erinnerungsschreiben vom 21. Juli 2014.
Mit Schreiben vom 17. Oktober 2014 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass Leistungen nach dem 31. März 2013 zu ihren Lasten abgerechnet worden seien und bat um Rücksendung des ausgefüllten Antwortbogens. Mit Schreiben vom 7. November 2014 erinnerte sie hieran. Unter dem 5. Dezember 2014 und 5. Februar 2015 hörte die Beklagte den Kläger zu einer Erstattungsforderung wegen in der Zeit vom 25. Juni 2013 bis 27. Februar 2014 über die Versichertenkarte abgerechnete Leistungen in Höhe von 242,68 € an, ohne dass der Kläger hierauf reagierte. Später erstattete der Kläger der Beklagten diesen Betrag.
Mit Schreiben vom 22. April 2017 und 29. Juni 2017 wies die Beklagte den Kläger auf die arbeitgeberseitige Anmeldung zum 1. Dezember 2016 hin und bat um Rücksendung des ausgefüllten Fragebogens zur Klärung der Mitgliedschaft. Zuletzt wies sie zugleich darauf hin, dass sie andernfalls verpflichtet sei, die Versicherung rückwirkend durchzuführen und die Beitragsberechnung teilweise aus Einnahmen in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze (derzeit monatlich 4.350 €) durchzuführen.
Mit Bescheid vom 20. Juli 2017 setzte die Beklagte dem Kläger gegenüber für die Zeit vom 1. April 2013 bis zum 30. November 2016 Beiträge in Höhe von insgesamt 22.800,21 € fest. Sie sei gesetzlich verpflichtet, die Versicherung ab dem 1. April 2013 im Rahmen der allgemeinen Versicherungspflicht für Nichtversicherte weiterzuführen. Für die Zeit bis zum 31. Juli 2014 berechne sie übergangsweise die Beiträge aus der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage in Höhe von 921,67 € monatlich. Beiträge vom 1. August 2014 bis 30. November 2016 seien auf der Basis der Beitragsbemessungsgrenze (4.350 € monatlich) festzusetzen gewesen. Vorsorglich bat sie um Rücksendung des ausgefüllten und unterschriebenen Fragebogens zusammen mit den entsprechenden Einkommensnachweisen innerhalb von drei Monaten, welches eine Beitragskorrektur ermögliche. Im Falle e...