Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Kostenerstattung für eine dritte intracytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI). Indikation. Richtlinie über künstliche Befruchtung
Orientierungssatz
1. Nach den Richtlinien des Bundesausschusses über künstliche Befruchtung vom 26.2.2002 in der bis 31.12.2003 geltenden Fassung besteht eine Indikation zur Durchführung einer ICSI-Behandlung auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung bei einer durch zwei Spermiogramme im Abstand von mindestens 12 Wochen nachgewiesenen männlichen Fertilitätsstörung.
2. Desweiteren besteht nach den og Richtlinien bei der ICSI abweichend von der grundsätzlichen Erstattungsfähigkeit bis zu viermal, eine hinreichende Erfolgsaussicht bereits nach zweimaliger vollständiger Durchführung der Maßnahme nicht, wenn in beiden Fällen eine Befruchtung nicht eingetreten ist.
3. Die vom BSG mit Urteil vom 3.4.2001 - B 1 KR 40/00 R = BSGE 88, 62 = SozR 3-2500 § 27a Nr 3 für erforderlich gehaltene Richtlinie des Bundesausschusses über künstliche Befruchtung in der ab 1.7.2002 geltenden Fassung genügt den vom BSG aufgestellten Maßgaben an die geforderten Indikationen und stellt somit eine wirksame Rechtsgrundlage für die Ablehnung des Leistungsantrages auf die ICSI-Behandlung dar.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neuruppin vom 19. August 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten noch Kostenerstattung für eine dritte, im Jahre 2003 durchgeführte ICSI-Behandlung von der Beklagten in Höhe von 3.985,97 Euro.
Die im März 1974 geborene Klägerin, die bei der Beklagten krankenversichert ist, ist mit A K verheiratet, der ebenfalls gesetzlich krankenversichert ist (BKK Verkehrsbau Union).
Mit Schreiben vom 26. Februar 2003 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Durchführung von vier kompletten Behandlungszyklen mit In-vitro-Fertilisation (IVF) unter zusätzlicher Anwendung des intracytoplasmatischen Spermieninjektionsverfahrens (ICSI). Dem im reproduktionsmedizinischen Zentrum im LC B - Dres. T & M gefertigten Antrag war eine Stellungnahme dieser Einrichtung beigefügt, wonach, obwohl beim Ehemann der Klägerin die vom Bundesausschuss aufgestellten Kriterien nicht vorlägen - zwei Ejakulatanalysen vom 24. Januar 2003 und 24. Februar 2003 -, dennoch eine Leistungspflicht der GKV bestünde. Zuvor waren fünf erfolglose Inseminationszyklen und ein erfolgloser IVF-Behandlungszyklus durchgeführt worden.
Mit Bescheid vom 05. März 2003 wies die Beklagte den Antrag ab und begründete dies damit, dass die Indikationen für die ICSI-Behandlung nach den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über künstliche Befruchtung vom 26. Februar 2002, in Kraft seit 01. Juli 2002 nicht vorlägen.
Auf den Widerspruch der Klägerin vom 31. März 2003 holte die Beklagte eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Berlin-Brandenburg EV (MDK) ein. Dort wurde dargelegt, dass die Indikation gemäß der Richtlinie nicht vorläge, der die wissenschaftliche Aufbereitung der Daten nach ICSI bei andrologischer Fertilität zugrunde gelegen habe. Welchen Stellenwert die ICSI bei immunologischer Infertilität haben könne, sei durch eine entsprechende Datenanalyse aufzuklären und es müsste dann ein entsprechender Antrag beim Bundesausschuss eingebracht werden. Solange dies nicht geschehen sei, bestünde keine Leistungspflicht für weitere Indikationen. Während des Widerspruchsverfahrens wurde durch Dres. T & Metzger eine weitere IVF-ICSI-Behandlung durchgeführt, die jedoch wiederum nicht zur Gravidität führte und für die 1.596,65 Euro in Rechnung gestellt wurden.
Mit einem weiteren Bescheid vom 06. Oktober 2003 lehnte die Beklagte den Antrag vom 26. Februar 2003 nochmals ab, nachdem der MDK in einer weiteren Stellungnahme vom 26. August 2003 dargelegt hatte, dass die Veränderungen im Spermiogramm des Ehegatten nicht so hochgradig seien, dass eine ICSI-Indikation vorläge. Die Beklagte erklärte sich im Rahmen einer einmaligen Ausnahmeregelung ohne Anerkennung eines Rechtsanspruchs für zukünftig ähnlich oder gleich gelagerte Fälle dennoch bereit, die Kosten der ICSI-Behandlung am 31. März 2003 zu erstatten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 09. Dezember 2003 wies die Beklagte den auch hiergegen eingelegten Widerspruch zurück.
Dagegen hat sich die am 09. Januar 2004 beim Sozialgericht Neuruppin erhobene Klage gerichtet, die im Wesentlichen damit begründet wurde, die Auffassung der Beklagten, die Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen stellten eine abschließende Regelung der Ansprüche nach § 27 a SGB V dar, sei unzutreffend. Auch wenn diese die Fälle idiopathischer Sterilität, wie sie hier vorläge, nicht erfassten, schließe dies den geltend gemachten Anspruch auf Kostenerstattung nicht aus, da der Ausschuss keine Befugnis habe, ei...