Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei einem für ein Fahrdienstleistungen anbietendes Unternehmen tätigen Chauffeur
Orientierungssatz
1. Ist ein Chauffeur für ein Fahrdienstleistungen anbietendes Unternehmen in dessen betriebliche Organisation eingegliedert und den Weisungen seines Auftraggebers unterworfen, hat er ein unternehmerisches Risiko nicht zu tragen, erfolgt die Abrechnung der Fahrdienstleistungen über das Unternehmen, stellt dieses die Fahrzeuge zur Verfügung und trägt die anfallenden Kosten und sind die Leistungen höchstpersönlich zu erbringen, so ist von dem Bestehen einer abhängigen Beschäftigung auszugehen.
2. Dem widerspricht nicht die Anmeldung eines selbständigen Gewerbes durch den Chauffeur, das Fehlen eines Entgeltfortzahlungsanspruchs im Krankheitsfall sowie eines vertraglichen Urlaubsanspruchs und das Recht für weitere Auftraggeber tätig zu werden.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 3. Mai 2019 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst zu tragen haben.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen und Umlagen für die Zeit vom 1. Juli 2011 bis 31. Dezember 2014 in Höhe von insgesamt 5.264,81 Euro wegen einer Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. bis 3. für die Klägerin.
Die Klägerin ist als Einzelunternehmerin Inhaberin eines Chauffeurservice in B, der Fahrdienstleistungen mit Limousinen und Chauffeurdiensten anbietet. Die Fahrzeugflotte umfasste im streitigen Zeitraum drei Limousinen. Die Beigeladenen zu 1. und 3. führten für die Klägerin im streitigen Zeitraum Chauffeurfahrten und in diesem Zusammenhang anfallende weitere Dienstleistungen (Gästebetreuung, Stadtrundfahrten und Fahrzeugreinigung) aus. Den Beigeladenen zu 1. bis 3. wurden die Fahrzeuge von der Klägerin zur Verfügung gestellt. Die Vergütung durch die Klägerin erfolgte pro Auftrag (11 Euro/Stunde) nach Rechnungslegung und nach einem festgelegten Stundensatz. Neben den Beigeladenen zu 1. bis 3. war im Unternehmen der Klägerin im streitigen Zeitraum ein weiterer Mitarbeiter im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses tätig.
Die Beigeladenen zu 1. bis 3. führten im streitigen Zeitraum nach eigenen Angaben auch für andere Auftraggeber Fahrdienste aus; die Beigeladenen zu 2. und 3. waren dabei ausschließlich nebenberuflich tätig; die Beigeladene zu 2. war als freie Künstlerin tätig; der Beigeladene zu 3. war in Vollzeit in einem Hotel beschäftigt.
Im Ergebnis einer Betriebsprüfung für den Prüfzeitraum vom 1. Juli 2011 bis 31. Dezember 2014 hörte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 2. April 2015 zur beabsichtigten Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen und Umlagen für die Beigeladenen zu 1. bis 3 an. Die Prüfung des versicherungsrechtlichen Status habe ergeben, dass die von den Beigeladenen zu 1. bis 3. erbrachten Tätigkeiten in abhängiger Beschäftigung ausgeübt worden seien. Nach Äußerung der Klägerin setzte die Beklagte mit Bescheid vom 22. Juli 2015 für den Zeitraum vom 1. Juli 2011 bis 31. Dezember 2014 eine Nachforderung in Höhe von insgesamt 5.264,81 Euro fest. Zur Begründung führte sie aus, dass die Beigeladenen zu 1. bis 3. im angegebenen Zeitraum bei der Klägerin als abhängige Beschäftigte tätig gewesen seien. Die Beigeladenen zu 1. und 3. seien nach deren Angaben im Verwaltungsverfahren für Chauffeur-Fahrten, Gästebetreuung und Fahrzeugreinigung zuständig gewesen; für die Tätigkeiten hätten sie nach Arbeitsstunden bemessene Rechnungen geschrieben. Sie hätten damit die gleichen Tätigkeiten ausgeübt wie die im Betrieb der Klägerin sozialversicherungspflichtig beschäftigten Mitarbeiter. Die Einordnung der Beigeladenen zu 1. bis 3. in den Arbeitsablauf diene in erster Linie dem Zweck eines fremden Unternehmens und zeige die deutliche Zugehörigkeit zum Betrieb der Klägerin. Eigenes Kapital, wie z.B. Fahrzeuge, oder sonstige eigene Arbeitsmittel oder Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Tätigkeit stünden (z.B. Kosten für Fahrzeugreinigung), seien kostenlos zur Verfügung gestellt worden. Die Beigeladenen zu 1. bis 3. hätten keine eigenen Mitarbeiter oder Betriebsräume eingesetzt. Für Schäden bzw. Schlechtleistungen seien sie nicht bzw. lediglich arbeitnehmertypisch haftbar gewesen. Sie hätten den Weisungen der Klägerin unterlegen, da Inhalt, Dauer und Ort der Tätigkeit bestimmt gewesen seien. Den Merkmalen, die für eine selbständige Tätigkeit sprächen, wie die fehlende Entgeltfortzahlung, der fehlende Urlaubsanspruch und die mangelnde Verpflichtung zur Leistungserbringung, käme demgegenüber keine entscheidende Bedeutung zu. Nach der Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen würden die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung überwiegen. Für die...