Entscheidungsstichwort (Thema)
Versicherungspflicht. selbständige Erwerbstätigkeit. Hauptvertreter. Generalvertreter. ein Auftraggeber. mehrere Gesellschaften. Konzerngesellschaften. Versicherungskonzern. Versicherungspflicht des selbständig Tätigen nach § 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB 6
Orientierungssatz
1. Die Versicherungspflicht selbständig Tätiger nach § 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB 6 setzt voraus, dass die Betreffenden im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und dass sie im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind.
2. § 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB 6 erfasst sowohl den Fall, dass der Betreffende rechtlich im Wesentlichen an einen Auftraggeber gebunden ist, als auch den Fall, dass er wirtschaftlich im Wesentlichen von einem einzigen Auftraggeber abhängig ist.
3. Der Begriff des Arbeitgebers in § 2 Abs. 1 Nr. 9 b SGB 6 ist wirtschaftlich zu bestimmen. Auch mehrere rechtlich selbständige natürliche oder juristische Personen können als ein Auftraggeber angesehen werden, wenn diese wegen ihrer tatsächlichen oder rechtlichen Verbundenheit untereinander gegenüber einem selbständig Tätigen einheitlich auftreten.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 16. August 2005 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob der Kläger wegen einer selbständigen Tätigkeit Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung in Höhe von 748,72 Euro für die Zeit vom 02. Juli bis 31. Oktober 2002 zu zahlen hat.
Der 1968 geborene Kläger, der bis August 1993 eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausübte, führte von September 1993 bis Oktober 1996 als Handelsvertreter eine Hauptvertretung für die Allianz. Während dieser Zeit war er daneben von November 1995 bis August 1996 versicherungspflichtig beschäftigt. Von November 1996 bis Juni 1999 stand er als Organisationsleiter in versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen mit der DAG und dem D Krankenversicherungsverein a. G., bevor er von Juli 1999 bis März 2001 eine selbständige Tätigkeit durch Übernahme einer Generalagentur des D ausübte. Seit April 2001 führt er erneut als Handelsvertreter eine Generalagentur der A auf der Grundlage des mit der A-AG vom 21. März 2001/18. April 2001 geschlossenen Vertretungsvertrages.
Dieser Vertrag enthält u. a. folgende Regelungen:
1.1. Rechtsstellung
1.1.1. Der Vertreter ist selbständiger Gewerbetreibender im Hauptberuf (§§ 84 ff. HGB). Er führt die Geschäftsbezeichnung Hauptvertreter oder, falls gesondert vereinbart, Generalvertreter. Er kann seine Tätigkeit im Rahmen und auf der Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen des Vertreterrechts frei gestalten und seine Arbeitszeit frei bestimmen.
2.1. Aufgaben
2.1.1. Der Vertreter ist ständig damit betraut, der vertragschließenden Gesellschaft und den mit dieser im Rahmen der Allianzgruppe in Deutschland verbundenen Gesellschaften sowie deren Kooperationspartnern (alle nachfolgend Gesellschaften genannt) Versicherungsgeschäft sowie sonstiges Finanzdienstleistungsgeschäft nach Maßgabe der vertraglichen Vereinbarungen bzw. der dem Vertreter ausgehändigten Richtlinien und Produktbeschreibungen der Gesellschaften zu vermitteln. …
5. Tätigkeit für die Konkurrenz
Der Vertreter darf während der Laufzeit dieses Vertretungsvertrages in den Geschäftszweigen, die die Gesellschaften betreiben, für andere Unternehmen weder unmittelbar noch mittelbar tätig sein. Grundsätzlich bedarf jede anderweitige Tätigkeit des Vertreters in eigener Regie oder für ein anderes Unternehmen der Zustimmung der vertragsschließenden Gesellschaft, soweit nicht durch eine gesonderte Vereinbarung auf eine Einzelgenehmigung verzichtet wird. Die Genehmigung zu einer anderweitigen Tätigkeit des Vertreters wird im Einzelfall erteilt, wenn und soweit die Interessen der Gesellschaft dem nicht entgegenstehen.
6. Provisionen (Vergütung)
6.1 Der Vertreter erhält für seine Tätigkeit von den Beiträgen, die aufgrund der von ihm vermittelten oder ihm zur Betreuung übertragenden Versicherungsverträge gezahlt werden, Provisionen und eventuell Pflegegeld, solange diese Verträge sich in dem von ihm verwalteten Bestand befinden und für ihn noch provisionspflichtig sind, gemäß der diesem Vertrag als Vertragsbestandteil beigefügten Allgemeinen Provisionsbestimmungen, Provisionstabellen, Besonderen Provisionsbestimmungen, Zusatzprovisionstabellen, Besonderen Zusatzprovisionsbestimmungen und Richtlinien (Anlagen). …
7. Abrechnungs- und Zahlungsverkehr
7.1. Gegen einen Anspruch der Gesellschaft auf Herausgabe der Beitragsgelder kann der Vertreter nur mit Forderungen an die Gesellschaft aufrechnen, die diese schriftlich anerkannt hat.
7.3. Soweit Zahlungen durch eine der Gesellschaften direkt an den Vertreter vorgenommen werden, ist diese durch die vertragsschließende Gesellschaft bevollmächtigt, Forderungen de...