Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Zulässigkeit einer Untätigkeitsklage bei Klageänderung

 

Orientierungssatz

1. Eine Klageänderung gilt als sachdienlich und damit nach § 99 Abs. 1 SGG zulässig, wenn sie dazu beiträgt, dass der Streit zwischen den Beteiligten endgültig beigelegt und ein weiterer Prozess vermieden wird. Für die Frage, ob die Klageänderung von der reinen Leistungsklage auf eine Untätigkeitsklage sachdienlich ist, ist auf die Untätigkeitsklage abzustellen.

2. Die Untätigkeitsklage setzt zu ihrer Zulässigkeit nach § 88 Abs. 1 S. 1 SGG voraus, dass über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes innerhalb von sechs Monaten nicht entschieden worden ist, es sei denn, es liegt hierzu ein zureichender Grund vor.

3. Ein Schreiben der Behörde erfüllt nur dann die Anforderungen an einen Verwaltungsakt, wenn ihm ein Regelungsgehalt i. S. von § 31 SGB 10 entnommen werden kann.

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 4. Juni 2010 aufgehoben.

Die Beklagte wird verpflichtet, den Antrag der Klägerin vom 11. November 2004 zu bescheiden.

Die Beklagte erstattet der Klägerin und der Beigeladenen die notwendigen außergerichtlichen Kosten des gesamten Rechtsstreits.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Gegenstand des Verfahrens ist eine Untätigkeitsklage, mit welcher die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Bescheidung eines Antrages vom 11. November 2004 begehrt. Im Wesentlichen wird der Streit vor dem Hintergrund geführt, ob die Beklagte noch eine Rentennachzahlung für den Zeitraum vom 1. Januar 2002 bis zum 30. November 2004 zu erbringen hat.

Die im Oktober 1949 geborene Klägerin arbeitete zuletzt bis Dezember 1996 als Kinderpflegerin. Sie beantragte bei der Beklagten am 16. November 1998 die Bewilligung einer Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit. Der Antrag blieb erfolglos; Bescheid vom 16. April 1999, Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2000. Die Klägerin erhob am 10. November 2000 die zum Aktenzeichen S 5 RA 265/00 registrierte Klage vor dem Sozialgericht Oldenburg, die durch Urteil vom 03. Juni 2003 als unbegründet abgewiesen wurde. Die sodann von der Klägerin geführte Berufung vor dem Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (Az.: L 1 RA 148/03) endete mit Abschluss eines außergerichtlichen Vergleichs am 24. September 2004, wonach sich die Beklagte verpflichtete, der Klägerin aufgrund eines am 31. Dezember 2000 eingetretenen Leistungsfalls eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf unbestimmte Zeit ab 01. Januar 2001 zu gewähren. Mit Rentenbescheid vom 02. November 2004 führte die Beklagte den Vergleich aus. Die laufende Rentenzahlung wurde ab 01. Dezember 2004 mit einem Zahlbetrag in Höhe von 838,50 Euro monatlich aufgenommen. Für den Zeitraum vom 01. Januar 2001 bis 30. November 2004 wies die Beklagte der Klägerin im Rentenbescheid einen Nachzahlungsbetrag in Höhe von 38.792,44 Euro aus, der vorläufig einbehalten wurde; wegen der Einzelheiten der jeweiligen monatlichen Rente bzw. Zahlbeträge in dem Zeitraum vom 01. Januar 2001 bis 30. November 2004 wird auf Bl. 628 bis 630 der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

Die Klägerin bezog vom 01. Januar 2001 bis 05. September 2001 sowie vom 15. Mai 2003 bis 10. November 2004 Leistungen der Bundesagentur für Arbeit und in dem Zeitraum vom 06. September 2001 bis 14. Mai 2003 Krankengeld (unterbrochen vom Übergangsgeldbezug der Beklagten vom 10. bis 30. Juli 2002). Auf die bereits im Oktober 2001 von der B Ersatzkasse und im Mai 2003 von der Bundesanstalt für Arbeit Arbeitsamt W gestellten Erstattungsanträge errechnete die Beklagte einen Gesamtbetrag der Erstattung in Höhe von 23.373,92 Euro (Krankengeld vom 06. September 2001 bis 14. Mai 2003 in Höhe von 9.866,12 Euro sowie Leistungen der Bundesagentur für Arbeit Agentur für Arbeit W den Zeitraum vom 01. Januar 2001 bis 05. September 2001 sowie 15. Mai 2003 bis 10. November 2004 in Höhe von 13.507,80 Euro), die sie diesen Leistungsträgern am 02. Februar 2005 abrechnete und auszahlte.

Die Klägerin hatte bereits mit Erklärung vom 15. Dezember 2000 ihre Ansprüche gegen die Beklagte auf Nachzahlung der Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrente in vollem Umfange abgetreten. Am 19. Dezember 2000 ging bei der Beklagten der der Abtretung zugrunde liegende Sicherungsvertrag als Durchschrift zwischen der Klägerin und der Beigeladenen ein. Zur Sicherung aller bestehenden, künftigen und bedingten Ansprüche der Beigeladenen oder eines die Geschäftsverbindung fortsetzenden Rechtsnachfolgers der Beigeladenen gegen die Eheleute trat die Klägerin die Forderung gegen die Beklagte auf “Anspruch auf Nachzahlung einer Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrente in voller Höhe mit allen Rechten„ an die Beigeladene ab. Mit Schreiben vom 27. Dezember 2000 anerkannte die Beklagte die abgetretene Forderung (Nachzahlung bei einer Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeitsrente) unter Hinweis zunächst auf § 53 Abs. 3 des Sozialgesetzbuches Erstes Buch (SGB I) und erklärte gegenüber...

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