Entscheidungsstichwort (Thema)
Künstlersozialversicherung. Versicherungspflicht eines Tanz- und Theaterpädagogen
Orientierungssatz
Unterrichtet ein Tanz- und Theaterpädagoge Kinder nicht darin, Kunst auszuüben, sondern ist das Ziel seiner Arbeit, die Entwicklung der Kinder durch Musik, Tanz und Bewegung positiv zu beeinflussen und soziales Verhalten in der Gruppe und untereinander zu fördern, so unterliegt er nicht der Pflichtversicherung nach dem KSVG.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. August 2006 geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin als Künstlerin nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) pflichtversichert ist.
Die im Juni 1963 geborene Klägerin studierte an der Universität G Deutsch und Bildende Kunst und schloss dieses Studium mit dem akademischen Grad einer Diplompädagogin ab. Sie übte zunächst diesen Beruf aus und bildete sich dann, unter anderem an der jetzigen Universität B, in den Bereichen Spiel und Theaterpädagogik, Kreativtraining sowie Tanz und Bewegung fort. Sie ist seit dem 21. Dezember 2004 selbständig als Tanz- und Theaterpädagogin tätig. Sie unterrichtet in ihrer Wohnung sowie in Schulen und Kindertagesstätten Kinder im Alter zwischen drei und zehn Jahren in “Kreativem Tanz„. Nach ihren Angaben haben die Kurse die Inhalte: Sensibilisierungsübungen, Wahrnehmung des eigenen Körpers, Erwärmung (Drehen, Hüpfen, Springen, Laufen), Isolationstechnik (in Anlehnung an den Orientalischen Tanz), kreativer, freier Tanz, nach Musik verschiedenster Musikrichtungen/Kulturen, Förderung der Phantasie [...].„. Der Kurs “Phantasiereisen„ wird in den Werbebroschüren der Klägerin wie folgt beschrieben: “Körperwahrnehmungsübungen dienen dem Ankommen im Raum der Stille___AMPX_’_SEMIKOLONX___ sowie der Vorbereitung der Phantasiereisen. Während der angeleiteten Phantasiereise, in der Verbindung mit entspannter Musik, richtet sich die Aufmerksamkeit auf eigene, imaginäre, innere Bilder. Diese inneren Bilder werden anschließend mit Wachsmalstiften auf Papier gebracht.„
Am 24. März 2005 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Feststellung der Versicherungspflicht nach dem KSVG.
Die Beklagte forderte bei der Klägerin Unterlagen über ihre Tätigkeit sowohl dem Inhalt als auch dem Umfang nach an und lehnte den Antrag sodann durch Bescheid vom 30. Juni 2005 ab. Dies begründete die Beklagte damit, die Klägerin übe keine künstlerische Tätigkeit, sondern eine solche als Tanz- und Theaterpädagogin aus. Ihre Angebote ergänzten die allgemeinpädagogische Zielsetzung von Kindergärten und Schulen. Ziel und Zweck der Kurse sei in erster Linie soziale Kompetenzen und motorische Fähigkeiten zu vermitteln. Schulen und Kindergärten seien auch keine Verwerter von Kunst nach dem KSVG und zahlten daher auch keine Künstlersozialabgabe.
Den Widerspruch der Klägerin hiergegen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2005 zurück und begründete dies im Wesentlichen erneut damit, durch den von der Klägerin erteilten Unterricht werde in erster Linie nicht darstellende Kunst gelehrt, sondern es solle körperliches, geistiges und soziales Wohlbefinden der Kinder geweckt werden.
Hiergegen hat sich die am 23. November 2004 beim Sozialgericht Berlin erhobene Klage gerichtet, mit der die Klägerin die Auffassung vertreten hat, sie lehre Musik und darstellende Künste und sei daher nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - Künstlerin.
Die Beklagte ist dem mit den Ausführungen aus den angefochtenen Bescheiden entgegengetreten.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 29. August 2006 die angefochtenen Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass die Klägerin seit dem 24. März 2005 versicherungspflichtig nach dem KSVG in der Gesetzlichen Krankenversicherung und der Sozialen Pflegeversicherung sei.
Zur Begründung hat das Sozialgericht im Wesentlichen ausgeführt, das BSG habe bereits in seinem Urteil vom 14. Dezember 1994 (3/12 RK 62/93) festgestellt, dass Künstler sei, wer kreatives Tanzen lehre. Auch käme es nach der Rechtsprechung des BSG nicht darauf an, ob der Verwerter der Werke oder Dienste eines Künstlers verpflichtet sei, Abgaben nach dem KSVG zu zahlen.
Gegen dieses der Beklagten am 04. September 2006 zugestellte Urteil richtet sich deren Berufung vom 19. September 2006, mit der sie unter Bezugnahme auf das Urteil des BSG vom 07. Dezember 2006 (B 3 KR 11/06 R) an ihrer Auffassung festhält, die Lehre von Tanz sei keine Kunst.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. August 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung...