Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenzgeldanspruch. maßgeblicher Zeitpunkt für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. rechtliche Beendigung. Erfordernis der Schriftform. Insolvenzverwalter. Versäumnisurteil. Feststellung der Nichtbeendigung des Arbeitsverhältnisses. keine Verzichtsmöglichkeit

 

Orientierungssatz

1. Ein Arbeitnehmer hat Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn er ua für die dem Insolvenzereignis vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt hat. Für das Ende des Arbeitsverhältnisses ist nicht das faktische, sondern das rechtliche Ende maßgebend.

2. Nach § 623 BGB bedarf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Schriftform. Mit der Insolvenzeröffnung rückt der Insolvenzverwalter in die Arbeitgeberstellung des Gemeinschuldners ein. Wird bei der Kündigung bzw Auflösung des Arbeitsverhältnisses die Schriftform nicht eingehalten, ist die Kündigung bzw Auflösung nach § 125 BGB nichtig.

3. Auf seine aus einem arbeitsgerichtlichen Versäumnisurteil abzuleitenden Rechte kann der Arbeitnehmer nicht wirksam verzichten. An einer solchen Entscheidung muss er sich festhalten lassen und kann sich von dieser zum Nachteil der Versichertengemeinschaft nicht wieder lossagen.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 04. Juni 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten (noch) weiteres Insolvenzgeld für die Zeit vom 01. Juli 2005 bis 24. Juli 2005.

Der Kläger war seit 1995 bei der Firma R GmbH L bzw. deren Rechtsvorgängerin, zuletzt als Projektleiter beschäftigt. Am 06. Juli 2005 stellte die G GmbH L bei dem Amtsgericht Potsdam einen unter dem Az. 35 IN 780/05 registrierten Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der R GmbH. Mit Beschluss vom 08. September 2005 bestellte das Amtsgericht Potsdam den Rechtsanwalt Dr. S, B, zum vorläufigen Insolvenzverwalter und bestimmte, dass Verfügungen des Schuldners (R GmbH L) nur noch mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam seien. Mit Beschluss vom 25. Oktober 2005 eröffnete das Amtsgericht Potsdam das Insolvenzverfahren.

Bereits mit Schreiben vom 03. August 2005 kündigte die Firma R GmbH das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 15. August 2005 und führte in diesem Schreiben ergänzend aus, es bestehe die Möglichkeit, sofort bei der Firma L GmbH in D nahtlos weiterzuarbeiten, so dass dem Kläger kein Schaden oder Arbeitslosigkeit entstehe.

In den Insolvenzgeldakten der Beklagten - Arbeitnehmerteil - befindet sich eine “Vereinbarung zwischen I GmbH und W K„ vom 11. August 2005, nach der der Kläger Angestellter der Firma I GmbH bis zum 31. August 2005 sei und bis zu diesem Zeitpunkt den vollen Gehaltsanspruch habe. Der Urlaubsanspruch von 32 Resttagen werde mit 2.000 Euro beziffert, zahlbar am 31. August 2005. Des Weiteren werde anteilig ein 13. Monatsgehalt gezahlt, beziffert mit 1.200 Euro, zahlbar mit der letzten Gehaltszahlung am 15. September 2005.

Mit Wirkung vom 01. September 2005 wurde der Kläger bei der L GmbH D als Niederlassungsleiter NL B - eingestellt.

Am 08. August 2005 erhob der Kläger bei dem Arbeitsgericht Potsdam eine unter dem Az. 8 Ca 2135/05 registrierte Kündigungsschutzklage gegen die Firma R GmbH Ludwigsfelde mit dem Antrag festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 03. August 2005 nicht aufgelöst worden sei. Mit Versäumnisurteil vom 29. August 2005 stellte das Arbeitsgericht Potsdam fest, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien (Kläger und R GmbH L) durch die Kündigung vom 03. August 2005 nicht aufgelöst worden sei. Gegen dieses Versäumnisurteil legte die Firma R GmbH keinen Einspruch ein. In den Arbeitsgerichtsakten ist ein Schreiben der R GmbH D vom 05. September 2005 enthalten, nach der sie für alle Mitarbeiter neue Arbeitsplätze geschaffen habe; diese seien alle bei der Firma L GmbH seit dem 15. August 2005 gemeldet. Jedem der Mitarbeiter sei angeboten worden, dass sie von der Firma L übernommen werden könnten. Eine Liste derjenigen, die das Angebot angenommen hätten, liege diesem Schreiben bei. In dieser Liste war auch der Name des Klägers enthalten.

Mit Schreiben vom 28. Oktober 2005 kündigte der Insolvenzverwalter das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der R GmbH “höchst vorsorglich„ zum nächst zulässigen Termin und stellte den Kläger ab sofort von seiner Arbeitsleistung frei.

Bereits am 06. Oktober 2005 hatte der Kläger Insolvenzgeld für das ausgefallene Arbeitsentgelt der Monate Juli 2005 und August 2005 beantragt und ausgefallenes Arbeitsentgelt in Höhe von je 1922,95 Euro monatlich zzgl. Beitragszuschuss zur freiwilligen privaten Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung von je 259,68 € monatlich geltend gemacht.

Mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 17. Oktober 2005 erhob der Kläger dann bei dem Arbeitsgericht Potsdam eine unter dem ...

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