Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsunfall, Skifahrt, innerer Zusammenhang, Dienst/Geschäftsreise, Betriebssport, betriebliche Gemeinschaftsversammlung, Motivations/Incentive Reise. Beitrittsgebiet. Ausschlussfrist. Parteivernehmung. Gesetzliche Unfallversicherung: Anerkennung eines Skiunfalls als Arbeitsunfall. Fortbildungs- und Auszeichnungsreise von Auszubildenden als betriebsbezogene Tätigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Ausschlussfrist nach § 1150 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 RVO findet auch auf Unfälle Anwendung, die bereits in der DDR als Arbeitsunfälle anerkannt waren.

2. Der für die Anerkennung als Arbeitsunfall erforderliche innere Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Verrichtung, bei der sich der Unfall ereignet hat, besteht nur, wenn der Betroffene eine dem Beschäftigungsunternehmen dienende Tätigkeit ausüben wollte und diese Handlungstendenz durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird.

 

Normenkette

RVO § 548 Abs. 1 S. 1, § 1150 Abs. 2; SGB VII § 215 Abs. 1; SGG § 118; ZPO § 141

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 27. März 2009 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Anerkennung eines Ereignisses vom 21. Februar 1986 als Arbeitsunfall.

Die 1968 geborene Klägerin absolvierte vom 01. September 1984 bis zum 31. Oktober 1986 eine Ausbildung zum Maschinist für Transportmittel und Hebezeuge beim VEB Bkombinat “H M„ Ekombinat O in E. Laut Bescheid der Betriebsgewerkschaftsleitung des FDGB vom 25. März 1986 erlitt die Klägerin am 21. Februar 1986 einen Unfall, als sie “den Auftrag hatte, einen flachen Hang auf Ski herabzufahren„. Da ihr “die Fahrt zu schnell war, wurde sie unsicher und stürzte in den Schnee„. Dabei erlitt sie einen Innenbandriss am linken Knie (partielle LCA-Ruptur linkes Knie). Das Ereignis wurde mit genanntem Bescheid als Unfall in Ausübung einer gesellschaftlichen Tätigkeit anerkannt. Aus einer in der Personalakte befindlichen Kopie eines Schreibens der Sicherheitsinspektion ergibt sich folgendes:

“22/III/86

Sicherheitsinspektion

GT 2.4.86 gez. Ho

Stempel: Sicherheitsinspektion 19. März 1986

Estadt

M-E-Platz

Stempel: VEB Bkombinat

          - H M -

          Ekombinat Ost

          - Betriebsschule -

          Estadt

Betriebsschule, Tel.: 2890

Celadna CSSR Wintersportgelände

Sch, K 1968

Estadt, Kring

Lehrling MaTH84b2

Skilauftraining (außerschulische Tätigkeit)

Keine

21.2.1986 10.45 Uhr

Trainingsbeginn: 9.00 Uhr

3.3.1986

Die Lehrlinge hatten den Auftrag, einen flachen Hang auf Skiern herabzufahren. Da die Jugendfreundin die Fahrt als zu schnell empfand, wurde sie unsicher und stürzte in den Schnee. Am gleichen Skitraining waren 35 Lehrlinge und 5 Pädagogen beteiligt, die in zwei Gruppen von 2 erfahrenen Skilehrern angeleitet wurden.

Innenbandriss am linken Knie

Mangelhafte Erfahrung im Skilauf

Keine

Auswertung in der Delegation

22.2.1986

K, W, Lehrmeister, VEB EKO, Ehst., Str. d. Jugend

M, P, Delegationsleiter

21.2.1986

gez. Dr. Dr. D

Dr. occ. Dr.-Ing. D

Generaldirektor

gez. P M W. K

4.3.1986

gez. S. S„

Mit Schreiben vom 07. November 2005 (bei der Beklagten eingegangen am 08. November 2005) wandte sich die Klägerin an die Beklagte und bat um Übernahme der Kosten für eine Kniebandage unter Hinweis auf den 1986 anerkannten Betriebsunfall und Beifügung des Bescheides vom 25. März 1986. Sie legte außerdem ihren Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung (SVA) sowie eine Abschrift des Schreibens der Sicherheitsinspektion vor und gab zum Unfallgeschehen an, sie könne aufgrund des langen Zeitablaufs keine vollständigen Angaben mehr machen. Sie sei zum Unfallzeitpunkt Lehrling im 2. Ausbildungsjahr gewesen. Der Unfall habe sich auf einer Auszeichnungsreise nach O für die Lehrlinge mit den besten Ausbildungsergebnissen ereignet, als sie sich auf dem Weg von der Skipiste zur Unterkunft befunden habe. Sie sei damals zunächst im Krankenhaus von O behandelt worden.

Mit Bescheid vom 13. Juni 2006 lehnte die Beklagte einen Entschädigungsanspruch ab. Ein Arbeitsunfall liege nicht vor. Die Beklagte sei gemäß § 215 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) i. V. m. §§ 1150 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) in der Fassung des Rentenüberleitungsgesetzes (RÜG) an Entscheidungen der Betriebsgewerkschaftsleitung oder Sozialversicherung der DDR für nach dem 31. Dezember 1993 gestellte Anträge nicht gebunden und habe ein eigenständiges Prüfungsrecht auszuüben. Auszeichnungs- oder Incentive-Reisen seien Belohnungsreisen für Mitarbeiter oder Kunden sowie andere Entscheidungsbeeinflusser. Merkmal einer solchen Reise sei der außergewöhnliche und freizeitorientierte Charakter der Reise, welcher sie von einer echten Geschäftsreise unterscheide. Dies bedeute, es würden Reisepunkte eingebaut, die man als Alleinreisender oder Pauschalreisender nicht oder nur zu hohen Kosten erleben bzw. besichtigen könne. Incentive-Reisen seien eine andere Art der Motivation zur Steigerung des Arbeitseinsatzes, d...

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