Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Gewährung einer Verletztenrente. Erfüllung eines Stützrententatbestandes. Zusammentreffen eines anerkannten Arbeitsunfalles mit einem Dienstunfall als Beamter. Unfallfürsorge
Orientierungssatz
1. § 56 Abs 1 S 2 und 3 SGB 7 bzw. § 580 RVO beziehen ihrem klaren Wortlaut im Sinne des speziellen gesetzlichen Sprachgebrauchs nach nur von SGB VII bzw. RVO erfasste Versicherungsfälle als Stützrententatbestände mit ein. Nach Eintritt von Arbeitsunfällen sind Versicherte im Sinne des SGB VII bzw. RVO durch Geldleistungen zu entschädigen, § 1 Nr 2 SGB 7.
2. Beamte, für die gemäß §§ 30, 35 BeamtVG an die Stelle der gesetzlichen Unfallversicherung grundsätzlich die Unfallfürsorge tritt und welche mithin nach § 4 Abs 1 Nr 1 SGB 7 versicherungsfrei sind, werden gemäß § 61 SGB 7 bzw. § 576 RVO in den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung nur in dem Maße mit einbezogen, wie sie stünden, wenn sie einen Dienstunfall erlitten hätten. Außerhalb des Versicherungsschutzes des SGB VII liegende Dienstunfälle sind daher nur als Stützrententatbestand mit einzubeziehen.
3. Es bestehen keine Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit von §§ 56, 61 SGB 7 bzw. §§ 576, 580 RVO.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 09. April 2010 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Verletztenrente.
Der Kläger wurde 1972 unter Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeiten zum Verwaltungsoberinspektor ernannt. Er erlitt am 28. Dezember 1988 als Kurpatient während einer stationären Heilbehandlung einen von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfall, bei welchem er sich eine Schulterverletzung zuzog. Die Beklagte lehnte damals die Gewährung einer Verletztenrente mit der Begründung ab, dass eine rentenberechtigende Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) nicht erreicht werde. Der hiergegen gerichtete Widerspruch des Klägers und das anschließende Klageverfahren vor dem Sozialgericht Berlin (S 69 U 31/91) sowie vor dem Landessozialgericht Berlin (L 3 U 58/93) blieben ohne Erfolg.
Am 14. Mai 1990 erlitt der Kläger einen von der Deutschen Rentenversicherung Bund anerkannten Dienstunfall, wegen dessen Folgen der Kläger bislang erfolglos in der Verwaltungsstreitsache VG 7 A 267.06 (Verwaltungsgericht Berlin) um die Gewährung eines Unfallausgleichs streitet.
Der Kläger beantragte bei der Beklagten mit Schreiben vom 09. Februar 1995, ihm nun unter Berücksichtigung des Dienstunfalls vom 14. Mai 1990 eine Rente nach dem Arbeitsunfall vom 28. Dezember 1988 zu gewähren. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 18. Dezember 1996 Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Auf den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers vom 10. Januar 1997 trat die Beklagte in medizinische Ermittlungen ein (insbesondere fachchirurgisches Gutachten des Chirurgen Dr. H vom 17. September 1998 und HNO-ärztliches Zusatzgutachten des Arztes für HNO-Heilkunde Priv.-Doz. Dr. A vom 19. Februar 1999), welche hinsichtlich der Folgen nach dem Unfall vom 28. Dezember 1988 eine MdE von 20 v.H. und hinsichtlich der Folgen nach dem Unfall vom 14. Mai 1990 eine MdE von 10 v.H. ergaben.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 02. Mai 2007 unter Hinweis auf das Fehlen einer Mindest-MdE aus dem Unfall vom 28. Dezember 1988 zurück. Ein durch die Folgen nach dem Unfall am 14. Mai 1990 vermittelter Stütztatbestand liege nicht vor, weil die darauf zurückgeführten Gesundheitsschäden vom Dienstherrn des Klägers nicht als Unfallfolge anerkannt worden seien.
Der Kläger hat sein Begehren mit der am 31. Mai 2007 zum Sozialgericht Berlin erhobenen Klage weiterverfolgt. Er ist der Meinung gewesen, dass das sozialgerichtliche Verfahren im Hinblick auf die noch nicht bestandskräftige Entscheidung über den Unfallausgleich hätte ausgesetzt werden müssen. Das Sozialgericht hat die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Berlin zum Aktenzeichen VG 7 A 267.06 beigezogen und das Verfahren zunächst bis zur Entscheidung des verwaltungsgerichtlichen Rechtsstreits ausgesetzt.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 16. September 2009 die Gewährung einer Verletztenrente ab. Sie führte zur Begründung aus, dass die Folgen des Arbeitsunfalls vom 28. Dezember 1988 mit einer unfallbedingten MdE von 20 v.H. und diejenigen des Dienstunfalls vom 14. Mai 1990 mit einer unfallbedingten MdE von 10 v.H. zu werten seien. Zwar sei nun ab dem Tag des Dienstunfalls die Mindest-MdE von 25 v.H. gegeben. Jedoch werde die Verletztenrente nicht ausgezahlt, weil sie die entsprechenden Dienst- und Versorgungsbezüge des Klägers nicht übersteige.
Der Kläger hat im Hinblick auf die im Bescheid vom 16. September 2009 angegebenen MdE-Werte ein Teilanerkenntnis erklärt. Nachdem das Sozialgericht die Beteiligten unter dem 11. März 2010 zum beabsichtigten Erlass eines Gerichtsbescheids angeh...