Orientierungssatz
Parallelentscheidung zu dem Urteil des LSG Berlin-Potsdam vom 13.12.2017 - L 9 KR 163/15, das vollständig dokumentiert ist.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 31. Mai 2016 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) aufgrund seiner Tätigkeit im Betrieb seiner Ehefrau, der Beigeladenen zu 2).
Der vorliegende Rechtsstreit ist Teil eines umfangreichen Verfahrenskomplexes, in dem die klagende Deutschen Rentenversicherung Bund Bescheide dreier Krankenkassen (u.a. der hiesigen Beklagten) mit der Begründung angefochten hat, diese hätten in mindestens insgesamt 301 Fällen (davon die hiesige Beklagte in mindestens 195 Fällen) unter Missachtung einschlägiger Vorschriften und Rechtsprechung Mitglieder von der Sozialversicherungspflicht befreit. Allen in diesem Zusammenhang geführten Rechtsstreiten zwischen der Klägerin und der Beklagten liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:
Ausgangspunkt in 160 Fällen ist die Ende 2008 gegründete, in Stuttgart ansässige a AG, die über eine Erlaubnis als Versicherungsvermittler nach § 34d Abs. 1 Gewerbeordnung verfügt - ausweislich des Rechtsdienstleistungsregisters (www.rechtsdienstleistungsregister.de) aber nicht über eine Befugnis nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) - und zu deren Unternehmensgegenstand ausweislich des Handelsregisters unter anderem die “Beratung von Privat- und Geschäftskunden im Bereich Versicherung, die Tätigkeit als Versicherungsmakler„ zählt. Diese AG bzw. ihre Vorstände T W, A R und W K hatten seit spätestens 2006 - damals noch für die ähnlich ausgerichtete und ebenfalls von ihnen geleitete f AG - ein Geschäftsmodell entwickelt, mit dem sie über vertraglich verbundene Versicherungsvermittler/-vertreter um kleine Familienunternehmen warben mit dem Ziel, für mit dem Firmeninhaber nahe verwandte Mitarbeiter zunächst eine “Befreiung„ von der Sozialversicherungspflicht zu erreichen und sie anschließend für den Abschluss privater Versicherungsverträge zu gewinnen. Bei der umfangreichen und gezielten Suche nach “geeigneten„ Krankenkassen stießen sie unter anderem auf die Beklagte und nahmen Kontakt mit verantwortlichen Krankenkassenmitarbeitern auf, im Falle der Beklagten mit dem Zeugen W, der bei der Beklagten seit ca. 2005 allein für versicherungsrechtliche Beurteilungen zuständig ist. Im Einzelnen gestaltete sich das von der a AG gesteuerte Verfahren wie folgt:
Nachdem die a AG bzw. ihre Mitarbeiter Kunden für ihr Geschäftsmodell gewonnen hatten, kündigten die bisher versicherungspflichtig beschäftigten Angehörigen die Mitgliedschaft bei ihrer bisherigen Krankenkasse. Sodann beantragte die a AG für diese Angehörigen - unter Vorlage je einer Vollmacht für sie und ihren Aufsichtsratsvorsitzenden, Rechtsanwalt F - die Aufnahme als Mitglied bei der Beklagten. Zugleich baten sie in einem gesonderten, stets an den Zeugen W gerichteten Schreiben um eine - zeitlich in keiner Weise eingeschränkte - versicherungsrechtliche Beurteilung. In allen diesen, stets von der a Mitarbeiterin H unterzeichneten Anschreiben heißt es, dass der Angehörige nicht sozialversicherungspflichtig sei, weil er “absolut nicht weisungsgebunden„ sei, die umfangreiche Tätigkeit “völlig frei„ bestimme, für seinen Aufgabenbereich seit vielen Jahren eigenständig verantwortlich sei; der Angehörige sei “absolut gleichwertiger Partner im Betrieb und [setze] sich ganz und gar für das Wohl des Unternehmens ein„.
Beigefügt war der von Angehörigen und Firmeninhaber unterzeichnete Vordruck “Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen im Rahmen eines Anfrageverfahrens gemäß § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV„. Mit Ausnahme weniger individueller Daten, wie Name, Verwandtschaftsverhältnis, erlernter Beruf und regelmäßiges monatliches Arbeitsentgelt, enthalten sämtliche über die a AG eingereichte Feststellungsbögen weitestgehend identische, stets von der Mitarbeiterin H vorgenommene Eintragungen. So findet sich z.B. als Ort der Tätigkeit stets die Eintragung “Betrieb, Kunde, Lieferant„, bei der Frage nach einer Fortzahlung des Arbeitsentgelts bei Arbeitsunfähigkeit der handschriftliche Zusatz “wird von Fall zu Fall entschieden„ und bei der Frage, ob das Arbeitsentgelt dem tariflichen bzw. ortsüblichen Lohn/Gehalt entspreche, der handschriftliche Zusatz “Zum Wohl des Unternehmens wird auf ein hohes Gehalt verzichtet„. Zu sämtlichen Feststellungsbögen existiert eine beigefügte Anlage, mit näheren Angaben zu einzelnen Fragen. Folgende Passagen finden sich in sämtlichen Anlagen:
“2.4. Tätigkeit
[Namen des Angehörigen]übt die Tätigkeit tatsächlich aus, ist aber nicht wie eine fremde...