Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufskrankheit. BK 4301 bei allergischem Asthma bronchiale nach Exposition mit Latexantigen. Verwendung von gepuderten latexhaltigen Operationshandschuhen. Unterlassungszwang
Orientierungssatz
1. Folgende Tatbestandsmerkmale müssen zur Erfüllung eine Listen-BK grundsätzlich erfüllt sein: Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale “versicherte Tätigkeit„, “Verrichtung„, “Einwirkungen„ und “Krankheit„ müssen im Sinne des Vollbeweises, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit, vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 - B 2 U 20/04 R.
2. Latexantigen, welches in latexhaltigen Operationshandschuhen enthalten ist, kommt als allergischer Stoff als Ursache berufsbedingter obstruktiver Atemwegserkrankungen in Betracht. Jedoch sind differentialdiagnostisch obstruktive Atemwegserkrankungen infolge außerberuflicher Ursachen ebenfalls zu berücksichtigen.
3. Die Entschädigungspflicht tritt bei einer BK mit Unterlassungszwang nicht schon mit dem Auftreten der beruflich verursachten Erkrankung, sondern erst dann ein, wenn alle Tatbestandsmerkmale der BK, also auch die Aufgabe der belastenden Tätigkeit, erfüllt sind. Das Merkmal des Zwangs zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten setzt regelmäßig voraus, dass die Tätigkeit, die zu der Erkrankung geführt hat, aus arbeitsmedizinischen Gründen nicht mehr ausgeübt werden soll und dass der Versicherte die schädigende Tätigkeit und solche Tätigkeiten, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich sein können, tatsächlich aufgegeben hat und unterlässt bzw. nicht (wieder) aufnimmt, vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 - B 2 U 20/04 R.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 04. Dezember 2008 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Anerkennung ihrer Atemwegserkrankung als Berufskrankheit Nr. 4301 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV; durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen ≪einschließlich Rhinopathie≫, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können - BK 4301).
Die 1944 geborene Klägerin arbeitete von 1964 bis Ende 2002 als medizinisch-technische Assistentin (MTA) am C-Klinikum (CTK). Am 02. Mai 2002 beantragte sie unter Hinweis auf bei ihr bestehende Allergien an den Händen, ständigen Reizhusten und häufige Bronchitis bei der Beklagten die Anerkennung einer BK. 1994 und 1997 seien Hauttestungen mit der Feststellung allergischer Reaktionen auf Latex vorgenommen worden, weshalb sie latexfreie Handschuhe erhalten habe, woraufhin die Hauterscheinungen zurückgegangen seien und der ständige Reizhusten und häufige Bronchitis geblieben seien. Im Jahr 2000 sei ein allergisches Asthma bronchiale diagnostiziert worden, unter welchem sie trotz Behandlung mit einem Junik Autohaler sehr leide.
Die Beklagte ließ im Rahmen eigener Ermittlungen die Klägerin einen von ihr zur Verfügung gestellten Fragebogen ausfüllen und holte Befundberichte bei den die Klägerin behandelnden Ärzten ein. Der Facharzt für Lungenkrankheiten Dr. G gab unter dem 13. Juni 2002 an, die Klägerin erstmals unter der Diagnose allergisches Asthma bronchiale am 22. Dezember 2000 behandelt zu haben. Die Klägerin sei seit Januar 2002 wegen eines neurologischen Leidens arbeitsunfähig. Die Fachärztin für Dermatologie/ Venerologie Dr. T legte der Beklagten mit ihrem Befundbericht vom 24. Juni 2002 einen undatierten Allergie-Testbogen vor (Reaktion auf Thiuram-Mix und Fingerhandschuhe, keine Reaktion u.a. auf gepuderte Fingerhandschuhe und solche des Typs Regent Biogel), wonach bei der erstmaligen Vorstellung der Klägerin am 02. Februar 1994 ein Ekzem an beiden Handrücken und Fingerspitzen mit einer Streuung ins Gesicht festgestellt worden sei, ferner im März 1995 ein Rezidiv mit einem leicht synamösen Ekzem im Gesicht und am 07. Juni 1996 ein Rezidiv mit einem Ekzem an Händen und im Gesicht. Unter Einsatz einer leicht kortisonhaltigen Salbe sei es jeweils zu einer prompten Abeilung gekommen.
Die Fachärztin für Hautkrankheiten/ Allergologie Dr. V, seinerzeit beim CTK beschäftigt, berichtete der Beklagten unter dem 04. August 2002 unter Vorlage von Allergie-Testbögen vom 25. August 1997, dass bei der Klägerin eine kombinierte Typ-IV- und Typ-I-Allergie (allergisches Kontakte...