Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen für den Eintritt der Berufungsrücknahmefiktion nach §§ 102 Abs 2 S 1, 193 Abs 1 SGG. Klagerücknahmefiktion. Terminaufhebung. Vertagung
Orientierungssatz
1. Die Voraussetzungen für den Eintritt der Fiktion einer Rücknahme der Berufung gemäß § 102 Abs. 2 Satz 1 SGG i. V. m. § 153 Abs. 1 SGG durch Nichtbetreiben des Berufungsverfahrens für drei Monate trotz Aufforderung des Gerichts liegen nicht vor, wenn begründete Zweifel am Fortbestand des Rechtsschutzinteresses des Klägers bestehen. Für solche Zweifel genügt der Hinweis des Klägers auf das erstinstanzliche Vorbringen, da im sozialgerichtlichen Verfahren eine Pflicht zur Begründung der Berufung nicht besteht.
2. Das Landessozialgericht ist zur Vertagung der Berufungsverhandlung nach § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO i. V. m. § 202 SGG nur verpflichtet, wenn einem Prozessbeteiligten trotz zumutbarer Eigenanstrengungen die Möglichkeit zur ausreichenden Äußerung verweigert oder abgeschnitten würde. Wegen des auch im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Gebotes der Konzentration und Beschleunigung fehlt es an zumutbaren Eigenanstrengungen, wenn der Kläger und sein Rechtsanwalt nach dem vom früheren Berichterstatter des Senats angenommenen Eintritt einer Fiktion der Berufungsrücknahme in der mündlichen Verhandlung über die Berufung geltend machen, sie seien davon ausgegangen, es werde nur über die Wirksamkeit der Rücknahmefiktion und nicht in der Sache verhandelt.
3. Wird im Verlauf eines gerichtlichen Klageverfahrens ein Vorschussbescheid nach § 42 Abs. 1 Satz 1 SGB 1, dem eine Rentenberechnung beigefügt war, durch einen endgültigen Bescheid ersetzt, der in vollem Umfang den Zeitraum erfasst, der bereits vorläufig geregelt war, so wird dieser gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens.
4. Weitere rentenrechtliche Zeiten (hier nach §§ 286b Satz 1 und 307c Abs. 2 Satz 1 SGB 6) können nur berücksichtigt werden, wenn konkrete Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht sind.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 11. Juli 2007 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Zahlung einer höheren Regelaltersrente.
Dem 1937 geborenen Kläger, der sein Erwerbsleben weit überwiegend in der DDR verbracht und der einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem zu keiner Zeit angehört hatte, gewährte die Landesversicherungsanstalt Berlin mit Bescheid von Dezember1993 seit dem 1. Juli 1991 eine Rente und eine Zusatzrente wegen Invalidität, die zum 1. Januar 1992 mit Bescheid vom 23. Februar 1994 in eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) umgewertet worden war. Seine auf die Zahlung einer höheren Invaliden- bzw. Erwerbsunfähigkeitsrente gerichtete Klage wies das Landessozialgericht Berlin rechtskräftig mit Beschluss vom 20. Juni 2001 - L 8 RJ 13/00 - ab. Die vom Kläger erhobene Nichtzulassungsbeschwerde hatte keinen Erfolg (BSG, Beschluss vom 25. April 2003 - B 5 RJ 196/01 B -).
Die Beklagte erkannte mit Bescheid vom 2. April 2004 einen Anspruch des Klägers auf Regelaltersrente dem Grunde nach ab dem 1. November 2002 an und gewährte ihm vorläufig Rentenvorschüsse. Sie wies zugleich darauf hin, dass die endgültige Höhe der Rentenleistung erst mit dem abschließenden Rentenbescheid festgelegt werde und die Rentenvorschüsse gegen die später endgültig festzusetzende Rente aufgerechnet werden würden. Sollte sich dabei eine zu hohe Vorschusszahlung herausstellen, sei der Kläger verpflichtet, die überzahlten Beträge unter Beachtung der Vorschriften des § 42 des Ersten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB I) zurückzuzahlen. Bei der Berechnung der Vorschüsse seien im Einzelnen bezeichnete Zeiten nicht berücksichtigt worden, da sie weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden seien. Sobald die Ermittlungen insofern abgeschlossen seien, würde der Kläger einen endgültigen Bescheid erhalten. Dem Bescheid war eine mit “Rentenbescheid„ überschriebene Rentenberechnung vom 24. März 2004 beigefügt.
Den am 13. April 2004 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juli 2004 mit der Begründung zurück, sie habe zwar feststellen können, dass und ab wann ein Rentenanspruch gegeben sei, es habe aber offen bleiben müssen, in welcher Höhe der Anspruch bestehe, da die dahingehenden Ermittlungen noch nicht abgeschlossen seien. In pflichtgemäßer Ausübung des Ermessens habe sie die Rente daher nach dem bisherigen Stand der Sachaufklärung vorläufig berechnet und den ermittelten Betrag als Vorschuss festgesetzt. Eine höhere Vorschusszahlung sei derzeit nicht möglich.
Der Kläger hat am 17. August 2004 Klage beim Sozialgericht Berlin erhoben, zu deren Begründung er vorgetragen hat, die Regelaltersrente sei unter Berücksichtigung weiterer Beitragszeiten zu leisten. Im Übrigen seien seine Ansprüche auf Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung bzw. aus der Sozialversicherung der DDR u...