Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenversicherung: Gewährung eines Gründungszuschusses. Zulässigkeit der Berücksichtigung der Vermittlungsaussichten in der Ermessensentscheidung über die Bewilligung eines Gründungszuschusses
Orientierungssatz
Die Berücksichtigung von Vermittlungsaussichten am allgemeinen Arbeitsmarkt im Rahmen einer Ermessensentscheidung über die Gewährung eines Gründungszuschusses für einen Arbeitslosen stellt keinen Ermessensfehler dar, sodass bei einer positiven Prognose über die erfolgreiche Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt während des Arbeitslosengeldbezugs ein Antrag auf Gewährung von Gründungszuschuss im Rahmen der Ermessensausübung abgelehnt werden kann.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Potsdam vom 8. September 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist der Anspruch des Klägers auf Gewährung eines Gründungszuschusses (GZ) für eine selbständige Tätigkeit im Bereich der Glas- und Gebäudereinigung.
Der 1963 geborene Kläger absolvierte vom 1. September 1979 bis 15. Juli 1981 eine Ausbildung zum Dachdecker und vom 1. September 1984 bis 30. Juni 1985 eine Ausbildung zum Gebäudereiniger. Er war seit 1996 mit kurzzeitiger Unterbrechung durch Arbeitslosigkeit bei der Gebäudereinigung W als Gebäudereiniger beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde durch Aufhebungsvertrag am 24. Juli 2012 zum 31. Juli 2012 beendet. Er meldete sich daraufhin bei der Beklagten am 25. Juli 2012 mW zum 1. August 2012 arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg).
Anlässlich der persönlichen Vorsprache bei der Beklagten am 25. Juli 2012 teilte der Kläger ausweislich des von der Beklagten erstellten Vermerks die beabsichtigte Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit innerhalb von zwei Wochen nach Eintritt seiner Arbeitslosigkeit mit. Er plane mit seinem ebenfalls entlassenen Kollegen eine gemeinsame Selbständigkeit als Gebäudereiniger möglichst bereits ab 2. August 2012, aufgrund der Kurzfristigkeit des Aufhebungsvertrages seien jedoch noch keine konkreten Vorbereitungen getroffen worden. Er werde die Selbständigkeit jedoch in jedem Fall auch ohne eine Förderung aufnehmen, ggf würde er bei formalen Problemen die zum 2. August 2012 geplante Selbständigkeit für ca. zwei Wochen nach hinten verschieben. Am selben Tag beantragte er bei der Beklagten telefonisch die Bewilligung eines GZ. Dabei gab er an, sein Gewerbe zum 2. August 2012 anmelden zu wollen.
Durch Veränderungsmitteilung vom 3. August 2012 (Freitag) teilte der Kläger der Beklagten die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit als Glas- und Gebäudereiniger mit. Mit Bescheid vom 21. September 2012 bewilligte die Beklagte dem Kläger Alg vom 1. August 2012 bis zum 2. August 2012 (Anspruchsdauer 360 Tage).
Durch Bescheid vom 30. Oktober 2012 - bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 7. Dezember 2012 - lehnte die Beklagte den GZ-Antrag des Klägers ab. Zwar lägen die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Bewilligung des GZ vor, dieser könne jedoch gleichwohl nicht gewährt werden, weil eine nachhaltige Vermittlung des Klägers in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung genauso erfolgversprechend wäre wie die Förderung seiner selbständigen Tätigkeit durch einen GZ. Die Vermittlung des Klägers in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung sei in Ausübung des der Beklagten zustehenden Ermessens und unter Berücksichtigung des Vermittlungsvorrangs iSv § 4 Abs. 2 Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III) und unter Abwägung der Interessen der Versichertengemeinschaft mit denjenigen des Klägers vorrangig.
Hiergegen hat der Kläger vor dem Sozialgericht Potsdam (SG) Klage erhoben. Die Beklagte habe ermessensfehlerhaft gehandelt. Es gehe zudem zu ihren Lasten, dass nicht geklärt werden könne, ob es zum maßgebenden Zeitpunkt im August 2012 offene Stellen für Gebäudereiniger gegeben habe. Die Beklagte hat eine Arbeitsmarktstatistik der Agenturen für Arbeit Potsdam bzw Berlin für den Monat August 2012 sowie Verbis-Ausdrucke vom 2. März 2012 bezüglich offener Stellen für Gebäudereiniger zu den Gerichtsakten gereicht.
Durch Gerichtsbescheid vom 8. September 2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf GZ, die Beklagte habe insbesondere ihr Ermessen pflichtgemäß ausgeübt. Eine Ermessensreduktion auf Null liege nicht vor. Die Beklagte habe sich gegenüber dem Kläger weder durch eine mündliche Zusage noch durch eine Eingliederungsvereinbarung gebunden. Auch sei die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit durch den Kläger nicht alternativlos gewesen, dies sei den von der Beklagten für März 2012 vorgelegten Verbis-Ausdrucken zu entnehmen, denen sich auch für August 2012 Rückschlüsse entnehmen ließen. Zudem sei der Kläger bei Antragstellung bereits entschlossen gewesen, in jedem Falle eine selbständige Tätigkeit aufzunehmen. Es habe auch kein Er...